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Mit einer Woche Verspätung ist es vollbracht: Mercedes entscheidet beim Grand Prix von Japan die Formel-1-WM 2016, gewinnt den Konstrukteurs- und auch den Fahrertitel. Offen ist nur noch, ob Nico Rosberg (33 Punkte Vorsprung) oder Lewis Hamilton Champion wird. Jetzt durch die Highlights des Rennens in Suzuka klicken!
Ferrari ist im Qualifying (Rosberg holt Pole, 0,013 Sekunden vor Hamilton) dank einiger Updates gut unterwegs, fährt auf die Positionen drei (Kimi Räikkönen) und vier (Sebastian Vettel). Aber Vettel wird wegen der Startkollision in Malaysia auf P6 versetzt, Räikkönen wegen eines Getriebewechsels erst am Sonntagmorgen auf P8.
Der Start entscheidet: Rosberg kommt perfekt weg, führt vor Max Verstappen (Red Bull) und Sergio Perez (Force India), die allesamt auf der trockenen Seite losgefahren sind. Hamilton (8.) und Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo (4.) müssen auf der noch leicht feuchten Seite (vom nächtlichen Regen) Federn lassen. Hamilton funkt: "Sorry, guys!"
Force-India-Pilot Nico Hülkenberg schiebt sich von P9 auf P6 - auch, weil Romain Grosjean (Haas) gleich zweimal geistesgegenwärtig reagiert und eine Kollision verhindert. Der Haas-Zauber aus dem Qualifying (beide Autos in den Top 10) ist damit aber auch schon verflogen.
Perez kann sich nicht lange auf Podiumskurs halten: Bereits in der dritten Runde, gleich auf den ersten Metern nach der Freigabe von DRS, geht Vettel mühelos an ihm vorbei.
Drei Runden später greift sich Räikkönen etwas weiter hinten den zweiten Force India von Hülkenberg. Bei der Jagd auf Ricciardo schlittert er dann kurzzeitig in die Botanik, verliert knapp eine Sekunde. "Dass er das Auto überhaupt unter Kontrolle bekommen hat, ist stark", kommentiert TV-Experte Marc Surer.
In der siebten Runde wird Hülkenberg auch von Hamilton überholt, der sich in der Anfangsphase schwer tut, sich rasch nach vorne zu kämpfen. In der 130R macht der Weltmeister noch einen Rückzieher, bei Start und Ziel drückt er dann einfach DRS. Rückstand auf Spitzenreiter Rosberg: 16,3 Sekunden.
Für den läuft's wie am Schnürchen: Bis Verstappen in der zehnten Runde von Soft auf Hard wechselt (Doppelstopp bei Red Bull), baut Rosberg 5,9 Sekunden Vorsprung auf. Verstappen dreht zwei schnelle Runden, bis auch der Leader wechselt, und kommt bis auf 2,0 Sekunden heran. Aber Rosberg kann das Tempo erhöhen, wann immer er möchte.
Bei Malaysia-Sieger Ricciardo läuft diesmal einiges schief. Zuerst steckt er nach dem Stopp hinter dem Ericsson-Sauber fest, was zwei Sekunden kostet. Dann rutscht er in der Spoon-Kurve von der Strecke und lässt noch einmal drei Sekunden liegen. Und auch der zweite Boxenstopp klappt nicht ganz. Am Ende wird er Sechster.
Im Mittelstint dreht Hamilton groß auf, überholt der Reihe nach Ricciardo und die Williams-Fahrer Felipe Massa und Valtteri Bottas. Räikkönen hat er bereits an der Box hinter sich gelassen. In der 16. Runde hat Hamilton, inzwischen Vierter, 14,2 Sekunden Rückstand auf den vor ihm liegenden Vettel. Und nur um eine Runde frischere Reifen.
Es geht um Platz 19, als Gutierrez beinahe einen Toro Rosso abräumt. Die beiden Teams spielen bei der Vergabe der Punkteränge diesmal keine Rolle. Das machen hinter Mercedes, Red Bull und Ferrari nämlich Force India und Williams (Bottas und Massa mit Einstoppstrategie) untereinander aus.
Einmal kommt es dabei zum Rad-an-Rad-Kampf, als Hülkenberg in Runde 20 an Bottas vorbeigeht. "See you later!", funkt er trotzig - nachdem er das gleiche Manöver schon im Umlauf davor probiert hat. Bottas fällt später hinter Massa zurück, weil seine Boxencrew patzt. In der Konstrukteurs-WM hat Williams zehn Punkte Rückstand auf P4.
Immer noch besser dran als Fernando Alonso: Beim Honda-Heimrennen setzt er ein Jahr nach "GP2-Engine" den nächsten markigen Funkspruch, als er auf die Anweisung, er möge Tempo machen, antwortet: "I wish!" Alonso wird mit Rundenrückstand 16.; Teamkollege Jenson Button, bei seinem wohl letzten Japan-Grand-Prix, 18.
Eines der Highlights: Im Kampf um Platz zehn setzt sich Carlos Sainz (Toro Rosso) gegen Massa zunächst extrem hart zur Wehr. Dass es in Kurve 1 nicht kracht, ist der Besonnenheit des Williams-Routiniers zu verdanken. Der geht wenig später trotzdem vorbei und wird am Ende Neunter. Sainz muss sich mit P17 begnügen.
Das Duell um P3: Zwischen Runde 28 und Runde 33 verkürzt Hamilton seinen Rückstand auf Vettel von 9,1 auf 3,7 Sekunden. Vettel tobt am Boxenfunk über das "lächerliche" Verhalten einiger Nachzügler bei blauen Flaggen. Am lautesten beschimpft er Pascal Wehrlein (Manor). Dabei ist der mit dem 22. und letzten Platz genug gestraft.
Als Rosberg und Verstappen an die Box kommen, übernimmt Vettel kurzzeitig die Führung. Hamilton wechselt in Runde 33 von Hard auf Hard, Vettel in Runde 34 von Hard auf Soft. Er kommt 1,8 Sekunden hinter dem Mercedes wieder auf die Strecke - und kann seinen anfänglichen Reifenvorteil nicht zum Überholen nutzen.
In Runde 34 hat Hamilton 14,8 Sekunden Rückstand auf Verstappen, elf Runden später ist er im DRS-Fenster. Seine Reifen sind um vier Runden frischer. Aber Verstappen verteidigt sich clever. Die einzige Attacke Hamiltons, in der vorletzten Runde in der Schikane, endet im Notausgang. Den Protest gegen Verstappen zieht Mercedes zurück.
Im Force-India-Duell hat wieder einmal Perez das bessere Ende für sich und wird Siebter, 1,7 Sekunden vor Hülkenberg. Der hat nach Zahlen 2016 klar das Nachsehen: 54:80 nach Punkten, 8:9 nach Qualifyings. Und nur noch vier Rennen zu fahren.
Rosberg juckt das alles nicht: Er gewinnt den erst siebten Grand Prix der Formel-1-Geschichte, bei dem alle gestarteten Autos ins Ziel kommen, souverän mit 5,0 Sekunden Vorsprung auf Verstappen. Noch nie zuvor ist ein Fahrer mit neun Saisonsiegen nicht Weltmeister geworden. Jetzt reichen schon zweite Plätze zum Titelgewinn.
Und Mercedes darf endlich die Weltmeister-T-Shirts auspacken, die man schon für Malaysia gedruckt hat. Nach Hause geht's "im Dreier": Hamilton, Niki Lauda und Toto Wolff teilen sich einen Privatjet. "Sagt's nicht meiner Frau, die würde das nicht so gern hören", entschuldigt Wolff seine Wortwahl. Und Rosberg? Der fliegt lieber Linie...
(Motorsport-Total.com) - Der Fahrer des Tages beim Großen Preis von Japan in Suzuka war Max Verstappen - so sahen es zumindest die Fans bei der Abstimmung auf der offiziellen Internetseite der Formel 1. Der Red-Bull-Pilot sorgte nicht nur durch seinen starken zweiten Platz, sondern wieder einmal durch beinhartes Zweikampfverhalten für Furore. In der Schlussphase des Rennens verteidigte sich Verstappen vehement gegen den von hinten heranstürmenden Lewis Hamilton (Mercedes). Und das mit Erfolg.
Dabei war Verstappen einmal mehr in der Wahl seiner Mittel nicht zimperlich. In der vorletzten Runde warf er Hamilton in letzter Sekunde vor dem Anbremsen der Schikane die Türe zu. Der Mercedes-Pilot wich nach links in den Notausgang aus und hatte danach keine Chance mehr, einen weiteren Angriff auf Verstappen zu lancieren.
"Ich habe die Türe zu gemacht, aber er war noch weit genug entfernt um das zu sehen", erklärt Versteppen und beteuert, dass er Hamilton keinesfalls von der Bahn drängen wollte. "Ich weiß, dass er um die WM kämpft, da macht man keine verrückten Sachen. Er ist gut aus Kurve 14 heraus gekommen. Ich habe den Überhol-Knopf gedrückt, um ein paar PS mehr freizusetzen und habe mich in der Schikane gut verteidigt. Das war kein Problem."
Erinnerungen an Ungarn und Belgien
Den Zusatzboost seines Renault-Antriebs sparte sich Verstappen bei der Abweher der Angriffe Hamiltons immer geschickt für die Gegengerade auf. "Ich bin jedes Mal so gut aus der Schikane gekommen, dass es dort nicht notwendig war. So konnte ich es mir für die andere Gerade aufsparen, wo ich es wirklich gebraucht habe."
Das Manöver des Niederländers erinnerte an ähnliche Aktionen in Ungarn und Belgien, wo sich Verstappen aggressiv gegen Kimi Räikkönen zur Wehr gesetzt hatte. "Max Verstappen hat sich schon öfter in diese Situationen gebracht, und er nutzt das aus", erinnert Experte Timo Glock bei 'RTL'. "Wenn er keine Strafe bekommt, hat er wieder alles richtig gemacht. Er muss seinen zweiten Platz verteidigen und muss keinen vorbei winken."
Während Verstappen damals teilweise heftig kritisiert wurde, blieb heute ein Aufschrei aus. Selbst Hamilton, der als Erster Grund gehabt hätte, sich über das Manöver zu beschweren, meinte nach einem für ihn enttäuschenden Rennwochenende lediglich niedergeschlagen: "Das ist jetzt auch egal. Es ist passiert, ich muss nach vorne schauen."
Mercedes legt Protest gegen Verstappen ein
Mercedes-Sportchef Toto Wolff stimmte sogar ein Loblied auf den jungen Niederländer an. "Im Grunde meines Herzens bin ich Rennfahrer und liebe hartes Racing. Er ist erfrischend und verteidigt sich sehr hart", sagt er über Verstappen. "Aus meiner Sicht ist hartes Racing okay." Niki Lauda teilt zwar einerseits die Meinung seines Landsmanns und findet: "Das Manöver ist für mich normal." Gleichzeitig merkt er aber an: "Er hat beim Bremsen die Seite gewechselt. Den Vorfall sollten sich die Stewards ansehen. Sie müssen sich darüber ihre Meinung bilden, ich sage dazu nichts."
Und das müssen die Sportkommissare tatsächlich. Denn obwohl Mercedes öffentlich beteuert, dass sie die Aktion hart aber fair finden, legte das Team nach dem Rennen Protest gegen Verstappen ein. Mercedes wirft dem Red-Bull-Piloten einen Verstoß gegen Artikel 27.5 des Sportlichen Reglements der Formel 1 vor, der unberechenbare oder für andere gefährliche Fahrweise unter Strafe stellt.
Die Erfolgsaussichten dieses Protests sind jedoch eher gering einzuschätzen, nachdem ähnliche Aktionen von Verstappen in der Vergangenheit nicht geahndet worden waren. Allerdings wird der Protest zur Hängepartie. Da Mercedes ihn erst eingelegt hatte, nachdem Hamilton die Rennstrecke verlassen hatte, konnte dieser nicht mehr von den Sportkommissaren gehört werden. Nach Beratungen mit Vertretern beider Teams wurde daher entschieden, den Fall an die Rennleitung des Grand Prix der USA in Austin zu verweisen. Bis diese in der übernächsten Woche darüber entscheiden, bleibt das Ergebnis inoffiziell.
Entscheidung erst in Austin
Die Haltung der Sportkommissare in Suzuka zum Manöver des Niederländers zeichnete sich jedoch klar durch folgenden Vorgang ab: Nach dem Rennen wurde Verstappen zwar von der Rennleitung zum Gespräch gebeten, allerdings wurde vor dem Protest von Mercedes keine formelle Untersuchung gegen ihn eingelegt. In Austin entscheiden jedoch andere Sportkommissare über den Fall.
So oder so wird jedoch erwartet, dass Rennleiter Charlie Whiting bis zum nächsten Rennen in Austin noch einmal klar stellt, welches Verhalten im Zweikampf erlaub ist und welches nicht. Das wäre auch im Sinne von Mercedes-Sportchef Wolff. "Das Regelbuch sagt, dass man in der Bremszone nicht herüber ziehen darf, aber er hat bisher keine Strafe bekommen. Wir müssen wissen, was erlaubt ist und was nicht."
Für Verstappens Teamchef Christian Horner liegt die Sache hingegen klar auf der Hand. "Aus meiner Sicht war es hart, aber fair, ich habe da kein Problem gesehen. Er hat nur einmal die Spur gewechselt und ist auch vor der Bremszone herüber gezogen", sagt der Brite und bemerkt: "Lewis war auch etwas zu schnell." Bei dem Geschwindigkeitsüberschuss, mit dem der Mercedes-Pilot in den Notausgang auswich, scheint es in der Tat fraglich, ob er die Schikane auf der Innenbahn noch erwischt hätte. Daher steht für Horner fest: "Es war gutes Racing zwischen den beiden, und auch Lewis schien nach dem Rennen kein Problem damit zu haben."