Hamilton-Krise: Kam sein Wechsel zu Ferrari einige Jahre zu spät?
Ralf Schumacher hofft, dass Lewis Hamilton noch die Wende gelingt - Dessen Alter und die vielen Jahre bei Mercedes könnten inzwischen aber ein Problem sein
(Motorsport-Total.com) - Hat Formel-1-Rekordweltmeister Lewis Hamilton seinen Zenit mit inzwischen 40 Jahren bereits überschritten? Experte Ralf Schumacher glaubt zumindest, dass Hamiltons Alter bei dessen Anpassungsschwierigkeiten bei Ferrari in diesem Jahr eine Rolle spielen könnte.
Im Podcast Backstage Boxengasse von Sky erklärt Schumacher, dass Hamiltons Grundspeed durchaus noch vorhanden sei. Das habe zum Beispiel der Sprintsieg in China in diesem Jahr gezeigt. Doch in einem Grand Prix wartet Hamilton noch immer auf sein erstes Podium mit Ferrari.
"Er braucht halt genau alles, was für ihn passt. Und ich glaube, das hatte er bei Mercedes. Das hat er sich erarbeitet mit Mercedes. Und jetzt hat er es eben nicht mehr", erklärt Schumacher. Vor seinem Wechsel zu Ferrari war Hamilton zwölf Jahre lang für das Mercedes-Werksteam gefahren.
Und genau das könnte laut Schumacher ein Problem sein, denn: "Je älter man wird, desto eingefahrener wird man", erklärt der ehemalige Formel-1-Pilot aus eigener Erfahrung. Das bedeute: "Ich brauche ein gewisses Auto, einen Stil von einem Auto, um schnell zu fahren."
"Und ich kann mich immer weniger auf das einlassen, was ich habe. Und dann versuche ich rumzuschrauben. Und an dem Punkt kommt jeder Rennfahrer an", so Schumacher, der gesteht, dass es ihm selbst am Ende seiner Karriere auch irgendwann so gegangen sei.
Schumacher: Keiner weiß, wie gut Hamilton wirklich noch ist
"Dann ist halt nur die Frage, wie weit Lewis heute schon ist", so der sechsmalige Grand-Prix-Sieger. Fakt ist, dass Hamilton mit 40 Jahren noch nicht der älteste Fahrer im Feld ist. Fernando Alonso feierte in diesem Jahr sogar bereits seinen 44. Geburtstag.
Doch während Hamilton vor seinem Ferrari-Wechsel seit 2013 lediglich den Formel-1-Mercedes gefahren ist, ging Alonso in der Königsklasse im gleichen Zeitraum für Ferrari, McLaren, Alpine und nun Aston Martin an den Start. Dazu fuhr er in anderen Serien wie der Langstrecken-WM (WEC) oder der IndyCar-Serie.
Fehlt Hamilton durch seine lange Zeit bei Mercedes im fortgeschrittenen Alter nun womöglich die Fähigkeit, sich an ein neues Umfeld anzupassen? "Ich glaube, das Niveau ist immer noch gut. Aber ob es so gut ist, wie es mal war, weiß keiner", erklärt Schumacher.
Traumehe in Rot? Lewis Hamiltons langer Weg zu Ferrari
Seinen neuen Ferrari-Teamchef lernt Hamilton bereits früh in seiner Karriere kennen: Mit Frederic Vasseur gewinnt der Brite unter anderem 2006 den Titel in der GP2. Danach trennen sich ihre Wege allerdings, denn Hamilton steigt 2007 mit McLaren in die Formel 1 ein. Ferrari ist also zunächst sein großer Gegner, denn ... Fotostrecke
Denn während Hamilton bei Ferrari noch immer auf seinen ersten Podestplatz wartet, stand Teamkollege Charles Leclerc in diesem Jahr bereits fünfmal auf dem Treppchen. Auch in der Fahrer-WM hat der Monegasse die Nase intern mit 151:109 Punkten vorne.
Hamilton selbst bezeichnete sich kurz vor der Formel-1-Sommerpause sogar selbst als "nutzlos", und Schumacher erklärt im Hinblick auf die aktuelle Krise des Briten: "Wenn du dann keinen Weg findest, starten irgendwann auch mal die Selbstzweifel."
Sollten die Teams eher auf jüngere Piloten setzen?
Hätte Ferrari rückblickend also von einer Hamilton-Verpflichtung absehen und lieber einen jüngeren Piloten ins Cockpit setzen sollen? Zumindest Schumacher erklärt: "Wenn ich Teamchef wäre, würde ich eher einen jungen Mann ins Auto nehmen mit Potenzial in die Zukunft, den ich auch formen kann, der noch formbar ist."
Über die Rookies der Saison 2025 sagt der Experte: "Bearman macht einen super Job. Hadjar macht einen super Job. Kimi [Antonelli], wenn es passt, macht auch einen sehr guten Job. Und natürlich Bortoleto." Bei Hamilton dagegen sei die Frage: "Wie lange kann der das noch? Wie lange macht er das noch?"
"Ich würde [als Teamchef] auf die Zukunft setzen", sagt Schumacher daher und erklärt, er könne sich auch "nicht vorstellen", dass Hamilton in den kommenden Jahren zum Beispiel noch einmal zu Mercedes zurückkehren könnte, wenn er bei Ferrari nicht mehr die Kurve bekommen sollte.
Er glaube, "dass die jungen Fahrer jetzt eher eine Chance bekommen, sich zu etablieren." Trotzdem hoffe er persönlich, dass Hamilton nach der Sommerpause mit Ferrari "jetzt irgendwie einen Weg findet, weil den Speed hat er noch." Nur kann er den aktuell eben zu selten zeigen.