Wolff über Mercedes: Wenn wir schnell sind, dann sind wir richtig schnell
Der W15 ist aktuell eine Wundertüte: Mal produzieren Hamilton und Russell Bestzeiten, dann läuft wieder gar nichts - woran Teamchef Wolff das festmacht
(Motorsport-Total.com) - Aus Mercedes wird im Moment niemand so richtig schlau, nicht mal Mercedes selbst: Kleinen Highlights, wie etwa dem guten Sprint-Quali zuletzt in Austin, oder George Russells Bestzeit im ersten Mexiko-Training, folgen immer wieder Performance-Einbrüche und neuerdings auch vermehrt Unfälle.
© Motorsport Images
Funkenflug bei Lewis Hamilton: Was ist in Mexiko für Mercedes drin? Zoom Download
Sowohl in Sachen Rundenzeit als auch bei der Balance, sind die Silberpfeile mal bei der Musik, dann wieder gar nicht. Teamchef Toto Wolff macht das am engen Fenster fest, das Fahrer und Ingenieure mit dem W15 offenbar treffen müssen: "Wenn wir die Runde oder Session treffen - man konnte es vor der Sommerpause sehen, als es kalt war, auf Highspeedkursen wie Silverstone und Spa - da waren wir die Schnellsten", sagt Wolff.
Der Wiener erklärt bei Sky UK die kleinen, aber feinen Unterschiede, was die Vorlieben des Silberpfeils betrifft: "Also kalte Temperaturen sind gut für uns, hohe Geschwindigkeiten sind gut für uns. Langsame Passagen mögen wir nicht so, Hitze auch nicht."
Mercedes: Überhitzende Reifen macht das Leben schwer
In Bezug auf die Temperatursensivität, und die Korrelation zwischen kühlerer Strecke und besserer Leistung, schlussfolgert Wolff: "Ich denke, wir können einfach mehr Grip generieren, weil der Reifen in einem besseren Zustand ist." Im Gegenzug mache "das Überhitzen der Reifen alles exponentiell schlimmer".
Ein Problem, das Mercedes insgesamt auch im Rennen schlechter dastehen lässt als im Qualifying: "Wenn wir es richtig treffen, können wir sehr schnell sein über eine schnelle Runde. Auf dem Longrun sind wir wohl Dritter oder Vierter", meint Wolff mit Blick auf die aktuellen Kräfteverhältnisse.
Das jüngste Ergebnis-Jo-Jo verwundert den Österreicher aber trotzdem: "Freitag Sprintquali (in Austin), bevor Lewis mit Colapinto die gelbe Flagge hatte, da waren wir vier Zehntel vorne, bei weitem das schnellste Team. Und dann hatten wir am Samstag plötzlich keine Performance mehr. Also im Moment ein bisschen eine Überraschungskiste."
Die Unfälle beider Piloten zuletzt am Texas-Wochenende, und am Freitag von Russell in Mexiko, machen Mercedes die Spurensuche mit dem aktuellen Paket überdies nicht leichter, inmitten eines anstrengenden Tripleheaders: "Am schlimmsten ist es für die Männer und Frauen in der Garage, denn es sind drei (Rennen) am Stück, zwei große Unfälle letztes Wochenende, ein massiver gestern. Dann muss das Chassis für Brasilien repariert werden, um es als Ersatz zu haben. Es ist also hart", so Wolff.
Wolff will Richtung sehen: "Wie ein Aktienkurs"
Wunderdinge darf man von den Silberpfeilen in Mexiko also wohl keine erwarten, doch die Zuversicht will der Wiener trotzdem nicht aufgeben, berichtet er nach den Trainings doch vom positiven Feedback Hamiltons: "Er scheint gut drauf zu sein, hat gesagt, dass die Runde gut war." Ein "paar Kleinigkeiten" müsse das Team vielleicht noch anpassen, aber im Großen und Ganzen sei der Rekordweltmeister zufrieden, "mehr als gestern", so Wolff.
"Lewis hat gesagt, dass das Auto gut ist, wir müssen nur analysieren warum uns in Kurve sieben und der folgenden bisschen was fehlt, im Vergleich zu den McLaren. Es ist relativ eng, aber dann gibt es diese Ausreißer, jetzt die McLaren, davor waren es die Ferrari, die vier bis fünf Zehntel vor allen anderen schienen", sagt der Mercedes-Boss: "Es ist so, dass immer ein Team heraussticht in den Sessions, und wir waren es seit Sommer nicht. Deshalb sind wir immer etwas im Hintertreffen."
Prinzipiell sei aber alles offen: "Ich denke, es spielt sich zwischen Platz eins bis drei ab, oder Platz sieben. Das ist in gewisser Weise der Bereich, in dem wir uns bewegen", so Wolff, der sich vor diesem Hintergrund natürlich über die positiven Signale Hamiltons freut: "Wie ich das übersetze, aus der Fahrersprache, ist, dass das Auto gut ausbalanciert ist, gut zu fahren, und deshalb können sie es mehr pushen."
Dabei will der Mercedes-Boss das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren, trotz kleinerer Rückschläger hier und da: "Es ist wie ein Aktienkurs", sagt Wolff, "der Trend muss nach oben gehen, aber es wird immer mal Schwankungen geben".