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B-Teams in der Formel 1: So zoffen sich Zak Brown und Peter Bayer!
B-Teams in der Formel 1: Wie Dietrich Mateschitz und Max Mosley beim Snowboarden damit angefangen haben und warum das heute ein Streitthema ist
(Motorsport-Total.com) - Dass in der Formel 1 gestritten wird, ist nichts Neues. Neu ist allerdings, dass diesmal nicht eins der Topteams ins Visier eines Konkurrenten geraten ist, sondern der Drittletzte der Konstrukteurs-WM 2023, die Racing Bulls (vormals AlphaTauri). Die Attacke gegen die "Jungbullen" wird geritten von McLaren-CEO Zak Brown, und das Thema, um das es geht, ist die enge Vernetzung zwischen den beiden Formel-1-Teams von Red Bull.
© Motorsport Images
McLaren-CEO Zak Brown möchte, dass jedes Team sein eigenes Auto baut Zoom Download
Brown hatte in der Vergangenheit mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass es seiner Auffassung entspricht, dass Formel-1-Teams eigenständige Organisationen sein sollen und eigenständige Konstrukteure, die ihre Autos weitestgehend selbst bauen. Und dass nicht ein Eigentümer, im konkreten Fall die Red Bull Gmbh, zwei Teams kontrollieren sollte.
Daraufhin gab Racing-Bulls-CEO Peter Bayer kürzlich ein Interview, in dem er "gewissen Leuten" (mutmaßlich auch Brown gemeint) "Paranoia" unterstellte. Auf die konkrete Frage von Sky am Mittwoch in Silverstone, ob er denn wirklich paranoid sei, antwortet Brown jetzt: "Nein." Und unterstreicht: "Ich spreche im Interesse des Sports!"
Er erklärt seinen Standpunkt: "In keiner anderen Sportart ist es erlaubt, zwei Teams zu besitzen. Ich würde sogar noch weiter gehen und sagen: Es gibt heute Beziehungen zwischen A- und B-Teams. Als diese Beziehungen vor 15 Jahren angefangen haben, war das so, weil der Abstand zwischen den Topteams und den Teams weiter hinten riesig war."
Wie beim Snowboarden alles angefangen hat ...
Die Geschichte der modernen A- und B-Teams in der Formel 1 beginnt beim gemeinsamen Snowboarden von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz und FIA-Präsident Max Mosley irgendwann im Jahr 2005. Mosley war damals wenig begeistert von Paul Stoddart, einem (trinkfesten) australischen Airliner, der das italienische Minardi-Team in Faenza gekauft hatte.
Also passte ihm nur zu gut ins Konzept, dass sich Mateschitz für die Idee erwärmen konnte, neben Jaguar noch ein zweites Team zu kaufen, aus dem dann, ab 2006, zunächst Toro Rosso (später dann AlphaTauri und jetzt Racing Bulls) werden sollte.
Doch Mateschitz wollte nicht zwei Teams komplett ausfinanzieren, und so stellte man ihm in Aussicht, weitreichende Synergien nutzen zu können, um - sinngemäß formuliert - zwei Formel-1-Teams mit eineinhalb Formel-1-Budgets betreiben zu können, und das im besten Fall auch noch einigermaßen erfolgreich.
Aber bei einigen bestehenden Formel-1-Teams regte sich Widerstand, und insbesondere Frank Williams, ein gestandener Formel-1-Konstrukteur der alten Schule, hatte kein Interesse daran, im schlimmsten Fall mit einem sündhaft teuren Eigenbau gegen billige Kundenautos zu verlieren.
Formel-1-Geschichte: Das Concorde-Agreement von 1998
An dem Punkt müssen wir kurz ausholen: 1998 wurden mit dem neuen Concorde-Agreement erstmals sogenannte "listed Parts" im Formel-1-Reglement definiert. "Listed Parts" sind, vereinfacht formuliert, Bauteile an einem Formel-1-Auto, für die jedes Team selbst das geistige Eigentum besitzen muss und die auch nicht an andere Teams verkauft werden dürfen. Oder, anders ausgedrückt: Was kein "listed Part" war, konnte man ab 1998 auch von anderen Teams zukaufen.
Es dauerte bis zum 2010er-Concorde, ehe Red Bull & Co. die Tür aufgemacht wurde, immer mehr Technik extern anzukaufen statt sie selbst zu entwickeln. Eine Tür, durch die ironischerweise auch McLaren durchging: McLaren verkaufte nicht nur die komplette Heckpartie an Force India (heute Aston Martin), sondern installierte dort mit Simon Roberts auch noch einen COO.
Günther Steiner kam dann irgendwann auf die Idee, dass man das Reglement in Sachen technischer Partnerschaften noch weiter ausreizen könnte, und verkaufte diese an Gene Haas. Ergebnis: Als Haas 2016 in die Formel 1 einstieg, wurde das Auto als "kleiner Ferrari" bezeichnet, mit einem hohen Anteil an Technologie, weit über die Powerunit hinaus, aus Maranello.
Warum Brown seine Meinung geändert hat
Brown, der noch nicht bei McLaren war, als das Force-India-Kundenmodell dort gelebt wurde, hat damit jetzt ein Problem. Seiner Meinung nach war es richtig, die Zügel bei sogenannten A- und B-Teams zu lockern, als viele der kleineren Teams noch um ihr finanzielles Überleben in der Formel 1 kämpfen mussten.
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Aber: "Jetzt haben wir diese tolle Budgetgrenze, und alle Teams operieren nahe dieser Grenze. Es ist ein gleiches Spielfeld für alle", sagt er und ärgert sich: "Ich sitze ja in den ganzen Meetings der Formel-1-Kommission, und ich kann sagen, dass die beiden Teams (Red Bull und Racing Bulls; Anm. d. Red.) immer gleich abstimmen, obwohl ihre Interessen in der Theorie unterschiedlich sein sollten."
Es gibt beim Thema B-Teams zwei Ebenen, die man voneinander trennen muss. Das eine sind die "listed Parts": Wie viel Technik kann ich mir woanders einfach zukaufen, statt sie selbst zu entwickeln? Das andere sind sportpolitische Implikationen. Es ist naheliegend, dass ein B-Team in diversen Gremien immer so abstimmen wird, wie das A-Team das möchte.
Und auch da gibt's nochmal eine Subebene: Auch Powerunit-Kunden wie zum Beispiel Williams (Mercedes) oder Sauber (Ferrari) stimmen oft mit ihren Lieferanten. Doch bei Red Bull Racing und Racing Bulls gibt es nicht nur eine Zusammenarbeit auf technischer Ebene, sondern die beiden Teams werden auch noch vom gleichen Eigentümer kontrolliert. Das wäre etwa in der Fußball-Bundesliga undenkbar.
B-Teams durch Budgetgrenze obsolet?
Brown unterstreicht: "Wir sehen auf der Strecke manchmal Zusammenarbeit. Und was die Technik betrifft, machen sie gar keinen Hehl draus, dass sie die Radaufhängungen und so weiter untereinander austauschen. Die Definition eines Konstrukteurs ist aber ein Team, das sein eigenes geistiges Eigentum entwickelt."
"Ich denke, der Sport hat sich weiterentwickelt und bietet jetzt für alle ausgewogene Chancen. Ich finde, es steht nicht für ausgewogene Chancen, A- und B-Teams zu haben und Eigentümer, die gleich zwei Teams besitzen. Das ist nicht, was die Fans wollen", sagt er und fordert: "Die FIA muss wirklich was dagegen unternehmen."
Doch das ist gar nicht so einfach. Mit Williams, den Racing Bulls und Haas gibt es mindestens drei Teams, die am "Tropf" ihrer großen Brüder hängen. Sie würden einer Regeländerung für 2025 in der Formel-1-Kommission niemals zustimmen - schließlich würde sich auch kein Truthahn freiwillig zur Teilnahme an einem Weihnachtsessen melden.
Für 2026 wäre theoretisch ein Fenster offen, die Möglichkeiten der B-Teams, bei A-Teams einzukaufen, zu limitieren. Denn für 2026 muss ohnehin eine komplett neue "Verfassung" der Formel 1 ausgearbeitet werden (Stichwort Concorde-Agreement). Dabei ist ein Kompromiss, mit dem sowohl Zak Brown als auch Peter Bayer leben können, schon eher denkbar.