Sonnyboy Ricciardo: Keine Angst vor dem Rummel
Daniel Ricciardo ist der unumstrittene Sonnyboy des Formel-1-Paddocks, und daran kann auch der zunehmende Rummel um seine Person nichts ändern...
(Motorsport-Total.com) - Am 2. September hat Red Bull offiziell bekannt gegeben, dass Daniel Ricciardo Nachfolger von Mark Webber im A-Team des Energydrink-Herstellers wird - und spätestens ab diesem Zeitpunkt platzten die Medienrunden des jungen Australiers an den Rennwochenenden aus allen Nähten. Während Jean-Eric Vergne ein paar Meter weiter meist einsam mit ein bis zwei französischen Journalisten saß, war Ricciardo plötzlich umzingelt von dutzenden Medienvertretern aus der ganzen Welt.
© Daniel Ricciardo (Twitter)
Immer gut drauf: Daniel Ricciardo beim Rasieren seines "Movember"-Schnurrbarts Zoom Download
Er selbst nimmt das aber gar nicht so dramatisch wahr: "Es ist schon mehr geworden, aber nicht in einem verrückten Ausmaß, um ehrlich zu sein", relativiert Ricciardo, von 'Motorsport-Total.com' auf das stark erhöhte Interesse an seiner Person angesprochen. Und tatsächlich wird er außerhalb des Formel-1-Paddocks - etwa im täglichen Leben oder auf Flughäfen - weitgehend in Ruhe gelassen. Selbst in Australien kann er nach wie vor ungestört durch die Straßen gehen.
Dafür muss er sich nicht einmal mit Schnurrbart "tarnen", wie er das im November wegen einer Charity-Aktion getan hatte. "Die Twitter-Follower (mehr als 150.000; Anm. d. Red.) sind explodiert", berichtet er, "und ich hatte viele Anfragen von australischen Medien. Aber das war ja schon so, als ich neu in die Formel 1 gekommen bin. Inzwischen weiß jeder, wer ich bin, das schon. Ich kann aber noch normal durch die Straßen gehen, schließlich bin ich kein Hollywood-Star."
Kein unerträglicher Hype in der australischen Heimat
Bei seinem ersten Heimatbesuch in Australien nach der Red-Bull-Bekanntgabe war jedenfalls alles wie gehabt: "Es war nett", lächelt der 24-Jährige. "Ich versuche, möglichst unauffällig zu sein, mit einem großen Hut und Schnurrbart! Spaß beiseite: Ich bin im Kreis von Familie und Freunden geblieben. Im (australischen; Anm. d. Red.) Sommer werde ich es jetzt ja sehen, aber ich glaube, dass die Menschen in Australien sehr respektvoll sind."
Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch heraus - und Ricciardo kann man fast nicht böse sein. Selbst wenn mal Fans etwas von ihm wollen, bricht er sein Dauerlächeln nicht ab: "Vielleicht kommen ein paar Jungs auf einen zu, wollen ein Foto und sagen, dass sie mich unterstützen, aber es ist nicht so, als würde ich keine Ruhe mehr haben. Es ist nicht Hollywood", fühlt er sich nicht als "armer" Star, dessen Privatleben völlig vereinnahmt wird.
Gelächelt hat Ricciardo schon immer, zumindest seit man ihn im Formel-1-Paddock kennt. Nicht selten spaziert er mit kurzer Hose und Badelatschen durchs Fahrerlager, grüßt aus weiter Entfernung jeden, den er kennt, schiebt am Beginn eines jeden Medientermins fast schon traditionell eine lustige Bemerkung ein, bevor es losgeht. Und weil er sich dabei selbst nicht zu ernst nimmt und nie überheblich rüberkommt, lieben ihn Journalisten genauso wie seine Fans.
Do you come from a land down under?
Dass er die Ausstrahlung eines klassischen Surfers hat, dürfte für die Marketingabteilung von Red Bull dankbarer sein als der inzwischen schon 37 Jahre alte Vorgänger Webber. Dabei kam auch der meistens gut an: "Wir Australier", erklärt Ricciardo, "sind meistens freundliche Menschen - damit wachsen wir auf. Außerdem ist Formel-1-Pilot ein Traumjob. Wenn mich der nicht glücklich macht, dann gibt's im Leben wahrscheinlich nicht viel, was mich glücklich machen würde."
Und richtig glücklich wurde er offenbar erst in der Formel 1. "Er war damals etwas introvertierter als jetzt", erinnert sich Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost im Interview mit 'Motorsport-Total.com' an seine ersten paar Begegnungen mit dem Nachwuchsfahrer Ricciardo. "Bei uns im Team hat er sich dann mehr geöffnet, ist lockerer geworden, lacht viel. Er ist immer für irgendeinen Schalk gut. Das war am Anfang nicht so, zumindest mir gegenüber."
Dauerlächler seit der ersten Begegnung mit dem "Doktor"
Während Tost im Umgang mit den Red-Bull-Junioren oftmals als "good Cop" gesehen wird, gilt Helmut Marko für viele als "bad Cop", der Angst und Schrecken verbreitet. Viele ehemalige Red-Bull-Junioren erinnern sich noch heute mit Schaudern an den "Doktor", wie sie ihn nennen - aber Ricciardo kam mit Marko immer schon gut zurecht. Zur ersten Begegnung kam es bei einem Auswahltag in Estoril, bei dem sich 20 junge Fahrer um eine Red-Bull-Förderung bewarben.
Ricciardo hinterließ sofort einen bleibenden Eindruck: "Er kam in der ersten Runde schon völlig quer daher - ich hatte ihn vorher noch überhaupt nie gesehen -, und dann stieg er nach diesen zehn Runden mit diesem breiten Grinsen aus dem Auto aus. Von dem Zeitpunkt an war das sein Markenzeichen", so Marko gegenüber 'ServusTV'. "Ich habe ihn ganz, ganz selten nicht lächeln gesehen - ich glaube, in Spa nach dem Qualifying. Aber sonst lächelt er eigentlich immer."
Auch privat hat der Sonnyboy, übrigens begeisterter Sammler von Valentino-Rossi-Figuren, allen Grund zu lächeln: Seit nunmehr ungefähr vier Jahren ist er mit seiner Freundin Jemma Boskovich (23) liiert, die ihn meistens begleitet, sich aber nie ins Rampenlicht drängt - eine Gemeinsamkeit, die Ricciardo mit seinem künftigen Teamkollegen Sebastian Vettel hat, denn auch dessen Freundin Hanna Sprater ist für die Öffentlichkeit praktisch nicht existent...