Große Einigkeit unter Fahrern über F1-Richtlinien, nur einer schert aus
Unter den Formel-1-Fahrern herrscht große Einigkeit, dass bei den Regeln für Zweikämpfe nachgeschärft werden muss - Nur Verstappen sieht das anders
(Motorsport-Total.com) - George Russell sagt, dass "19 von 20" Fahrern sich einig darüber seien, wie die Rennrichtlinien in der Formel 1 gestaltet sein sollten, und zeigt sich erfreut, dass "unfaire" Rennmanöver beim Grand Prix von Mexiko bestraft wurden.
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Die neuerliche Debatte entzündete sich am Duell Verstappen gegen Norris Zoom Download
Als Direktor der Fahrervereinigung GPDA hat sich Russell nachdrücklich für eine Diskussion zwischen den Fahrern, den Rennkommissaren und der FIA über die aktuellen Richtlinien ausgesprochen. Anlass dazu gab das umstrittene Duell zwischen Max Verstappen und Lando Norris beim US-Grand-Prix.
Nach dem Rennen in Mexiko, bei dem die beiden Titelanwärter erneut für ihr Verhalten auf der Strecke unter die Lupe genommen wurden, äußerte Russell seine Erwartung, dass die Kommissare weiterhin eine konsequente Linie verfolgen würden.
Der Mercedes-Pilot erklärte außerdem, dass alle bis auf einen Fahrer damit einverstanden seien, dass die Kommissare bereits nach Austin begonnen hätten, bestimmte Vorfälle konsequent zu ahnden, anstatt bis 2025 auf neue Richtlinien zu warten.
Russell: Mehrheit der Fahrer ist sich einig
"Ich denke, die Kommissare wissen genau, was geändert werden muss", betont Russell. "Die größte Diskussion dreht sich darum, dass sie bis 2025 warten wollten, damit die Richtlinien dieses Jahr konsistent bleiben. Ich würde sagen, 19 von 20 Fahrern sagten: 'Nun, wenn es falsch ist, ändern wir es heute.'"
"Und ich bin froh, dass diese Vorfälle hier bestraft wurden", spricht er das Mexiko-Rennen an. "Ich vermute, dass wir nächste Woche in Brasilien dasselbe sehen werden. Was letzte Woche und hier passiert ist, wird man nicht so einfach durchgehen lassen."
"Man könnte meinen, es sollte einfach sein, Änderungen umzusetzen, wenn alle zustimmen, aber manchmal scheint es komplizierter zu sein, als es sein muss, wenn Dinge genehmigt werden müssen und wir eine Abstimmung benötigen. Aber wie gesagt, 19 von 20 sind sich darüber einig, wie es sein sollte", so Russell.
Seinen eigenen Kampf mit Teamkollege Lewis Hamilton, bei dem er ihn bis zum Beginn der 66. Runde hinter sich halten konnte, bezeichnet er als "hartes und faires" Racing. Anders bewertet er den Kampf zwischen Verstappen und Norris.
"Zurzeit sieht man einige Manöver, die ... es geht über Unterhaltung oder Sportlichkeit hinaus, es ist fast unfair geworden." Dabei erinnerte ihn das Manöver in Kurve 7, bei dem Verstappen mit erheblichem Überschuss in die Kurve fuhr und Norris abdrängte, an das Duell Verstappen gegen Hamilton in Brasilien 2021.
Verstappen selbst zeigt sich angesichts der anhaltenden Diskussion bezüglich der Rennrichtlinien genervt. "Ich habe dazu immer meine eigene Meinung. Dafür brauche ich keine anderen Fahrer. Und auch keine anderen Leute", sagt der Red-Bull-Pilot.
Gleichzeitig betont Verstappen: "Die Regeln können immer besser werden. Und das sollte man immer anstreben, oder? Es ist nie perfekt. Das verstehe ich selbst." Aber es sei schwierig, diese Art von Dingen in den Regeln festzuschreiben.
Verstappen sieht das Problem woanders
"Ich denke, das Problem fängt damit an, dass man auf einer Strecke wie Austin sehr leicht von der Strecke abkommen kann. Wenn es ein Kiesbett oder etwas anderes gibt, würde man nie in diese Situation kommen. Denn das Auto außen würde nie so spät bremsen, weil man Gefahr läuft, von der Strecke abzukommen."
"Auf bestimmten Strecken, die viel Auslauf haben, ist das ein Problem. Und natürlich sieht die FIA das auch. Sie könnten auch, wie in Österreich, ein paar Kiesbetten einbauen. Denn das hilft wirklich", regt der dreifache Formel-1-Weltmeister an.
Auf die Frage, ob er das Gefühl habe, dass einige Fahrer jetzt die Gunst der Stunde nutzen, um gegen ihn und seine Fahrweise zu arbeiten, sagt Verstappen: "Nein. Ich denke, sie wollen natürlich auch selbst wissen, wie die Regeln genau aussehen. Aber für mich ändert sich in Bezug auf den Rennsport nichts."
Das rächte sich in Mexiko allerdings. Denn kam Verstappen in Austin noch ohne Strafe davon, kassierte er für seine Manöver gegen Norris diesmal gleich zwei Zehnsekundenstrafen. Und mit der Anpassung der Richtlinien ab Katar soll auch jenes Schlupfloch geschlossen, das er in Austin noch auszunutzen wusste.
Alexander Wurz, Präsident der GPDA, erklärt im Gespräch mit dem ORF dazu: "Es stellt sich die Frage, ob wir überhaupt einen Unterschied brauchen zwischen Angreifer und Verteidiger. Der Verteidiger hat extrem viele Rechte - ein bisschen zu viel."
"Natürlich macht der ein oder andere Pilot, in dem Fall Max Verstappen, vom Wortlaut bis zum letzten Komma Gebrauch. Das haben wir in Austin gesehen. Die Berufung von McLaren wurde abgelehnt, aber alle Beteiligten wissen, es ist ein 'Moving Target", und wir müssen nachschärfen. Das machen wir bis Katar."
Die jüngste Besprechung zwischen den Fahrern, Kommissaren und der FIA bezeichnet Wurz als "äußerst sachlich" und "nicht emotional geladen" - anders als einige englische Medien es berichtet hätten. Auch Ferrari-Fahrer Carlos Sainz betont auf Nachfrage: "Es war ein positives und produktives Treffen."
"Ich denke, dass viele Fahrer offen darüber gesprochen haben, wie sie sich in einzelnen Situationen gefühlt haben und was wir für den besten Weg halten. In Katar werden wir einige Lösungen haben, die hoffentlich ein besseres Verständnis für die Fahrer und einen besseren Rennsport im Allgemeinen bieten werden."