Zak Brown: "Gab keinen Spielraum für Fehler"
Der McLaren-CEO über den Druck im Titelkampf, strittige Szenen im Rennen und die starke Entwicklung von Lando Norris
(Motorsport-Total.com) - Die Erleichterung war Zak Brown deutlich anzumerken. Nach einem der intensivsten Rennen der Saison sprach der McLaren-CEO über ein Finale, das ihm und seinem Team alles abverlangte. "Das war eine großartige Saison", sagte Brown im Interview.
Der Respekt vor dem Konkurrenten kam dabei nicht zu kurz. "Hut ab vor Max und Red Bull, die uns so hart gefordert haben", würdigte der Amerikaner die Leistung des Titelverteidigers.
Die Ausgangslage vor dem Rennen war eindeutig: Lando Norris durfte nicht schlechter als Dritter werden. "Es gab keinen Spielraum, keinen Fehler durfte man sich leisten", erklärte Brown die prekäre Situation.
Die rote Gefahr
Der Start entwickelte sich optimal für McLaren. Oscar Piastri überholte seinen Teamkollegen sauber und machte sich auf die Jagd nach Max Verstappen. "Oscar ist perfekt gefahren", lobte Brown den Australier.
Doch hinter Norris lauerte Charles Leclerc im Ferrari, ständig im DRS-Fenster. "Das war kein angenehmer Ort, denn hier kann man überholen", beschrieb Brown die Gefahr. Norris managte die Situation souverän, doch eine Szene gegen Yuki Tsunoda sorgte für Diskussionen.
Browns Einschätzung fiel selbstkritisch aus: "Landos Manöver beim Überholen von Yuki war ein bisschen über der Linie, wortwörtlich." Auf Nachfrage wurde er deutlicher: "Ja, es war etwas viel, aber es stand viel auf dem Spiel."
Angst vor Safety-Cars
Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko hatte die Aktion bereits kritisiert. Brown verteidigte seinen Fahrer nicht vehement, sondern ordnete die Szene im Kontext des Titelkampfes ein.
Die Anspannung an der Kommandostand sei enorm gewesen, berichtete er. "Man sorgt sich um Safety-Cars, die hier ja 2021 passiert sind." Die Erinnerung an das chaotische Finale vor vier Jahren sei allgegenwärtig gewesen.
Selbst mit komfortablem Vorsprung in den letzten Runden blieb Brown angespannt. "Im Fernsehen sieht es vielleicht so aus wie: Hey, fünf Runden vor Schluss, die haben das im Griff. Aber du machst dir einfach über alles Sorgen."
Norris beeindruckt mit mentaler Stärke
Der McLaren-Boss verwies auf bittere Erfahrungen aus anderen Rennserien. "Ob in Le Mans in der letzten Runde oder in Indy in der letzten Kurve - es ist nicht vorbei, bis es vorbei ist." Besonders ausführlich äußerte sich Brown zur Entwicklung von Lando Norris. Das Talent des Briten sei unbestritten, doch die mentale Reifung in dieser Saison habe den Unterschied gemacht.
"Die Art, wie er gereift ist, sogar in der zweiten Hälfte dieses Jahres - er hat sich wie ein Champion verhalten", analysierte Brown. Die Phase als WM-Führender habe Norris gestärkt: "Es hat ihm geholfen zu wissen: Ich kann das."
Zwei Pferde im Stall
Der anschließende Rollenwechsel vom Gejagten zum Jäger sei möglicherweise sogar förderlich gewesen. "Das hat ihm wirklich Selbstvertrauen gegeben", so Brown. Die historische Dimension des Erfolgs ist Brown bewusst. Nach dem Duell mit Ferrari im Vorjahr nun Red Bull und Max Verstappen zu schlagen, bezeichnete er als "echte Leistung".
Gleichzeitig betonte er die Bedeutung von Oscar Piastri für die Zukunft: "Es ist klar, dass der ebenfalls Weltmeister werden kann."
Die Feierlichkeiten fielen pragmatisch aus. "Heute Abend: feiern, packen, nach Hause fliegen", kündigte Brown an. Der Triumph soll gemeinsam mit allen Beteiligten in Woking gewürdigt werden.

