• 23. Februar 2019 · 07:46 Uhr

Technik-Konzept: Muss Mercedes 2019 umdenken?

Der Frontflügel von Alfa Romeo steht im Zentrum der Technik-Trends der ersten Testwoche und wird von Teams wie Mercedes und Red Bull genau analysiert

(Motorsport-Total.com) - Nach der ersten Testwoche in Barcelona schon das Kräfteverhältnis seriös einzuschätzen, ist selbst für geschulte Beobachter de facto unmöglich. Zu groß sind Unbekannte wie die Spritmenge, mit denen die Teams unterwegs waren, oder auch die Aktualität der wichtigsten Aero-Teile. Beim Saisonauftakt in Australien am 17. März, so wird es gemeinhin erwartet, werden viele neue Updates ans Auto schrauben, die jetzt noch gar nicht am Auto sind.

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Der Frontflügel ist eines der wichtigsten Elemente der Aerodynamik Zoom Download

Aber erste Trends sind erkennbar. Dass fast alle Teams auf einen recht steilen Anstellwinkel des Autos setzen, ist zwar keine neue Idee (Red Bull setzt seit Jahren auf so ein Konzept), aber 2019 bei den meisten Teams zur "Mode" geworden. Und Alfa Romeo hat mit dem nach außen hin abfallenden Frontflügel einen vieldiskutierten Akzent gesetzt.

Nur Mercedes bleibt seiner technischen Linie treu, die da lautet: langer Radstand, flacher Anstellwinkel, nach außen hin ansteigender Frontflügel. Doch in der ersten Testwoche hatte der F1 W10 EQ Power+ Rückstand. Die Experten im Fahrerlager sehen diesen im Moment bei etwa einer halben Sekunde auf Ferrari. Und tatsächlich scheinen auch den Silberpfeilen selbst erste Zweifel zu kommen, ob man im Winter in die richtige Richtung entwickelt hat.

"Die große Gefahr bei einem neuen Reglement ist immer, dass man ein riesiges Schlupfloch übersehen hat, wie es 2009 passiert ist", meinte Teamchef Toto Wolff am Montag in Barcelona. Gleichzeitig betonte er aber: "Wir haben bislang keine große Innovation an einem Auto gesehen, die wir übersehen haben."

Mercedes gibt zu: "Müssen aufgeschlossen sein"

Eine Einschätzung, die nach Abschluss der ersten vier Testtage schon ein bisschen anders klingt. Ohne das aktuelle Konzept explizit als Irrweg zu bezeichnen, räumt Wolff inzwischen ein: "Wir müssen für andere Ideen aufgeschlossen sein. Wenn wir irgendwas an einem anderen Auto entdecken und der Meinung sind, dass es sich lohnt, dann werden wir uns das anschauen."

Klar ist: "Wir haben sehr viel Spielraum nach oben", weiß der Österreicher. Klar ist aber auch: "Es gibt Dinge, die kannst du nicht von heute auf morgen umsetzen. Wenn du das komplette aerodynamische Konzept des Autos umdenken musst, dann ist das nicht eine Frage von Wochen, sondern von Monaten."

Im Fokus standen bisher vor allem die Frontpartien der Autos, die laut Experte Marc Surer mindestens 50 Prozent des gesamten Aero-Konzepts ausmachen. Und da ist der innovative Alfa Romeo das eine und der Mercedes das andere Extrem. Alfa Romeo hat sich für die seitlich abfallenden Flügelelemente entschieden. Und zudem für "Nasenlöcher", die den Luftstrom unter das Fahrzeug leiten.


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Auch bei der "Nasenspitze" hat sich Mercedes von den neuen Trends nicht beeindrucken lassen. Der F1 W10 kommt konventionell wie eh und je daher. Andrew Green von Force India wertet das nicht als fehlenden Mut: "Mercedes setzt schon seit Jahren auf ihre ganz eigene Philosophie. Sie waren schon immer anders. Und sie haben damit fünf Weltmeisterschaften gewonnen!"

Wolff ergänzt: "Unsere Designphilosophie war schon immer anders. Wir hatten immer einen längeren Radstand, wir hatten noch nie einen steilen Anstellwinkel. Und das nicht, weil wir glauben, dass unser Konzept in jeder Hinsicht überlegen ist, sondern weil wir glauben, dass das im Gesamtkontext mit Chassis und Power-Unit für uns das beste Paket ist."

Aber hinsichtlich der technischen Anforderungen könnte das neue Reglement 2019 einiges verschoben haben. Durch die breiteren und vereinfachten Frontflügel ist es noch wichtiger als bisher geworden, unter dem Frontflügel Unterdruck zu erzeugen. Und das geht, glauben zumindest Technik-Experten wie Gary Anderson, mit einem steilen Anstellwinkel besser als mit einem flachen.

Hat Mercedes der Mut verlassen?

Eine Theorie zum Mercedes-Konzept 2019 lautet, dass dem Ingenieursteam rund um den Technischen Direktor James Allison der Mut gefehlt haben könnte, neue Innovationen nicht nur zu erproben, sondern auch tatsächlich ans Auto zu schrauben. Um auf Bewährtes zu setzen und kein unnötiges Risiko einzugehen. Aber: Dass Mercedes der Mut verlassen hat, sei "sicherlich falsch", analysiert Formel-1-Experte Marc Surer in einem Interview mit 'Motorsport-Total.com'.

"Sie haben ein anderes Konzept gewählt. Sie versuchen, die Luft innerhalb der Reifen vorbeiströmen zu lassen. Zwischen Reifen und Chassis. Sie haben auch die Endplatten außen am Flügel nach innen gebogen - als einziges Team. Das heißt, sie wollen wirklich, dass die Luft nach innen strömt. Alle anderen lassen sie nach außen strömen. Das ist ein anderes Konzept", sagt Surer. Aber: "Im Moment muss man sagen: Die, die schnell fahren, sind die, die die Luft nach außen strömen lassen."


Formel-1-Technik 2019: Die Topteams im Vergleich

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Bei Red Bull, einem der Hauptkonkurrenten von Mercedes, lässt man sich von den technischen Innovationen der Konkurrenz jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Teamchef Christian Horner besteht zwar darauf, dass er "nicht in Sorge" sei, einen technischen Trick verpasst zu haben. "Aber es ist schon sehr interessant, die unterschiedliche Auslegung der Regeln zu sehen."

Selbst wenn sich Teams wie Mercedes und Red Bull insgeheim vielleicht schon eingestehen, dass Alfa Romeo den richtigen Weg gegangen ist: "Das ganze Auto funktioniert als Zusammenspiel seiner Einzelteile. Du kannst nicht einfach die Form eines Flaps ändern. Denn das hätte Auswirkungen auf den Rest des Fahrzeugs", erklärt Horner.

Die Logik hinter dieser Aussage ist simpel: Wird der Luftstrom vom Frontflügel weg anders geleitet, verändert das die Art und Weise, wie die Luft auf die dahinterliegenden Aerodynamikteile des Fahrzeugs trifft. Das kann einen ganzen Rattenschwanz an Änderungen erforderlich machen. Zum Beispiel bei den Barge-Boards, die 2019 sehr im Fokus stehen, oder auch beim Heckflügel.

Panik bricht bei Red Bull aber nicht aus: "Wir sind zufrieden mit unserem Konzept. Wir werden sehen, wie es sich im Saisonverlauf entwickelt", lächelt Horner. "Bislang gab es nichts, das bei uns Panik verursacht hätte, weil wir es vielleicht verpasst haben." Schließlich weiß er genau: "Die Autos, die jetzt getestet werden, werden in Melbourne ein bisschen anders aussehen ..."

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