Das sagen Hamilton und Leclerc zur Vasseur-Verlängerung bei Ferrari
Fred Vasseur wird von Ferrari als Teamchef bestätigt, seine Piloten bei der Scuderia sind darüber happy - doch Ex-Ferrari-Insider Carlos Sainz hat eine Theorie
(Motorsport-Total.com) - Ferrari hat den Vertrag mit Teamchef Fred Vasseur vor dem Großen Preis von Ungarn "um mehrere Jahre" verlängert - und damit allen Spekulationen über eine Ablösung des Franzosen einen Riegel vorgeschoben.

© Scuderia Ferrari
Fred Vasseur holte Lewis Hamilton zu Ferrari - und darf auch selbst bleiben Zoom Download
Ein Move, den Ex-Scuderia-Pilot Carlos Sainz nur zu gut nachvollziehen kann: "Von außen betrachtet wirkt es etwas so, als wolle man einfach die üblichen Gerüchte im Keim ersticken. Bei Ferrari ist es immer laut - es herrscht ständig ein gewisser Lärmpegel - und oft muss man förmlich verkünden, dass jemand bleibt, nur um keine Spekulationen aufkommen zu lassen. Das war dort schon immer so", kommentiert der Spanier am Donnerstag die Meldung.
Etwas süffisant fügt Sainz deshalb auch hinzu, dass er gar nicht gewusst habe, "dass überhaupt eine Vertragsverlängerung nötig war". Nach zwei Jahren unter Vasseur wechselte der Spanier vor dieser Saison zu Williams, weil die Scuderia sein Cockpit an Lewis Hamilton vergab. Böses Blut scheint es deshalb aber keines zu geben, Sainz gratuliert seinem Ex-Boss vielmehr: "Ich freue mich für Fred, denn ich bin sicher, dass er weiterhin einen sehr guten Job machen wird."
Hamilton hat es "erst gestern erfahren"
Auch die aktuelle Fahrerpaarung aus Hamilton und Charles Leclerc reagiert am Donnerstag erfreut auf die Nachricht aus der Personalabteilung: "Ich habe es ehrlich gesagt erst gestern erfahren. Aber ihr kennt ja meine positive Meinung zu Fred - das habe ich allen gesagt", erklärt Hamilton, der schon in seiner GP2-Zeit bei ART mit dem Franzosen zusammenarbeitete.
Bis heute hält er große Stücke auf den Franzosen: "Viel mehr gibt es da nicht zu ergänzen. Ich habe von Anfang an gesagt, dass er die richtige Wahl ist. Fred hat mich ins Team geholt, und alle hier sind sehr glücklich", sagt Hamilton. Dass es aktuell noch nicht großen Erfolge zu bejubeln gibt, ändert für den Briten aber nichts an der guten Stimmung bei Ferrari:
"Man muss zunächst das Umfeld verstehen, in dem man sich bewegt. Man muss sich anpassen - und genauso werden sich die Menschen, mit denen man arbeitet, nach und nach anpassen, um bestmöglich zusammenzuarbeiten", bittet er weiterhin um Geduld: "Dieses Jahr habe ich aber schon gespürt, wie positiv die Reaktionen auf die Schritte waren, die wir in allen Bereichen gegangen sind. Die Leidenschaft und der Wille, sich ständig verbessern zu wollen."
Teamchefs: Hamilton vergleicht Vasseur mit Wolff
Für Hamilton ist ganz klar: "Das ist das Beeindruckendste an diesem Team. Jeder will mehr erreichen, besser werden. Genau deshalb bin ich überzeugt, dass in diesem Team alles steckt, was es braucht, um erfolgreich zu sein - und deshalb habe ich auch unterschrieben." Dass Ferrari an den internen Strukturen hier und da aber noch nachschärfen muss, daraus hat der Rekordweltmeister auch keinen Hehl gemacht - mit Vasseur ist nun aber bei einer Schlüsselfigur Konstanz garantiert.
"Was ich aus meiner früheren Erfahrung sagen kann: Bei Toto war das sehr positiv, wie er es geschafft hat, die Stärken von Einzelpersonen zu erkennen und sie so einzusetzen, dass sie ihr volles Potenzial entfalten konnten. Bei mir zum Beispiel hat er mir den Freiraum gegeben, mich so auszudrücken, wie ich es brauchte", macht sich Hamilton Gedanken darüber, wie sie gemeinsam noch mehr aus jedem einzelnen bei Ferrari rauskitzeln können.
"Mir hat das erlaubt, die beste Version meiner selbst zu sein", sagt der Brite, "und genau das konnte er bei vielen Menschen bewirken. In dieser Hinsicht sehe ich bei Fred eine große Ähnlichkeit. Ich bin noch dabei, zu verstehen, wie Fred gerne arbeitet, aber ich habe vollstes Vertrauen in ihn, wie ich es immer gesagt habe." Ansonsten seien Wolff und Vasseur aber "völlig unterschiedlich - außer vielleicht, wenn es ums Rennfahren geht, um ihre Leidenschaft, da gleichen sie sich: Beide sind echte Racer durch und durch."
Wie Hamilton teilt auch Teamkollege Leclerc seine Zufriedenheit in Bezug auf die Vasseur-Verlängerung mit: "Ich bin wirklich, wirklich glücklich. Es kommt nicht überraschend, aber ich freue mich sehr. Gerade im letzten Monat gab es - wie immer bei uns - viele Gerüchte", unterstreicht auch er die Sainz-These: "Dass nun offiziell Klarheit herrscht, ist wichtig, und ich bin sehr froh darüber."
Leclerc lobt Vasseurs kühlen Kopf
Zweieinhalb Jahre ist Vasseur schon sein Chef, wie fällt Leclercs Zwischenfazit dieser Zeit aus? "Ohne jetzt verschiedene Epochen vergleichen zu wollen: Fred hat eine beeindruckende Vision. Was bei Ferrari besonders herausfordernd ist, ist der tägliche Umgang mit Emotionen - das ist bei den Italienern einfach so. Und das macht Ferrari ja auch so besonders."
"Aber Fred versteht es sehr gut, seine Emotionen außen vor zu lassen und die Lage mit kühlem Kopf zu analysieren - egal, wie laut es um das Team herum wird. Das ist extrem wichtig", so Leclerc. Die Ruhe des Franzosen in schwierigen Momenten habe dem Team schon "enorm geholfen - das ist wohl der größte Unterschied, den er gemacht hat", glaubt der Ferrari-Star.
"Darüber hinaus hat er viele weitere Qualitäten. Eine davon ist, aus jedem Einzelnen im Werk das Maximum herauszuholen. Und das macht, wenn man alles zusammenzählt, einen großen Unterschied." Zwar stellt der Monegasse mit Blick auf Ferraris Personalbelange klar: "Ich bin natürlich nicht derjenige, der diese Entscheidungen trifft. Aber ich denke, Stabilität ist immer ein wichtiger Faktor."
"Fred ist unsere Bezugsperson, derjenige, zu dem wir aufblicken. Ihn für viele weitere Jahre an unserer Seite zu wissen, ist definitiv gut - gerade, weil es in der Formel 1 Zeit braucht, um etwas aufzubauen, vor allem ein erfolgreiches Team." Die Aussicht, Vasseur noch länger an seiner Seite zu haben, mache ihn daher "sehr glücklich" und stimme ihn "optimistisch für die Zukunft", so Leclerc.
Großer Hype um Ferrari - aber Humor hilft
Dabei ist der 27-Jährige auch um Einordnung bemüht, schließlich dürfe man nicht vergessen, dass Ferrari durch das Mitmischen im Titelkampf der Konstrukteure im Vorjahr und die Ankunft von Hamilton zu Saisonbeginn ein regelrechter Hype umgeben habe: "Das hat die Sache sicherlich nicht einfacher gemacht. Viele dachten, wir würden den Titel gewinnen, und das war dann leider nicht der Fall", sagt Leclerc.
Vielmehr war die Konsequenz eine andere: "Die Gerüchte haben sich daraufhin noch mehr verselbstständigt. Aber solche Dinge können wir nicht beeinflussen. Das gehört einfach zu Ferrari - das war schon immer so und wird sich auch nicht ändern", sagt er in Bezug auf das schnelllebige Medienecho und die großen Erwartungshaltung der Tifosi: "Das Beste, was wir tun können, ist, diese Dinge so gut es geht auszublenden."
Dabei gehe Vasseur wie gesagt mit bestem Beispiel voran - zumal der Franzose stets auch über die nötige Prise Humor verfüge, die in stürmischen Zeiten schon mal helfe: "Er ist wirklich sehr witzig. Und das spielt bestimmt eine Rolle. Wir haben generell einige sehr humorvolle Leute im Team. Natürlich sind wir in erster Linie hier, um zu arbeiten, aber es hilft, wenn man auch mal gemeinsam lachen kann."
Leclerc plaudert aus: "Bei Teamdinners zum Beispiel haben wir immer eine gute Zeit - es fühlt sich wirklich wie eine Familie an. Für mich persönlich ist Ferrari ohnehin wie eine Familie, ich bin hier aufgewachsen und immer noch hier. Fred hat sich unglaublich gut integriert, und er führt das Team eben auch mit einer Portion Humor, was es in schwierigen Momenten wirklich erleichtern kann."