"Strategiefehler" bei Ferrari und Leclerc? "Müssen sich in den Hintern beißen"
Diese Taktik in Q3 ging nicht auf: Charles Leclerc fährt nur einen einzigen Run, den auch noch verfrüht - Kritik von Alex Wurz, doch der Ferrari-Star verteidigt sein Team
(Motorsport-Total.com) - Ob sich Charles Leclerc damit einen Gefallen getan hat? Der Monegasse setzt am Samstag in Barcelona in Q3 alles auf eine Karte, genauer gesagt einen einzigen Run: Damit reicht es letztendlich nur zu Rang sieben - weil sich gegen Ende der Session auch die Streckenbedingungen nochmal deutlich verbessern. Doch Leclerc steht da schon wieder in der Garage...

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Charles Leclerc machte in Q3 sein Ding - im Hintergrund: Ferraris Kommandostand Zoom Download
"Da müssen Sie sich in den Hintern beißen, denn diese Streckenverbesserung war richtig dramatisch. Ich meine, wenn die Top-Leute, die schon einen super ersten Run gehabt haben mit neuen Reifen, im ersten Sektor schon über ein Zehntel aufziehen, dann weißt du, das ist ein Streckeneffekt - das holt man so einfach nicht mehr aus der Schublade raus", urteilt Ex-Formel-1-Pilot und TV-Experte Alex Wurz im ORF: "Also ja, eindeutig ein Strategiefehler der Ferrari-Mannschaft und der Leclerc-Seite."
Tatsächlich nimmt der Monegasse die Scuderia wenig später in seinen Interviews nach dem Qualifying aber aus der Schusslinie - und sich selbst dafür in die Pflicht: "Ich übernehme die volle Verantwortung für den Verlauf des Qualifyings. Es war meine Entscheidung", sagt Leclerc, der unüblicherweise gegen Mitte von Q3 nur einen einzigen Run absolviert, "obwohl das Team mich gedrängt hat, bis zum Ende zu warten".
Not macht erfinderisch: "Hatte keine Reifen mehr übrig"
Doch Leclerc erklärt seine Beweggründe für die frühe Fahrt: "Ich wollte einfach einen Plan B haben, falls die eine Runde schiefgeht, wegen eines Fehlers oder was auch immer, um dann noch eine zweite Chance zu haben." Mit Blick aufs Ergebnis vom Samstag stellt er deshalb fest: "Das geht auf mich." Allein: Wurz' Kritik dürfte der Ferrari-Star als voreilig empfinden, denn abgerechnet wird bekanntlich erst zum Schluss, sprich am Ende des Rennwochenendes...
"Ich habe all diese Entscheidungen auch getroffen, um morgen im Rennen bessere Reifen zu haben", bestätigt er ein klares Kalkül hinter seiner ungewöhnlichen Herangehensweise, denn Leclerc gibt bei Sky zu bedenken: "Ich hatte keine Reifen mehr übrig. Ich glaube, wir waren eines der wenigen Autos, das nur vier frische Soft-Sätze fürs gesamte Qualifying hatte. Alle anderen um uns herum hatten fünf neue Softs."
Die Folge: "Ich wusste schon vorher, dass es schwierig wird. Aber ich wollte nur drei Softs verwenden - was unser Leben heute deutlich schwerer gemacht hat." Zwar habe ihm das Team einen anderen Weg vorgeschlagen, "aber ich bin ziemlich zufrieden mit meiner Entscheidung", sagt Leclerc, der sein Qualifying quasi bewusst opferte: "Wenn das Rennen morgen schlecht läuft, werde ich die Verantwortung für ein schwaches Wochenende übernehmen müssen", sagt Leclerc.
Risikospiel: Leclerc setzt alles auf Ferraris Rennpace
"Wenn es aber gut läuft, dann freue ich mich, die Lorbeeren dafür zu ernten, dass ich das Team in diese Richtung gedrängt habe", so der Monegasse, der mit dem Reifenvorteil am Sonntag nicht weniger anpeilt als "ein Podium - ich denke, unsere Rennpace ist stark. Also hängt alles davon ab, wie gut wir überholen können."
Dabei räumt Leclerc ein: "Natürlich ist Platz sieben etwas hinter unseren Erwartungen. Selbst mit den Entscheidungen, die ich fürs Qualifying getroffen habe, hätte ich erwartet, weiter vorne zu stehen. Aber es ist, wie es ist. Die Entscheidungen sind getroffen, und ich hoffe, dass sie sich morgen auszahlen." Mit Blick auf die reine Quali-Pace, auch schon vor Q3, bekennt der Scuderia-Star: "Nach den Trainings gestern war ich eigentlich etwas optimistischer."
Da habe sich das Auto noch "ziemlich gut verhalten", so Leclerc: "Aber leider war es im Qualifying wieder wie gewohnt. Das war auch gestern Abend schon ein bisschen meine Befürchtung, dass man erst im Qualifying, wenn alle ans Limit gehen, wirklich sieht, wo man steht." Und am Samstag habe sich dabei leider gezeigt, "dass wir wieder auf dem Niveau vom Saisonbeginn sind - und das ist zu weit weg von dem, wo wir sein wollen".
Nun muss sich am Sonntag zeigen, ob sich wenigstens Leclercs verzweifelter Griff in Trickkiste gelohnt hat...