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Nach Kühlshirts: Bald auch Kühlhosen in der Formel 1?
Wie der Hersteller der Kühlshirts den Fahrerkomfort im Formel-1-Auto bei heißen Rennen weiter optimieren will und was dabei problematisch ist
(Motorsport-Total.com) - Sachir, Dschidda und Miami: drei Orte mit zwei gemeinsamen Merkmalen - Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit. Drei Rennen, bei denen vermutlich eine der bedeutendsten Innovationen dieser Saison kaum aufgefallen ist: die Einführung von speziellen Kühlshirts, die dafür sorgen sollen, dass die Fahrer bei den heißesten Grands Prix des Jahres cool bleiben.

© Chillout Motorsports
Die Kühlweste "Cypher Pro Micro Cooler" von Chillout Motorsports - seit 2025 in der Formel 1 Zoom Download
Die Lösung entstand als Reaktion auf die Probleme beim Großen Preis von Katar 2023, als die extremen Temperaturen die Fahrer an ihre Belastungsgrenzen brachten.
Innerhalb weniger Monate prüfte der Automobil-Weltverband (FIA) verschiedene Optionen und entschied sich schließlich für ein Shirt, in dem dank Schläuchen, die mit einem externen System verbunden sind, eine Kühlflüssigkeit zirkuliert. Das hält die Körpertemperatur des Fahrers in einem festgelegten Bereich.
Wie bei jeder Innovation in der Formel 1, wo alles bis ins Extrem entwickelt wird, gab es jedoch Entwicklungsprobleme. Motorsport.com Italien, eine Schwesterplattform von Motorsport-Total.com und Formel1.de bei Motorsport Network, hat mit dem Hersteller der Shirts gesprochen, um herauszufinden, wie sich das System über die Monate entwickelt hat und was als Nächstes geplant ist.
Jeder Fahrer braucht eine individuelle Lösung
Denn nach den Wintertests hatten einige Fahrer Bedenken geäußert, weil die für den Betrieb notwendigen Bauteile eine gewisse Dicke haben, die sich vor allem bei den hohen Kräften in einem Formel-1-Auto unangenehm am Körper bemerkbar macht, oder weil der Einbau aufgrund des engen, maßgeschneiderten Kohlefaser-Sitzes schwierig war.
Die Schläuche im Shirt, die die Kühlflüssigkeit transportieren, münden in dickere Leitungen, die wiederum mit einem zweiten Schlauchsystem verbunden sind, das zu einer Kühlbox führt. Darin befinden sich Kompressor, Verdampfer und Kondensator, die notwendig sind, um die Temperatur des Kühlmittels abzusenken.
Einige Teams wie Ferrari und Aston Martin, die sich schon frühzeitig mit dem Thema befasst hatten, taten sich bei der Integration des Systems leichter. Fernando Alonso zum Beispiel war einer der Fahrer, die die Effektivität immer wieder betont haben. Andere Teams verlangten hingegen Anpassungen, um den Tragekomfort zu verbessern.
Das veranlasste den Kühlshirt-Hersteller Chillout Motorsports dazu, maßgeschneiderte Lösungen für jeden einzelnen Fahrer zu entwickeln - ähnlich wie bei den Rennanzügen und den Sitzen. Eine alles andere als triviale Aufgabe, denn die Platzierung des Systems muss auch die spezifischen Anforderungen jedes Teams berücksichtigen.
Je nach Team kann die Kühlbox für die Flüssigkeit an unterschiedlichen Stellen im Auto untergebracht sein, etwa vor den Pedalen oder in der Nase des Fahrzeugs. Das führt zu unterschiedlichen Schlauchführungen vom System zum Anzug. Auch die Sicherheitsgurte sind für jeden Fahrer individuell angepasst und üben an anderen Stellen Druck auf den Körper aus.
"Jedes Team und jeder Fahrer hat unterschiedliche Bedürfnisse. Im Grunde haben wir für jeden Fahrer ein eigenes Modell. Wir haben zum Beispiel das Anschlusssystem verlegt - bei einigen Teams schon bevor sie die Shirts bestellt haben, weil sie wussten, dass das ein Problem sein könnte", erklärt Charles Kline, Gründer von Chillout Motorsports.
Die Kühlung wird auch auf die Beine ausgeweitet
Auch wenn manche Teams dachten, dass nur das Anschlusssystem problematisch sei, hat in Wahrheit jeder Fahrer unterschiedliche Anforderungen, etwa wegen der Gurtanordnung oder des Sitzes. Einige Teams überlegten daher sogar, ein Shirt ohne Schläuche im Rücken zu verwenden, wo der Druck am stärksten spürbar ist. Diese Lösung wurde aber wieder verworfen, weil sie bei der Kühlung deutlich weniger wirksam war.
Wichtig ist zu bedenken, dass trotz aller Isolierung die Hitze des Motors den Sitz erreicht und ihn zu einem besonders kritischen Bereich für die Temperaturkontrolle macht.
Eine der Lösungen, die Chillout vorgeschlagen hat, besteht darin, nur einen Teil der Schläuche in den vorderen Schulterbereich zu verlegen und so den Druck und die Beschwerden am Rücken zu reduzieren.
"Diese Druckpunkte sind das Hauptproblem", sagt Kline. "Das System konzentriert sich daher auf den unteren Rücken, den oberen Schulterbereich und entlang der Arme bis zu den Ellbogen."
Die zusätzliche Verlegung der Schläuche in die Arme lässt das System über eine größere Fläche wirken und verbessert die Wärmeableitung. Außerdem wird daran gearbeitet, die Schläuche auch im oberen Beinbereich und an den Seiten der Waden zu verlegen, mit Mustern, die je nach Sitz und zusammen mit den Teams entwickelt werden.
"Es handelt sich dabei um eine große Fläche, die wir kühlen können und die nicht in Kontakt mit dem Sitz steht, was ja das Hauptproblem beim Shirt ist", erklärt Kline. Entsprechende Updates will der Hersteller "in den kommenden Monaten" bereitstellen.
Das Gewicht bleibt problematisch
Chillout Motorsports entwickelt zwar maßgeschneiderte Lösungen für die Fahrer, aber es gibt auch einen regeltechnischen Aspekt. Die FIA schreibt die Nutzung des Kühlsystems nur dann verpflichtend vor, wenn die Außentemperatur über 31 Grad Celsius liegt - und dann mit einem pauschalen Gewichtszuschlag von fünf Kilogramm, obwohl das System tatsächlich weniger als zwei Kilogramm wiegt.
Bisher gab es keine Bedingungen, die den Einsatz des Systems im Rennen verpflichtend gemacht hätten, sodass die Fahrer selbst entscheiden konnten, ob sie es verwenden wollen. George Russell nutzte es beispielsweise in Bahrain, während andere Fahrer diese Möglichkeit nicht hatten.
Der Unterschied liegt darin, dass der Mercedes W16 unterhalb des Mindestgewichts von 800 Kilogramm liegt und somit Spielraum für Ballast (in diesem Fall die zwei Kilogramm des Kühlsystems) hat, ohne die Mindestgewichtsgrenze zu überschreiten. Andere Teams haben diesen Spielraum nicht und müssten bei Einbau des Systems zusätzliche Kilos in Kauf nehmen, was Performance kostet.
"Leider müssen wir ein bisschen leiden, bis die FIA etwas ändert, das es uns erlaubt, es frei zu verwenden. Denn im Moment ist klar, dass manche Teams den Spielraum haben, es zu nutzen, und andere nicht. Das muss sich ändern", sagte Oliver Bearman.
Der Haas-Fahrer kennt die Kühlweste bisher nur aus dem Training. "Ich habe es in Dschidda ausprobiert und fand es wirklich gut", sagt Bearman.
"Ich bin sehr zufrieden, wie sie es zum Laufen gebracht haben. Man spürt es ein wenig, vor allem am Rücken, weil man gegen den Sitz gedrückt wird. Aber ehrlich gesagt: Der Vorteil von kühlem Wasser kann einen Unterschied machen. Das hilft wirklich."
Eine mögliche Lösung wäre, die 31-Grad-Schwelle zu senken, sodass die Pflicht zum Einsatz früher greifen würde. Allerdings wollen sowohl die Teams als auch die FIA kurzfristige Änderungen am Cockpit vor dem Rennen vermeiden. 2025 wird deshalb als Testjahr gesehen, um 2026 dann einige Änderungen einzuführen, die den Einbau des Systems auch kurzfristig erleichtern sollen.