• 18. September 2025 · 19:42 Uhr

Erklärt: Warum die F1-Fahrrichtlinien noch immer für Diskussionen sorgen

Die F1-Fahrerrichtlinien sollen Klarheit bringen, doch ihre Auslegung sorgt immer wieder für Zoff - Wie sie funktionieren und warum sie so umstritten sind

(Motorsport-Total.com) - Die wohl wichtigste Passage der Richtlinien ist gleich ganz oben im Dokument fett hervorgehoben: "Dies sind GUIDELINES und KEINE REGULATIONS." Mit anderen Worten: Es handelt sich nicht um ein verbindliches Regelwerk, sondern um eine Handlungsanweisung für Fahrer und Sportkommissare, die Spielraum für Auslegung lässt.

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Trotz der Guidelines kommt es immer wieder zu strittigen Situationen Zoom Download

Genau das sorgt immer wieder für Diskussionen, zuletzt bei der teilweise zurückgenommen Strafe von Carlos Sainz in Zandvoort. Denn ein starres Regelwerk, das alle Eventualitäten abdeckt, würde den Umfang eines Telefonbuchs sprengen - die aktuelle Version beschränkt sich dagegen auf fünf Seiten mit Text und Diagrammen.

Im Kern geht es um die Frage, wann ein Fahrer beim Überholversuch Anspruch auf Platz (im Fachjargon: "Racing Room") hat. Hinzu kommen Richtlinien für Verhalten hinter dem Safety-Car, das Verhindern von Behinderungen oder erratisches Fahren sowie Details zu Track Limits, Ausritte und dem anschließenden Wiedereingliedern auf die Strecke.

Auch Feinheiten wie Spurwechsel auf der Geraden oder Bremsmanöver werden in den Richtlinien behandelt. Ein einmaliger Zug, um den Windschatten des Gegners abreißen zu lassen, "kann vertretbar sein", heißt es dort - allerdings hängt die Bewertung von Faktoren wie Geschwindigkeit und Position auf der Strecke ab.

Darüber hinaus definieren die Richtlinien, wie Fahrer die Strecke verlassen und wieder befahren dürfen. Wer über den Notausgang abkürzt, muss dies in kontrollierter Weise tun und darf dabei keinen Vorteil erlangen.

Gilt eine Position durch das Verlassen der Strecke als "gewonnen", so ist sie grundsätzlich zurückzugeben. Damit soll verhindert werden, dass ein Fahrer durch Ausweichmanöver oder bewusstes Abkürzen einen unfairen Nutzen zieht.

Entstehung und Überarbeitungen der Guidelines

Die FIA führte die Richtlinien 2022 in Absprache mit der Grand Prix Drivers' Association (GPDA) ein. Nach einigen kontroversen Zwischenfällen wurden sie mehrfach angepasst - zuletzt vor der Saison 2025 auf Version 4.1.

Anlass waren vor allem strittige Szenen im Saisonendspurt 2024. So erhielt George Russell beim USA-Grand-Prix eine Strafe, weil er Valtteri Bottas in Kurve 1 von der Strecke gedrängt hatte. Noch mehr Schlagzeilen machten aber die Duelle zwischen Lando Norris und Max Verstappen in Austin und Mexiko, die zu einer Überarbeitung der Formulierungen führten.

Kernproblem: Die ursprüngliche Regel, wonach ein Fahrer die Kurve "besitzt", sobald seine Vorderachse am Scheitelpunkt vorne ist, ließ sich zu leicht ausnutzen - etwa durch späte Divebombs oder durch "Aufmachen" der Bremse im Verteidigungsfall.

Neue Formulierungen für innen und außen

Inzwischen differenziert das Dokument klarer zwischen Überholmanövern auf der Innen- und Außenseite.

Innen: Der Angreifer muss seine Vorderachse mindestens auf Höhe des Spiegels des Gegners haben, bevor er den Scheitelpunkt erreicht. Außerdem muss er kontrolliert um die Kurve fahren können, eine "Divebomb" ist ausdrücklich ausgeschlossen. Der Angreifer muss eine vernünftige Linie nehmen und innerhalb der Tracklimits bleiben.

Außen: Hier muss die Vorderachse am Scheitelpunkt sogar vor der Vorderachse des Konkurrenten liegen. Auch in diesem Fall gilt: kontrollierte Linie von Einfahrt bis Ausgang, innerhalb der Streckenbegrenzung.

Früher war zudem vorgeschrieben, dass der Überholende dem Gegner am Ausgang Platz lassen musste - eine Formulierung, die auf Drängen der Fahrer gestrichen wurde.

Beispiele aus der laufenden Saison

Ein prominentes Beispiel der neuen Auslegung war der Saudi-Arabien-GP 2025: Oscar Piastri stach innen neben Verstappen, erfüllte die Bedingungen - damit "gehörte" die Kurve ihm. Verstappen kürzte über den Notausgang, behielt die Führung, gab die Position aber nicht zurück und wurde bestraft.

Beim Italien-GP wurde Williams-Debütant Oliver Bearman bestraft, nachdem er beim Versuch, außen an Carlos Sainz vorbeizugehen, kollidierte. Laut Richtlinien hatte Sainz Anspruch auf Platz, Bearman trug die Verantwortung für die Kollision.

Auch die Komplexität von Schikanen ist im Dokument geregelt: Grundsätzlich gelten die Regeln für innen und außen für jede einzelne Kurve, Priorität hat jedoch das erste Element.

Weitere Faktoren im Blick

Die FIA betont, dass Rennen ein "dynamischer Prozess" sind. Die Stewards müssen daher das gesamte Szenario bewerten, statt sich nur auf starre Formulierungen zu berufen. Doch unterschiedliche Stewards bewerten verschiedene Situationen unterschiedlich. Deshalb werden die Rufe nach permanenten Sportkommissaren immer lauter.

Neben der relativen Fahrzeugposition fließen auch Faktoren wie Reifenalter, Mischungen, Gripniveau und Kurvenlayout ein. Auch der Charakter des Manövers - ob es eher "optimistisch" oder kontrolliert war - wird berücksichtigt.

Das zeigte sich zuletzt am Beispiel des niederländischen Grand Prix: Williams hatte eine Neubewertung der Strafe gegen Carlos Sainz beantragt. Zwar blieb das Urteil, dass Sainz die Richtlinien nicht erfüllte, bestehen - die Strafe wurde aber aufgehoben, weil Liam Lawson kurzzeitig Übersteuern hatte und damit den Kontakt mitverursachte.

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