Alpine-Chaos: Flavio Briatore ist Boss, und was macht Steve Nielsen eigentlich?
Flavia Briatore als Leader, Steve Nielsen als Managing Director - aber weiterhin kein Teamchef bei Alpine? Wie die Aufgabenverteilung beim Team aus Enstone aussieht
(Motorsport-Total.com) - In keinem anderen Formel-1-Team ist die Struktur so undurchsichtig wie bei Alpine: Seit dem Weggang von Oliver Oakes im Mai dieses Jahres operiert der Rennstall praktisch ohne Führung, wobei Urgestein Flavio Briatore zwar das Zepter übernommen hat, jedoch nicht als offizieller Teamchef auftritt.

© circuitpics.de
Steve Nielsen vertritt Alpine nach außen, aber Briatore bleibt der "Leader" Zoom Download
Seit Anfang September mischt auch noch Steve Nielsen in der Führungsriege mit: Der 61-Jährige hat seither die Rolle des Managing Directors inne, womit das organisatorische Chaos zumindest nach außen hin endgültig perfekt ist. Innerhalb des Unternehmens herrscht allerdings Klarheit.
"Flavio ist der Leader", stellt Nielsen klar, wer bei Alpine weiterhin das Sagen hat: "Ich leite Enstone und alles, was dazugehört, und so gehen wir voran. Intern sind wir klar darüber, wie diese Verantwortlichkeiten aufgeteilt sind, und so handhaben wir das."
Kurzum: Nielsen kümmert sich zwar um das operative Tagesgeschäft des Formel-1-Teams in Enstone, aber der eigentliche Chef des Rennstalls, der alle wichtigen Entscheidungen trifft, bleibt Briatore. Dennoch wird Nielsen das Team künftig auch nach außen hin vertreten.
Nielsen kennt das Team aus früheren Jahren
Das Team in Enstone ist dem Briten nicht unbekannt, denn in der Vergangenheit hat Nielsen schon einmal als Sportdirektor für den Rennstall gearbeitet, damals noch unter dem Namen Benetton. "Es fühlt sich ein bisschen so an, als würde man an seine alte Schule zurückkehren", grinst er.
"Manche Bereiche sind sofort vertraut, wirken aber ein bisschen kleiner, als man sie in Erinnerung hat. Gleichzeitig gibt es auch Neues. Es ist wirklich schön, wieder hier zu sein. Ich wurde sehr herzlich empfangen. Ich treffe alte Bekannte, aber auch viele neue Gesichter, was ebenfalls gut ist."
Zwar war Nielsen der Formel 1 in der Zwischenzeit nicht abgängig, allerdings arbeitete er in den vergangenen Jahren nicht für ein spezielles Team, sondern im Management der Formel 1 selbst, sowohl für den Automobil-Weltverband FIA als auch für Rechteinhaber Liberty Media.
Nielsen räumt ein: "Es gibt viel zu lernen"
Ein großer Teil seiner Arbeit bestehe nun darin, sich "wieder einzuarbeiten und zu verstehen, was sich in einem Rennteam in den letzten acht Jahren alles verändert hat", betont Nielsen, der auch schon für Lotus und Tyrrell gearbeitet hat. "Es gibt eine Menge Neuerungen."
Dazu gehört vor allem die Budgetobergrenze, auch Budget-Cap genannt, die im Jahr 2021 von der FIA beschlossen wurde. "Für mich ist das besonders interessant, weil ich bei den ersten Diskussionen auf der anderen Seite involviert war", grinst der 61-jährige Brite. "Jetzt auf der 'empfangenden' Seite zu sein, ist eine völlig neue Erfahrung. Es gibt also viel zu lernen, auch für mich selbst."
Der erste Eindruck nach wenigen Wochen ist positiv: "Enstone ist ein großartiger Ort mit viel Talent", sagt Nielsen. Aber "momentan spiegelt das, was wir auf der Strecke zeigen, allerdings weder die Fähigkeiten der Leute noch die Qualität der Einrichtungen wider. Unsere Aufgabe ist es, das zu ändern."
Flavi Briatore hat "gewisse Baustelle hinterlassen"
Das stellt allerdings eine erhebliche Herausforderung dar, denn Briatore habe "eine gewisse Baustelle hinterlassen", meint Experte Ralf Schumacher bei Sky. Obwohl das Team unter der Leitung des Italieners zunächst auf einem vielversprechenden Kurs gewesen sei, "entgleite ihm das Ganze nun ein bisschen".
"Auch das Hickhack mit den Fahrern", erinnert Schumacher an die offene Fahrerdiskussion. "Irgendwie glaube ich, dass [Briatore] mittlerweile einen Führungsstil hat, der vielleicht nicht mehr ganz up-to-date ist. Deshalb hoffe ich, dass [Nielsen] wirklich der neue starke Mann ist, der von hier aus übernehmen kann."