Rückkehr mit Geschichte: Der neue RB-Chef kommt ausgerechnet von Alpine
Alan Permane ist zurück - als Teamchef der Racing Bulls: Vor zwei Jahren war er bei Alpine noch rausgeflogen, jetzt ist er einer von vielen Enstone-Leuten an der Spitze
(Motorsport-Total.com) - Wie das Leben eben so spielt: Vor zwei Jahren hatte Alan Permane in Belgien noch unschöne Erfahrungen gemacht. Damals wurde der Sportdirektor von Alpine im Zuge des Rauswurfs von Teamchef Otmar Szafnauer mit entfernt, doch jetzt kehrt er zum ersten Mal als Leiter eines Formel-1-Teams zurück.
Permane ist der neue starke Mann an der Spitze der Racing Bulls. Er übernimmt das Amt von Laurent Mekies, der als Nachfolger des geschassten Christian Horners zu Red Bull aufsteigt. "Das war definitiv eine Reise", sagt er. "Vor zwei Jahren war das hier ein sehr trauriger Tag für mich. Aber ich bin der Red-Bull-Familie für alles, was sie für mich getan hat, unendlich dankbar."
Bei den Racing Bulls fand der 58-Jährige eine neue Heimat, nachdem er zuvor 34 Jahre lang für Benetton/Renault/Lotus/Alpine in Enstone gearbeitet hatte.
Und seit zwei Wochen führt er in Faenza das Kommando. Wie es bislang war? "Sehr geschäftig, das auf jeden Fall - aber auch aufregend", sagt er. "Ich bin unglaublich stolz, diese Gelegenheit zu bekommen, das Team zu führen, und freue mich sehr darauf."
Permane ist damit nun einer von vielen aktuellen Teamchefs mit einer Vergangenheit in Enstone. Neben ihm waren auch Saubers Jonathan Wheatley, Haas' Ayao Komatsu und Ferraris Frederic Vasseur beim ehemaligen Renault-Team beschäftigt. Hinzu kommt bald der neue Managing Director von Alpine, Steve Nielsen - also die Hälfte aller Teambosse.
"Damals war es einfach ein gutes Umfeld", findet Permane, der 1989 bei Benetton anheuerte und bis zu seinem Rausschmiss 2023 im Team blieb. Einen Zusammenhang sieht er aber nicht: "Jonathan ist schon sehr lange bei Red Bull, er ist dort groß geworden. Steve war acht oder neun Jahre gar nicht mehr im Teamgeschäft. Also kann man nicht alles nur auf Enstone zurückführen."
Viele Teamchefs dank Briatores Einfluss?
"Wir haben uns definitiv nicht abgesprochen und gesagt: 'Lasst uns alle Teamchefs werden'", lacht Haas-Boss Ayao Komatsu auf diesen Fakt angesprochen. "Es ist reiner Zufall - aber ich finde das schön."
Aber: Nicht alle waren auch gleichzeitig in Enstone angestellt. "Jonathan ist kurz vor meinem Einstieg gegangen, ich glaube, er ist 2006 zu Red Bull gegangen, und ich kam genau in dem Jahr zu Enstone", erinnert sich Komatsu, der bis 2015 beim Team blieb, bevor er zu Haas wechselte. "Ich habe also nie direkt mit Jonathan gearbeitet, aber natürlich kannte ich ihn lange."
"Steve war mein Sportdirektor, Alan war zuerst Renningenieur, später Chef-Renningenieur - mit beiden habe ich eng zusammengearbeitet und viel gelernt", so der Japaner. "Es war wirklich ein gutes Umfeld, ein richtiges Rennteam. Ich habe die Zeit dort sehr geschätzt. Und ich finde es schön, dass einige der Leute von damals jetzt in anderen Teams Führungsrollen übernehmen."
Doch wie kommt es, dass plötzlich so viele Leute aus Enstone an der Spitze von Formel-1-Teams stehen? Hatte Flavio Briatore, der heute immer noch seine Finger im Spiel hat, vielleicht einen Einfluss auf die Leute und ihre Wege?
"Ich weiß nicht", lacht Komatsu. "Also, man kann es wohl nicht leugnen. Aber in meiner Position - ich war Reifeningenieur, Performance-Ingenieur, dann Renningenieur - hatte ich nicht direkt mit Flavio zu tun."
"Aber natürlich hatte er Einfluss auf Leute wie Steve, Jonathan und Alan. Und diese wiederum haben mich beeinflusst - zumindest Steve und Alan. Also vielleicht indirekt", meint er. "Aber ehrlich gesagt: Es war eine gute Schule. Ich habe es genossen."
Komatsu: Permane mit sehr gutem Rennverständnis
Dass Permane seine neue Rolle bei den Racing Bulls gut ausfüllen wird, davon ist der Haas-Teamchef nach zehn Jahren gemeinsamer Arbeit überzeugt: "Er hat wirklich ein gutes Gespür fürs Racing. Er ist nicht wie ein typischer Ingenieur", sagt er.
"Er war früher Elektriker, also kommt er nicht aus dem klassischen Bereich der Renningenieure. Aber er war ständig an der Strecke - damals in Enstone -, zuerst als Elektriker, dann, glaube ich, irgendwann als Systemingenieur, wenn ich mich nicht irre. Jedenfalls hat er sich hochgearbeitet, und es ist klar, dass er ein sehr gutes Rennverständnis hat", so Komatsu.
Die aktuellen Teamchefs der Formel 1
Alpine: Steve Nielsen (Großbritannien), ab 1. September 2025 als Teammanager - einen klassischen Teamchef gibt es nicht: Flavio Briatore behält die Gesamtverantwortung. Fotostrecke
"Er ist vielleicht nicht der akademische Zahlenmensch, aber er merkt, wenn eine Zahl keinen Sinn ergibt. Viele Leute heutzutage, gerade gut ausgebildete Hochschulabsolventen, sind gut mit Zahlen, aber sie merken nicht, wenn etwas keinen Sinn ergibt. Alan ist jemand, der sofort erkennt, wenn etwas in etwa richtig oder falsch aussieht. Er hat ein gutes Gespür. Das ist meine Erfahrung mit ihm."
Permane selbst hat natürlich bereits unter mehreren Teamchefs gearbeitet. Nimmt er von diesen etwas mit oder geht er lieber seinen eigenen Weg? "Mein aktueller Plan ist: Es ändert sich erstmal nichts", verrät er. "Wir sind auf einem guten Weg, alles funktioniert sehr gut. Wir haben ein starkes Auto gebaut, wir gehen mit guter Energie ins Rennen - und das wollen wir beibehalten."
Mekies: Racing Bulls in den besten Händen
Er geht also den Weg weiter, den Laurent Mekies als sein Vorgänger geebnet hat. Der steht nun bei Red Bull vor einer unheimlich schwierigen Aufgabe, das Erbe von Christian Horner weiterzuführen, und findet es "etwas merkwürdig, das Schiff zu verlassen", wie er gegenüber F1TV sagt.
Sein bisheriges Team zu verlassen, fiel ihm auf jeden Fall nicht leicht, "denn das war ein unglaubliches Abenteuer. Wir waren mit dem ganzen Team auf einem großartigen Weg. Wir hatten in den letzten anderthalb Jahren so viele Veränderungen zusammen gemeistert, dass es sich wirklich so angefühlt hat, als würde es jetzt richtig losgehen und noch besser werden."
"Aber auf der anderen Seite ist das Team in den besten Händen", sagt Mekies über seinen Nachfolger. "Alan ist einfach die perfekte Besetzung für die Rolle des Teamchefs. Er kennt das Team in- und auswendig, und er verkörpert genau den Spirit, den wir dort gemeinsam aufgebaut haben."
Er ist überzeugt, dass es mit Permane und Sportdirektor Peter Bayer weiter vorangehen wird. "Das Team wird weiter nach vorne kommen - und zwar mit genau dem Geist, den wir alle so lieben", sagt er.
"Und letztlich will man das gar nicht als Trennung sehen. Denn im Grunde arbeiten wir ja immer noch beide für Red Bull. Beide Teams gehören zur Red-Bull-Familie, und wir werden uns weiterhin oft sehen."