Red Bull: Wie wirkt sich der Abgang von Adrian Newey wirklich aus?
Adrian Newey ist seit einigen Monaten nicht mehr in die Entwicklung bei Red Bull involviert - Pierre Wache verrät, wie groß der Einschnitt bei den Bullen wirklich war
(Motorsport-Total.com) - Bei Red Bull endet mit dem Abgang von Adrian Newey eine Ära. Der 65-Jährige steht offiziell zwar noch bis März 2025 bei den Bullen unter Vertrag, in die technische Entwicklung beim Formel-1-Team ist Newey jedoch schon jetzt nicht mehr eingebunden.
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Laut Pierre Wache ändert sich bei Red Bull ohne Adrian Newey nicht besonders viel Zoom Download
Der aktuelle RB20 ist also das letzte Formel-1-Auto aus Milton Keynes, bei dem der Brite seine Finger im Spiel hatte. Und Red-Bull-Technikchef Pierre Wache hat nun verraten, wie sich die Arbeitsweise seit dem Abschied von Newey, der am 1. Mai verkündet wurde, verändert hat.
"Das Feedback und die Ratschläge von Adrian waren zweifellos sehr nützlich für uns", verrät Wache in einem exklusiven Interview mit der niederländischen Ausgabe von Motorsport.com. "Er ist ein sehr erfahrener Mensch, sehr klug und sehr erfolgreich", betont Wache.
Er stellt allerdings auch klar: "Unsere tägliche Arbeit hat sich nicht grundlegend geändert, abgesehen davon, dass uns niemand mehr über die Schulter schaut und sagt: 'Hey Leute, habt ihr euch dies oder das überlegt?' Aber im Grunde genommen ändert es nichts an dem, was wir tun."
Denn zwar sei Newey zuvor "immer noch beteiligt und Teil des Teams" gewesen, habe sich aber bereits beim RB20 für dieses Jahr "weniger als zuvor" eingebracht. Wie groß Neweys Anteil am Auto war, das kann (oder will) Wache allerdings nicht exakt angeben.
Red Bull war auf Newey-Abgang vorbereitet
"Man ist ein Team und zählt also nicht, wer was genau tut. Man bewegt sich als Gruppe auf etwas zu, auf ein gemeinsames Ziel. Das ist in jedem Unternehmen dasselbe: Man sagt nie, der eine hat zehn Prozent und der andere 20 Prozent der Arbeit geleistet."
"So arbeitet man nicht", betont Wache und stellt klar: "Jeder hat die Absicht, ein besseres Auto zu bauen, und auf der Grundlage seines Jobs und seiner Präsenz im Unternehmen versucht man, das Beste dafür zu tun." Er wolle Neweys Beitrag daher zwar nicht in Abrede stellen.
Aber er stellt auch klar: "Die Organisation hat sich nicht geändert, weil wir bereits so organisiert waren, dass wir ohne seinen Beitrag auskommen konnten. Denn in der Vergangenheit ist es vorgekommen, dass er zu manchen Zeiten etwas weniger präsent war als zu anderen Zeiten."
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So war Newey für Red Bull über viele Jahre zwar eine Art Aushängeschild. Tatsächlich gab es neben ihm aber zahlreiche weitere Personen, wie Wache oder auch Aerodynamikchef Enrico Balbo und Performance-Leiter Ben Waterhouse, die einen großen Anteil am aktuellen Erfolg haben.
Durch den Newey-Abgang könnten diese Namen nun eher in den Fokus rücken, doch Wache stellt klar, dass ihm persönlich diese "Ruhm" gar nicht so wichtig sei. "Wir sind hier, um das Auto schnell zu machen. Wir werden vom Team bezahlt, und wir sind motiviert, zu gewinnen", betont er.
"Die beste Belohnung für uns ist es, alle Rennen der Saison zu gewinnen, und dieses Ziel haben wir vergangenes Jahr nur um ein Rennen verfehlt", erinnert er. Wache selbst hat jedenfalls keine Zweifel daran, dass Red Bull auch ohne Newey weiterhin erfolgreich sein kann.
Neuer Windkanal "Investition in die Performance der Zukunft"
Denn während man Newey zwar verloren hat, rüsten die Bullen in anderen Bereichen des Teams auf. Unter anderem wird es in Zukunft einen neuen Windkanal geben, der den Rennstall technisch auf einen deutlich besseren Stand bringen soll.
Wache erklärt: "Wenn man seine Werkzeuge richtig einsetzt, dann werden sie zur Grenze. Das könnte zum Beispiel bei Simulationen der Fall sein. Auch wenn wir im Vergleich zu den anderen in einigen Aspekten die Besten sind, gibt es andere Bereiche, die wir noch verbessern müssen."
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"Der Windkanal ist einer davon, und deshalb beginnen wir mit der Entwicklung eines [neuen] Windkanals für die nächsten Jahre. Das Unternehmen hat uns die Möglichkeit gegeben, dies zu ändern, indem es uns etwas Geld gegeben hat."
"Dafür sind wir sehr dankbar, denn ich denke, das ist eine Investition in die Performance der Zukunft", so Wache, der zwar betont, dass die Menschen bei der Entwicklung eines Formel-1-Autos auch heutzutage noch immer die wichtigste Rolle spielen.
"Aber wie in jeder Organisation gilt auch hier, dass die Menschen nichts leisten können, wenn sie nicht über die entsprechenden Instrumente verfügen. Es ist also eine Kombination", erklärt Wache.