• 07. Juli 2025 · 13:27 Uhr

Alonso am Boxenfunk: "Verrückt, wie ihr es mit mir nie auf die Reihe bekommt"

Fernando Alonso fällt in Silverstone durch eine Taktikpanne von Platz 6 auf 10 zurück - und spart nicht mit Kritik am Team und an der Strategieabteilung ...

(Motorsport-Total.com) - Fernando Alonso war sauer. Ziemlich sauer. Als zunächst Sechster im Rennen in Silverstone, solide vor Carlos Sainz, fand er sich während der ersten Safety-Car-Phase plötzlich nur noch auf Platz 10 wieder. "All die Leute, gegen die wir Plätze verloren haben, haben die jetzt schlechtere Reifen? Oder haben wir einfach aus Spaß Plätze verloren?", funkte er seinem Renningenieur Andrew Vizard.

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Zu Beginn des Rennens war die Welt für Fernando Alonso noch in Ordnung ... Zoom Download

Was er zu hören bekam, waren keine guten Nachrichten: Esteban Ocon auf P7 hatte noch nicht gestoppt und war der einzige Fahrer mit "signifikant älteren Reifen". Lance Stroll und Nico Hülkenberg waren durchgerutscht, weil sie früher auf frische Intermediates gewechselt hatten. Hülkenberg sei, "glaube ich, eine Runde früher als du reingekommen", funkte Vizard. Eine Notlüge. In Wahrheit waren es drei Runden.

Auch George Russell war durch den früheren Stopp an Alonso vorbeigekommen, und so blieb die in der Anfangsphase starke Leistung des 43-jährigen Spaniers zunächst unbelohnt. "Verrückt, wie ihr es mit mir nie auf die Reihe bekommt", grummelte er.

Besonders ärgerlich: Teamkollege Stroll war eine Runde früher reingekommen, und der fuhr plötzlich auf Platz 4 rum. Eine Ausgangsposition, die später, als Max Verstappen sich drehte, zur echten Chance auf Platz 3 werden sollte. Man könnte argumentieren, dass sich der alte Fuchs Alonso von Hülkenberg wahrscheinlich nicht so einfach überrumpeln hätte lassen wie Stroll.

Alonso: Warum hat niemand auf Strolls Zeiten reagiert?

In solchen Situationen, seufzt Alonso, sei "seine Seite der Garage", also die seines Teamkollegen, der zufällig der Sohn des Chefs ist, "üblicherweise akkurater unterwegs. Sie haben das gut gemacht. Lance war schon zweimal drin, noch bevor ich meinen ersten Stopp gemacht hatte. Und auf einmal war er Dritter."

"Das ist, was ich manchmal nicht verstehe: Da haben wir ein anderes Auto, das uns Infos geben könnte, und wenn der Dritter ist, dann kapiere ich nicht, warum wir die Infos von der anderen Seite der Garage nicht nutzen. Das ist ein hausgemachtes Problem."

Stroll hatte die VSC-Phase am Ende der sechsten Runde genutzt, um von Intermediates auf Softs zu wechseln. Im zweiten Sektor der siebten Runde war er direkt um 4,2 Sekunden schneller als Alonso, auf gerade mal 40 Fahrsekunden. Von der sechsten bis zur zehnten Runde fuhr Stroll 18 Sekunden Rückstand auf Alonso komplett zu. Bis es wieder zu regnen begann. Da wäre genug Zeit gewesen, auch mit Alonso zu reagieren.

Aston Martin holte jetzt wieder den Kanadier zuerst rein, und so lag Stroll plötzlich auf Platz 4, und Alonso war nur noch Zehnter. Kein Wunder, dass der Spanier nicht happy war - auch wenn er seinem Kommandostand zugesteht: "Der erste Stopp war schwierig zu lesen. Das verstehe ich. [...] Wir lagen auf P6, und da zockt man nicht. Aber wir kamen hinter Esteban, Lance, Nico wieder raus. Die haben alle eine bessere Entscheidung getroffen."

Alonso: "Wer das sagt, redet Bullshit"

Alonso stellt klar, dass er die Verantwortung dafür nicht bei sich, sondern nur beim Team sieht: "Wer auch immer sagt, dass ein Fahrer die Bedingungen lesen kann und so Rennen gewinnt, redet Bullshit. Das ist alles rein datengetrieben." Und: "Ich habe die Erfahrung, aber ich habe nicht die Daten. Radar, Reifentemperatur, Graining, Rundenzeiten der Gegner: Das habe ich ja alles nicht im Cockpit. Wenn sie mir sagen, ich soll an die Box fahren, fahre ich an die Box. Ich kann nur sagen, wie die Bedingungen sind. Mehr nicht."


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Es sollte nicht die einzige Taktik-Fehlentscheidung in Alonsos Rennen bleiben. Er lag an achter Stelle, sechs Sekunden hinter Stroll (5.) und zwei Sekunden vor Verstappen, als die Strecke nach und nach immer trockener wurde. Also setzte der Aston-Kommandostand auf Risiko - und holte ihn vor allen anderen zum Wechsel auf Slicks rein.

Ein Fiasko. Alonso war im zweiten Sektor seiner ersten Runde auf Trockenreifen um 3,2 Sekunden langsamer als Stroll. Als auch Verstappen seinen Reifenwechsel erledigt hatte, lag der Red Bull nicht mehr zwei Sekunden hinter Alonso, sondern 17 Sekunden vor ihm. "Das Team dachte, dass der Inter Oberflächentemperatur verliert, also haben sie mich reingeholt. Das hat nochmal 25 Sekunden gekostet. Frustrierend", ärgert er sich.

"Der erste Stopp war zwei oder drei Runden zu spät, der zweite war zwei oder drei Runden zu früh. Das macht dann unterm Strich den Unterschied zwischen Nico, der vom 19. Startplatz aufs Podium fährt, zu Platz 9 vom siebten Startplatz. Das zeigt, dass wir irgendwas falsch gemacht haben müssen", analysiert Alonso - gibt sich aber gleichzeitig versöhnlich: "In Österreich hat uns die Strategie Punkte gebracht, die eigentlich nicht drin waren. Und hier hat sie uns Punkte gekostet."

Teamchef versteht Ärger am Boxenfunk

Der Kernvorwurf, warum sich Aston Martin mit Alonso nicht einfach an der Stroll-Taktik orientiert hat, erscheint jetzt, im Nachhinein betrachtet, schwer zu entkräften. Aber Teamchef Andy Cowell verteidigt seine Crew: "Als wir uns am Morgen Gedanken über die Strategie gemacht haben, war Fernando auf P7 und Lance auf P18. Das sind zwei völlig unterschiedliche Ausgangslagen. Dementsprechend kann dann auch die Herangehensweise anders sein."

"Jetzt, nach dem Rennen, sind wir alle schlauer. Im Montagmorgen-Coaching kann man in aller Ruhe schauen, was das ideale Rennen gewesen wäre. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, mit Fernando genau das zu machen, was Lance gemacht hat", sagt Cowell und erklärt die Situation des frühen zweiten Boxenstopps so: "Alle haben drüber nachgedacht, an die Box zu kommen. Das konnten wir am Boxenfunk mithören. Mit Fernando waren wir, im Nachhinein betrachtet, zu früh dran."


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Dass Alonso das gestunken hat, kann Cowell nachvollziehen: "Alle von uns, die schon lange in dieser wettkampforientierten Welt unterwegs sind, wissen, dass man im Cockpit oft nicht das Gesamtbild sieht. Und es ist immer frustrierend, wenn sich eine Serie von Boxenstopps abspielt und man dadurch Plätze verliert. Dann will man wissen, warum. Wir haben solche Funksprüche schon von jedem einzelnen Fahrer gehört. Sie wirken persönlich, aber das sind sie nicht."

Immerhin: Updates scheinen etwas zu bringen

Immerhin verbucht Alonso auf der Habenseite, dass Aston Martin mit den jüngsten Updates seiner Meinung nach "einen Schritt nach vorne" gemacht hat: "Das Auto fühlte sich etwas besser an. [...] Es war ein kleines Upgrade-Paket, aber eins, das sehr willkommen ist. Wenn es so eng zugeht, dass fünf, sechs Autos innerhalb einer Zehntelsekunde liegen, dann bringt schon ein halbes Zehntel was."

Und, noch viel wichtiger: "Es zeigt, dass das Team pusht und nicht aufgibt. Wir sind nicht zufrieden damit, im Mittelfeld rumzufahren. Wir wollen bis zum Saisonende noch so nahe wie möglich an die Topteams heranrücken." Da ist der Weg aber noch weit. Denn nach zwölf von 24 Grands Prix liegt Aston Martin in der Konstrukteurs-WM nur auf Platz 8.

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