Liam Lawson: Ist in Österreich endlich der Knoten geplatzt?
Liam Lawson holte mit Rang sechs das beste Formel-1-Ergebnis seiner Karriere und endlich ein wichtiges Erfolgserlebnis - Einstoppstrategie geht auf
(Motorsport-Total.com) - War das der Durchbruch, den Liam Lawson gebraucht hat? Nach einer bislang äußerst schwierigen Saison, die vor allem von seinem Rauswurf bei Red Bull und dem Wiederaufbau bei den Racing Bulls geprägt war, konnte der Neuseeländer in Spielberg komplett überzeugen und feierte mit Rang sechs sein bestes Formel-1-Ergebnis.
"Es ist einfach richtig, richtig cool. Ich bin ehrlich gesagt etwas überwältigt", sagt er nach dem Rennen. Für Lawson war das Erfolgserlebnis wichtig, denn Platz sechs war nach dem achten Rang in Monaco erst sein zweites Top-10-Ergebnis in dieser Saison - und überhaupt das erste Mal in dieser Saison, dass er vor seinem Teamkollegen ins Ziel kam.
"Es ist schön, endlich mal ein Ergebnis zu haben", sagt er. "Wir alle arbeiten ja sehr viel auch mental daran, im richtigen Mindset zu sein. Und natürlich wusste ich das ganze Jahr über: Ich habe noch kein richtiges Resultat geholt. Jetzt habe ich eins - das tut gut. Aber gleichzeitig ist es eben nur ein Wochenende. Wir müssen das jetzt konstant bringen."
Lawson wusste schon im Qualifying mit Rang sechs zu überzeugen, wo er Bester der Red-Bull-Fahrer werden konnte - vor Max Verstappen. Beinahe wäre ihm das aber zum Verhängnis geworden, denn in Runde 1 wäre er beinahe Opfer des Verbremsers von Andrea Kimi Antonelli geworden.
"Ich weiß nicht mal, wie ich das überstanden habe. Als ich Kimi auf mich zukommen sah, dachte ich: Okay, das war's", sagt er. "Aber irgendwie sind wir da rausgekommen."
Dauerduell mit Fernando Alonso
Danach konnte Lawson sein Rennen fahren und eine gute Pace gehen. Der Racing-Bulls-Pilot war dabei einer von nur zwei Fahrern, die mit nur einem Boxenstopp über die Runden kamen. "Das war der Schlüssel", sagt er. "Bei den heutigen Temperaturen war ich mir da nicht sicher, aber das Team wusste es besser."
Der andere Fahrer war Fernando Alonso, der Lawson dabei die ganze Zeit im Nacken hing: "Ich glaube, er war heute 71 Runden lang im DRS-Fenster hinter mir", meint der Youngster, der sich aber vor dem Routinier behaupten konnte.
"Man darf sich keinen Fehler erlauben. Ich dachte eigentlich, er wäre schneller - aber ich habe gerade mit ihm gesprochen, und er dachte, ich sei schneller", schildert er. "Er hat mich quasi genutzt, um selbst im DRS zu bleiben. Wir hatten das Auto genau da stark, wo es wichtig war - vor allem in den schnellen Passagen vor den DRS-Zonen."
"Und dann geht es nur noch darum, keine Fehler zu machen, die Reifen nicht rutschen zu lassen - bei solchen Bedingungen wie heute zählt jedes Detail."
Gegen Ende musste Alonso aber abreißen lassen, doch das beruhigte Lawson nicht, weil hinter Alonso Gabriel Bortoleto auf deutlich frischeren Reifen angerast kam. "Ich konnte Fernando gerade so hinter mir halten, aber wenn dann noch einer mit neuen Reifen kommt ... Das war nicht ohne", sagt er.
Doch Alonso konnte seinen Kumpel hinter sich halten, sodass Lawson ungefährdet als Sechster ins Ziel kam. Die letzte Runde war für ihn dabei besonders entspannt, weil Alonso noch von Rennsieger Lando Norris überrundet wurde, sodass von hinten keine Gefahr mehr drohte.
Reifen hielten trotz hoher Temperaturen durch
Und obwohl er am Ende auf knapp 40 Runden alten Hards fuhr, seien die Reifen gar nicht so schlecht gewesen, was ihn verwundert. "Dieses Jahr ist das mit den Reifen generell komisch - mal bekommt man sie gut in den Griff, mal nicht", meint Lawson.
"Eigentlich dachten wir, es würde ganz klar ein Zwei-Stopp-Rennen werden - das dachte wohl jeder. Nach den Daten am Freitag und bei den heutigen Temperaturen war ich ehrlich gesagt ziemlich besorgt wegen des Einstopps. Aber das Team wusste es besser - keine Ahnung wie -, und ich bin verdammt froh darüber."
Denn so konnte Lawson das dringend benötigte gute Ergebnis holen und in einem "sehr harten Jahr" ein Erfolgserlebnis feiern. "Es war emotional extrem fordernd, und es war sehr schwer, mal ein Ergebnis nach Hause zu bringen. Dass das heute geklappt hat, ist mega", freut er sich.
"Ich finde, die Pace war in den letzten Rennen echt gut. Im Training fühlte es sich super an, aber in der Quali hat's dann oft nicht funktioniert. Dass es gestern geklappt hat, war toll - aber ich wusste natürlich: heute zählt's. Jetzt müssen wir einfach versuchen, dieses Momentum mitzunehmen."
Nachfolger Tsunoda mit Horrorrennen
Was man bei Lawsons Geschichte in diesem Jahr aber auch immer im Auge haben muss, ist das Schicksal des Fahrers im anderen Red-Bull-Cockpit. Yuki Tsunoda erlebte auf dem Red-Bull-Ring das nächste Horrorwochenende und wurde nur Letzter. Das rückt nämlich auch Lawsons Leistungen im Nachhinein betrachtet in ein anderes Licht.
Nimmt das schlechte Tsunoda-Ergebnis etwas Druck von ihm, weil er denkt, dass es vielleicht doch mehr am Auto als am Fahrer liegt? "Vielleicht, ja", lautet seine Antwort. "Gleichzeitig hatte ich damals nur zwei Rennen."
"Ich bin ehrlich - ich habe da überhaupt keinen Zugang zum Auto gefunden", kann er die Schwierigkeiten nachvollziehen. "Es waren auf jeden Fall zwei extrem harte Wochenenden. Aber gerade jetzt bin ich voll darauf fokussiert, aus solchen Wochenenden wie diesem etwas zu machen."
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Ist er daher vielleicht froh, jetzt im Racing Bulls zu sitzen und nicht im Red Bull? Lawson überlegt: "Es ist wirklich schwer, diese Frage zu beantworten. Ich habe meine ganze Karriere darauf hingearbeitet, bei Red Bull Racing zu fahren - wie wir alle", sagt er.
"Der Saisonstart war natürlich hart. Aber jetzt fühle ich mich in diesem Auto wohl - und besonders an diesem Wochenende haben wir extrem viel gearbeitet, auch außerhalb der Garage. Ich bin super stolz auf die Leute im Team - sie haben richtig viel getan, damit ich mich wohlfühle. Und es hat sich zuletzt gut angefühlt."
Doch er mahnt auch: "Klar, das war ein tolles Ergebnis, aber es war erst das zweite Punkterennen der Saison. Das reicht noch nicht. Wir müssen auf diesem Level weitermachen."
Keine Punkte für Isack Hadjar
Für seinen Teamkollegen Isack Hadjar lief in Spielberg hingegen nicht viel zusammen. Nach dem enttäuschenden 13. Platz im Qualifying blieb der Franzose auch am Sonntag als Zwölfter glücklos. Er hatte während der frühen Safety-Car-Phase bereits seinen ersten Boxenstopp eingelegt und die Softs für Mediums getauscht.
"Das hat ganz gut funktioniert", meint der Franzose. "Wir waren sehr nah an Liam dran, der ja mit einem Stopp gefahren ist", sagt er. "Kurz vor Schluss waren wir in den Punkten - bis wir uns dann einen Schaden am Unterboden eingefangen haben. Das war's dann leider."
Trotzdem kann der Rookie auch Positives aus dem Wochenende mitnehmen: "Punktetechnisch war es natürlich echt schlecht. Aber was wir von Freitag auf Samstag geschafft haben, war stark", sagt er. "Am Freitag waren wir auf eine Runde nicht gut, auch die Rennpace war nicht toll. Aber wir haben das Ruder rumgerissen."
"Heute hatte ich wirklich das Gefühl, sehr schnell zu sein. Liam ist Sechster geworden - das zeigt, dass das Team einen tollen Job gemacht hat. Schade nur, dass wir nicht beide in die Punkte gekommen sind."