"Deal des Jahrhunderts": Warum will keiner diesen Formel-2-Fahrer?
Leonardo Fornaroli gewann 2024 die Formel 3 und führt aktuell die Formel 2 an - Trotzdem wird der Italiener mit keinem Formel-1-Team in Verbindung gebracht
(Motorsport-Total.com) - Der Name Leonardo Fornaroli ist vielen Formel-1-Fans kein Begriff. Der 20-jährige Italiener ist kein Teil einer Nachwuchsakademie, testete noch nie einen Formel-1-Boliden und wurde auch noch nicht mit einem Cockpit für die Saison 2026 in Verbindung gebracht.

© Motorsport Images
Leonardo Fornaroli gewann im vergangenen Jahr den Titel in der Formel 3 Zoom Download
Dabei ist Fornaroli aktuell auf dem besten Weg in große Fußstapfen zu treten. Denn nachdem er im vergangenen Jahr bereits den Titel in der Formel 3 gewann, führt er momentan auch die Formel 2 an - und könnte damit beide Serien in aufeinanderfolgenden Jahren gewinnen.
Das gelang vor ihm zuletzt Gabriel Bortoleto (2023 und 2024), Oscar Piastri (2020 und 2021), George Russell (2017 und 2018) und Charles Leclerc (2016 und 2017), als die Formel 3 noch GP3 hieß. Alle vier Piloten fahren heute (überwiegend erfolgreich) in der Formel 1.
Umso überraschender ist es da, dass Fornarolis Name bislang noch nie aufgetaucht ist, wenn über die noch freien Cockpits für 2026 gesprochen wurde. Auch James Robinson, Fornarolis Chef bei seinem aktuellen Formel-2-Team Invicta, kann sich das nicht erklären.
Gegenüber der globalen Edition von Motorsport.com verrät er: "Ich bin ehrlich gesagt erstaunt und kann nicht verstehen, warum Leo derzeit nicht bei einem Formel-1-Team ist. Er selbst würde das nicht sagen, weil er sich immer nur auf sein nächstes Rennen konzentriert."
Haufenweise Formel-1-Junioren geschlagen
"Daher sehe ich es als Teil meiner Aufgabe an, das auszusprechen, was viele in unserem Team denken", so Robinson, der im Vorjahr bereits Gabriel Bortoleto zum Titel in seiner Formel-2-Rookiesaison begleitete - und das in dieser Saison mit Fornaroli wiederholen könnte.
Im direkten Vergleich habe der Italiener zwar "etwas länger" gebraucht, um sich an die neue Serie zu gewöhnen. Dafür sei seine Entwicklung im Laufe der bisherigen Saison aber "ebenso stark, wenn nicht sogar stärker" als bei Bortoleto vor einem Jahr gewesen.
"Und es ist absolut verblüffend, dass er noch nicht für eine Rolle in der Formel 1 für das nächste Jahr angekündigt wurde, wenn man bedenkt, dass die meisten anderen Fahrer auf den ersten sieben oder acht Plätzen der Meisterschaft Teil von Formel-1-Akademien sind", so Robinson.
Die Nachwuchstitel der Formel-1-Piloten 2025
Wer in den Nachwuchsklassen erfolgreich war, der muss nicht zwangsläufig auch in der Formel 1 ganz vorne dabei sein. Wir blicken auf die wichtigsten Titel im Formelsport, die die 20 Fahrer der Saison 2025 vor ihrer Karriere in der Königsklasse gewonnen haben. Fotostrecke
Tatsächlich gewann Fornaroli den Formel-3-Titel im vergangenen Jahr vor drei Piloten, die von Formel-1-Teams unterstützt werden: Gabriele Minì (Alpine), Luke Browning (Williams) und Arvid Lindblad (Red Bull). Sein engster Verfolger in der Formel 2 ist aktuell Jak Crawford aus dem Aston-Martin-Nachwuchs.
Fornarolis eigener Karriereverlauf ist ein spannender, denn vor seinem Formel-3-Titel im vergangenen Jahr waren die Erfolge in seiner Juniorkarriere überschaubar. Seine erste Formel-3-Saison 2023 hatte er ohne Sieg auf einem unspektakulären elften Platz beendet.
Ein Jahr später gewann er den Titel, holte dabei aber ebenfalls keinen Rennsieg. Sein Erfolg beim Formel-2-Sprintrennen in Silverstone in diesem Juli war somit sein erster Triumph seit mehr als vier Jahren. Zuletzt hatte er zuvor im Juni 2021 ein Rennen in der italienischen Formel 4 gewonnen.
Robinson: Fornaroli hat das, was Formel-1-Teams wollen
Diese überschaubare Bilanz dürfte auch ein Grund dafür sein, warum die Formel-1-Teams bei dem heute 20-Jährigen bislang nicht gerade Schlange standen. "Ich denke, Leo ist eine Art 'Moneyball-Typ'", sagt Robinson in Anspielung auf den gleichnamigen Baseball-Film.
"Er macht keine großen 'Banzai-Manöver' wie manche andere Fahrer. Er tanzt nicht albern auf dem Podium herum. Er ist in den Medien nicht besonders gesprächig. Aber nachdem ich 20 Jahre lang in der Formel 1 gearbeitet habe und weiß, worauf Formel-1-Teams bei Fahrern achten, ist Leo ein außergewöhnlicher Typ, wenn es um die Entwicklung eines Autos geht", erklärt er.
Oscar Piastri exklusiv: Was die "Papaya-Regeln" genau sagen!
Formel-1-Spitzenreiter Oscar Piastri erklärt im exklusiven Interview mit Autosport, wie die Spielregeln bei McLaren wirklich aussehen. Weitere Formel-1-Videos
"Wenn man ein Auto entwickeln möchte, braucht man einen Fahrer, der Runde für Runde konstante Leistungen bringt und stabile Daten liefert. Leo kann das derzeit besser als jeder andere in der Formel 2", betont er und erklärt: "Ich denke, er wäre für ein Formel-1-Team in dieser Phase der Deal des Jahrhunderts."
Tatsächlich hat Fornaroli, dessen große Stärke eigentlich seine Konstanz ist, seinen Vorgänger Bortoleto in einer Hinsicht bereits jetzt überflügelt. Während der Brasilianer im vergangenen Jahr mit nur zwei Siegen den Titel gewann, steht Fornaroli acht Rennen vor Schluss (inklusive Sprints) bereits bei drei Siegen.
Es bleibt abzuwarten, ob das in den kommenden Monaten doch noch mit einem Platz in der Königsklasse belohnt wird.