Nach Red Bulls Flügelkniff: Was macht McLaren jetzt mit dem Set-up?
Red Bull nutzte beim Sprint in Spa einen cleveren Flügeltrick, doch für das Rennen sind die Vorzeichen aufgrund von Strategie und Wetter wieder komplett anders
(Motorsport-Total.com) - Hat Red Bull herausgefunden, wie man McLaren in Spa-Francorchamps schlagen kann? Beim Sprintrennen in Belgien hatten die beiden Papaya-Autos keine Chance gegen den viermaligen Weltmeister, der die Flügeleinstellungen an seinem RB21 perfekt ausnutzte und so zum Sieg fuhr.
Locker flockig schnappte sich Verstappen Polesetter Oscar Piastri am Start auf der langen Kemmel-Geraden und konnte dann von diesem nicht mehr überholt werden, da sein Flügel deutlich flacher war und der Red Bull den überlegenen Topspeed hatte.
Zwar konnte Piastri mit mehr Flügel im kurvenreichen Mittelsektor ranfahren, dort kann man allerdings nicht überholen. Auf den Geraden war der Red Bull dann einfach zu schnell, sodass Piastri auch mit Windschatten und DRS nichts ausrichten konnte - selbst wenn Verstappen nicht ideal aus Kurve 1 herausbeschleunigte.
"Wir haben bewusst auf weniger Downforce gesetzt und die Überlegung war, wenn wir nach Eau Rouge hinter Piastri sind, dass wir mit dem Topspeed-Überschuss überholen können und dann eigentlich vorne bleiben", bestätigt Red Bulls Motorsportkonsulent Helmut Marko bei Sky.
Warum sich im Rennen alles ändern kann
Hat Red Bull McLaren in Spa also geknackt? Noch nicht. Zwar hat Verstappen am Samstag den Sprint gewonnen, doch die Vorzeichen sind für das Rennen andere. Denn alle Teams können vor dem Qualifying noch einmal an ihren Autos arbeiten und das Set-up ändern. McLaren könnte also einfach kopieren, was Red Bull gemacht hat.
"Ich will das Sprint-Rennen von heute definitiv nicht wiederholen, also schauen wir mal, was wir tun können", sagt Piastri nach seinem zweiten Platz.
Nur: Mit dieser Taktik konnte Red Bull zwar in Sprint siegen, das Rennen wäre unter gleichen Voraussetzungen aber eine andere Sache. "Ich erwarte, dass es für Max Verstappen deutlich schwieriger werden wird, die McLaren zu schlagen", sagt Ex-Weltmeister Nico Rosberg. "Wenn sie anfangen können, Boxenstopps zu machen und ihre Strategie splitten, dann wird es sehr, sehr schwierig."
Denn dann wäre McLaren nicht darauf angewiesen, Verstappen mit gleichen Reifen auf der Strecke zu überholen, sondern könnte mit einem Undercut versuchen, seine stärkere Grundpace zu nutzen, oder mit einem späteren Boxenstopp ein größeres Reifendelta erzeugen.
Reifenverschleiß mit größerem Einfluss
Weil Reifenverschleiß dann auch eine größere Rolle spielt, sollte es von Natur aus Änderungen an den Flügeln geben. Spa ist nicht gerade dafür bekannt, besonders reifenzehrend zu sein, doch die erwartete Gratwanderung zwischen einem Ein- und Zwei-Stopp-Rennen auf dem belgischen Kurs könnte dem Reifenmanagement eine wichtige Rolle zuschreiben.
Dafür kann ein kleines bisschen zusätzlicher Abtrieb am Heck helfen, die Auswirkungen von Rutschen zu mindern - was den Reifenverschleiß zusätzlich verschärfen würde. Allerdings darf es nicht zu viel Abtrieb sein, um auf den Geraden nicht zum leichten Opfer zu werden.
Die Teams verfügen sowohl über Driver-in-the-Loop-Simulatoren als auch über virtuelle Rennsimulationsprogramme, mit denen sie an den Abtriebseinstellungen feilen und das beste Kompromissniveau herausfinden können.
Sollte das Rennen trocken bleiben, schauen sich die Simulationsingenieure den erwarteten Reifenabbau über einen Stint an und analysieren, wie sich das gewählte Flügelniveau auf die Rundenzeit über die Distanz auswirkt - das liefert dann die Grundlage für das Feintuning nach dem Sprint.
Regen könnte für Spannung sorgen
Am Ende dürften diese Überlegungen aber ohnehin Makulatur sein, denn: Das Wetter verspricht am Sonntag Regen, sodass die Teams generell auf mehr Abtrieb setzen dürften, sodass auch Red Bull gezwungen sein wird, von der flachen Flügeleinstellung wegzugehen.
"Derzeit heißt es 80 Prozent Regenchance und das wissen wir von Silverstone, mit einem flachen Flügel im Regen gewinnt man nichts", betont Marko. "Also ich schätze, wir werden das Set-up auf mehr Downforce ändern, auch wenn wir in der Startaufstellung dann vielleicht nicht ganz vorne sind."
"Wenn es wirklich nass ist, brauchst du entsprechenden Grip. Und dann kannst du auch überholen", sagt er.
Das wären aber nicht unbedingt schlechte Nachrichten für Red Bull, meint Nico Rosberg. Denn: "Max Verstappen ist der absolute Meister im Regen", der dann den Unterschied machen könnte. "Wir können also auf einen fantastischen Grand Prix morgen hoffen."