Irrer Kampf um Kart-Rekord: Bearman von einem Hobby-Fahrer geschlagen!
Mit einer irren Aktion knackt Formel-1-Pilot Oliver Bearman einen Kart-Rekord in Schweden - Der frühere Rekordhalter meldet sich jetzt mit überraschender Antwort
(Motorsport-Total.com) - Die dreiwöchige Pause zwischen den Rennen in Silverstone und Belgien haben die Formel-1-Piloten ganz unterschiedlich genutzt: Während Williams-Pilot Carlos Sainz die Zeit zum Entspannen nutzte, drehte Haas-Pilot Oliver Bearman weiterhin seine Runden - erst in Goodwood, dann auf einer Kartbahn im schwedischen Varberg.

© LAT/Zevenwacht
Oliver Bearman hat sich einen Kart-Rekord geschnappt, allerdings nicht lange ... Zoom Download
"Ich war im Urlaub in Schweden, und ganz in der Nähe meiner Unterkunft gab es diese Kartbahn. Es war Zufall", grinst der Brite, den plötzlich der motorsportliche Ehrgeiz packte: "Die Familie meiner Freundin sagte: 'Du musst den Rundenrekord brechen.' Und ich dachte, das wird ein Kinderspiel."
"Aber schon am ersten Tag war ich drei oder vier Zehntel langsamer", verrät Bearman. "Die Strecke war wirklich cool, die Runde war kurz, nur 29 Sekunden, und man musste extrem präzise sein. Und der Typ, der den Rekord hatte, war richtig schnell."
Kein Wunder, dass sich der Formel-1-Pilot damit nicht zufriedengeben wollte. "Es war eine ernsthafte Mission", schmunzelt der 20-Jährige, der sich insgesamt drei Tage auf der Kartbahn aufhielt. "Am letzten Tag zogen wir neue Reifen auf und gingen es professionell an, den Luftdruck haben wir nach jedem Lauf angepasst."
Rekordjagd: Bearman greift in die Trickkiste
"Ich war fast zwei Stunden auf der Strecke. Man musste wirklich alles perfekt zusammenbringen, sogar die Streckenbegrenzungen leicht verschieben", verrät Bearman, der tief in die Trickkiste greifen musste. Sogar der Tank wurde geleert, um das Kart noch leichter zu machen.
"Ich habe den Motor zwischen den Läufen mit einem Laubbläser gekühlt", lacht der Brite. "Meine Freundin hat sich um die Reifen gekümmert. Es war nur ein Mietkart, aber durch die Hitze wurde der Motor extrem heiß. Deshalb mussten wir Karosserieteile entfernen, denn bei zu hohen Temperaturen verliert der Motor viel Leistung. Es war ein Hightech-Einsatz."
"Ein Freund hat mir auf der Geraden Windschatten gegeben und ist dann zur Seite gefahren, damit ich eine schnelle Runde fahren konnte." Zwar sei Bearman in normalen Klamotten gefahren, aber auch dabei überließ er nichts dem Zufall. "Ich achtete darauf, Shorts und ein dünnes T-Shirt zu tragen, um das Gewicht niedrig zu halten."
Auf den Geraden habe er sogar den Kopf gesenkt, um den Luftwiderstand zu senken, was im Kartsport nicht untypisch ist. "Ich habe das Ganze nicht auf die leichte Schulter genommen", ist Bearman ehrlich. "Wir haben wirklich jedes Detail bedacht."
Formel-1-Star schnappt sich Rundenrekord
Mit Erfolg: "Am Ende habe ich den Rekord um ein halbes Zehntel unterboten. Ich bin bestimmt 15 Runden gefahren, bei denen mir nur 0,03 oder 0,04 Sekunden gefehlt haben. Wenn man so knapp dran ist, kann man nicht aufhören." Unklar bleibt allerdings, wie der bestehende Rundenrekord überhaupt zustande kam.
"Ich weiß es nicht, der Typ sollte echt in die Formel 1!", lacht der Haas-Pilot. "Oder er wiegt eben nur 20 Kilogramm, das ist meine einzige andere Erklärung." Allerdings könnte auch das Wetter eine entscheidende Rolle gespielt haben, denn während Bearmans Aufenthalt war es sogar in Schweden sehr heiß.
"Ich habe gesagt, wenn ich den Rekord nicht schaffe, komme ich am nächsten Morgen gegen sechs oder sieben Uhr zurück, wenn es richtig kalt ist", ergänzt der 20-Jährige. "Es gibt nämlich keinen Kühler bei dem Motor. Wenn er heiß wird, verliert man richtig Leistung."
"Offenbar ist der Rekord im April oder Mai gefahren worden, denn in Schweden sind es da fast minus 20 Grad. Daher kommt wohl diese Zeit. Das ist jedenfalls meine Ausrede!" Eine Ausrede, die nun allerdings nicht mehr gilt, denn der frühere Rekordhalter hat sich noch einmal verbessert!
Hobbyfahrer holt sich Rundenrekord zurück
Motorsport-Total.com weiß: Es handelt sich um den schwedischen Kartfahrer Elton Zevenwacht. Der 23-jährige Schwede war in jener Woche, als Bearman seine Jagd auf den Rekord begann, zwar nicht in Varberg, doch die Nachricht von Bearmans Rundenrekord erreichte ihn schnell.
"Ich hatte keine Ahnung, bis mir Christian Andersen, der Betreiber der Strecke, ein Foto von Oliver und der Rundenzeitentafel geschickt hat", verrät Zevenwacht gegenüber der englischsprachigen Ausgabe von Motorsport.com, einer Schwesterplattform von Motorsport-Total.com im Motorsport Network.
"Christian hat mich angerufen, als er euren Artikel gesehen hat", sagt Zevenwacht. "Es hat richtig Spaß gemacht, das alles zu lesen. Es ist wirklich verrückt. Ich verfolge die Formel 1 jedes Wochenende, seit 2017 habe ich kein einziges Rennen im Fernsehen verpasst."
"Und ich habe Ollie auch schon beobachtet, als er das erste Mal für Carlos Sainz eingesprungen ist", betont der Schwede. "Und dann zu erfahren, dass ich gewissermaßen mit einem F1-Fahrer auf derselben Strecke um die schnellste Runde konkurrieren konnte, und dass er sich so anstrengen musste, das ist ein wahnsinnig cooles Gefühl."
"Ich war damals unterwegs und konnte nicht sofort zurückkommen, um zu versuchen, die Zeit zu schlagen. Aber ich habe gesagt: Heute Abend gehe ich es an." Und das tat er: Während Bearman am Freitag beim Sprint-Shootout in Spa den siebten Platz erreichte, fuhr Zevenwacht auf seiner schwedischen Heimstrecke - und holte sich den Rekord zurück.
Zevenwacht um 0,02 Sekunden schneller
Bearman hatte während seines Urlaubs als erster Fahrer eine Zeit unter der 29-Sekunden-Marke gesetzt: Mit seiner Zeit von 28,97 Sekunden war der Brite rund ein Zehntel schneller als der bis dahin gültige Rekord. Zevenwacht antwortete prompt - mit einer Zeit von 28,95 Sekunden.
"Ich bin auch ein Wettkampftyp", lacht der Schwede. "Aber ich fand es einfach total cool, dass Ollie auf meiner Strecke gefahren ist, und dass er sich wirklich anstrengen musste, um den Rekord zu schaffen. Mit all diesen Taktiken, den Motor kühlen, Reifen wechseln und so weiter."
"Aber ich habe da großen Respekt. Es gibt keine schlechten Gefühle, im Gegenteil", meint der Schwede. "Es ist einfach richtig cool, dass er kämpfen musste." Auch die Aussagen von Bearman, dass der Rekordhalter möglicherweise nur 20 Kilogramm wiegt, sieht Zevenwacht gelassen.
"Mein Gewicht liegt zwischen 60 und 65 Kilogramm. Also sicher keine 20!", schmunzelt er und verrät auch, wann er seinen geschlagenen Rekord gefahren ist, nämlich bei einem Zwei-Stunden-Rennen: "Ich war etwa anderthalb Stunden unterwegs, als ich die Rundenzeit gefahren bin."
Kartfahrer ohne professionelle Karriere
"Es war gar nicht mein Ziel, den Rekord zu holen. Ich glaube, es war eine 29,07 Sekunden, und es waren acht andere Karts gleichzeitig auf der Strecke", betont der Kartpilot und geht auch auf die Temperatur ein: "Es war im August, also bei ganz ähnlichen Bedingungen."
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Der Vorteil von Zevenwacht ist, dass er die Strecke perfekt kennt. Trotz seiner beeindruckenden Zeiten hat er den Kartsport nie auf professionellem Niveau betrieben. Er führt ein Unternehmen, das sich auf die Außenreinigung von Häusern und Dächern spezialisiert hat.
Nur in seiner Freizeit fährt er gelegentlich ein paar Runden auf der Kartbahn. "Wenn ich Zeit habe, schaue ich bei Christian vorbei und fahre ein paar Runden. Ich habe nie an einer richtigen Rennserie teilgenommen. Das Einzige, was ich jemals gefahren bin, sind Mietkarts."
"Aber ich hatte schon immer ein großes Interesse an Autos und wäre gern einmal ernsthaft im Kartsport mitgefahren. Aber dazu ist es nie gekommen." Vielleicht öffnet sich für Zevenwacht nun eine Tür, denn nur wenige Kartfahrer können von sich behaupten, schneller als ein Formel-1-Fahrer zu sein - zumindest, bis Bearman seinen nächsten Urlaub in Varberg plant.