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McLaren-Zoff in Ungarn: Red Bull hoffte auf Eskalation bei Norris und Piastri
Mit der Überlegenheit kommen die Luxusprobleme: Während die Konkurrenz vom McLaren-Zoff nicht überrascht ist, kritisieren die Experten den Kommandostand
(Motorsport-Total.com) - Oscar Piastri feiert in Ungarn seinen ersten Grand-Prix-Sieg, doch der Zoff über die dafür nötige Stallorder zwischen dem McLaren-Kommandostand und Lando Norris wirft "einen Schatten auf den Doppelsieg" der Papaya-Truppe, wie es Mercedes-Teamchef Toto Wolff anschließend so treffend formuliert.
© circuitpics.de
Hatten während und nach dem Rennen viel zu diskutieren: Norris und Piastri Zoom Download
Der offen ausgetragene Disput am Funk bleibt der Konkurrenz während des Rennens natürlich nicht verborgen - bei Red Bull hoffte man sogar darauf, vom Zwist der am Sonntag eigentlich so überlegenen McLaren-Piloten zu profitieren, wie Motorsportberater Helmut Marko nach dem Rennen im ORF verrät:
"Da scheint der Lando eine Zeit lang nichts verstanden zu haben, so hat das ausgesehen", schmunzelt der Österreicher, und räumt ein: "Wir haben das natürlich beobachtet und haben gesagt, dass das noch heiß werden kann. Wir haben Max gesagt: Da ist eine gewisse Uneinigkeit."
Für Marko sind die Streitigkeiten um die Vorherrschaft im Team keine Überraschung, nun, da McLaren auf einmal überlegen scheint: "Da sieht man, die haben das erste Mal die Möglichkeit einen Doppelsieg zu machen, und müssen am Radio vehement und rundenlang diskutieren, damit das, was vorher ausgemacht ist, auch eingehalten wird", sagt der Grazer.
Horner über McLaren: "Leben selbst schwer gemacht"
Ein Luxusproblem, das Red Bull selbst noch aus den Glanzzeiten der frühen 2010er Jahre mit den Streithähnen Sebastian Vettel und Mark Webber nur zu gut kennt - wie etwa bei der berühmten Multi-21-Affäre in Malaysia 2013. "Es stehen die Interessen der Fahrer gegen die des Teams. Da gibt es immer einen Konflikt", erklärt Teamchef Christian Horner.
Dem Rivalen rät er vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen deshalb: "Sie hätten sich das Leben nicht so schwer machen müssen, denn sie waren eigentlich in einer ziemlich komfortablen Position. Sie haben Lando zwei Runden früher reingeholt. Normalerweise, wenn man nicht das hintere Fahrzeug vorne haben will, holst du das Führungsfahrzeug zuerst an die Box", wundert sich der Brite.
Horner: "Damit haben sie sich selbst viel Arbeit gemacht, um die Reihenfolge am Ende des Rennens wiederherzustellen. Natürlich ist es ihre Sache, aber vielleicht hätten sie sich dieses Problem nicht kreieren müssen."
Auch Toto Wolff, der bei Mercedes jahrelang die Scharmützel zwischen den "Silberfeinden" Lewis Hamilton und Nico Rosberg managen musste, betont mit Blick auf McLaren: "Die Klarheit ist wichtig. Wir waren in der gleichen Situation und es ist schade, weil es einen Schatten auf den Doppelsieg wirft. Die Klarheit im Team ist wichtig und sie lernen es jetzt", sagt der Wiener bei Sky.
Dass McLaren nun vor einer veränderten Aufgabenstellung stehe, sei indes völlig logisch: "Sie sind so schnell in eine Position gerückt, dass sie mit beiden Autos gewinnen können, dass man die Regeln festhalten muss. Sie werden es sicher machen", sagt Wolff und lobt McLaren-Teamchef Stella: "Andrea zeigt ein tolles Leadership, es ist einfach etwas Neues."
Rosberg und Schumacher kritisieren McLaren
Wolffs Ex-Schützling Nico Rosberg, nach der aktiven Karriere mittlerweile als Sky-Experte im Einsatz, spricht eben jenen Stella nach dem nervenaufreibenden Funk-Zoff in Budapest auch ganz direkt auf die Situation an: "Andrea, ich erlaube mir ein Statement zu machen, bevor ich eine Frage stelle: Ich empfehle stark, dass ihr Jungs beim Umgang mit dem teaminternen Kampf zwischen den beiden Fahrern extrem klare und harte Ansagen macht."
Rosberg weiter: "Heute klang es so ein bisschen wie 'wenn es dir dann bequem ist, Lando' ... Das lässt die Tür für einen Fahrer sehr weit offen, um all diese Grauzonen zu nutzen. Das wäre also meine klare Empfehlung mit Blick nach vorne: Ganze klare und starke Anweisungen vom Kommandostand an die Fahrer. Ansonsten endet ihr mit einem Haufen Schwierigkeiten zwischen ihnen, und da rede ich wirklich aus Erfahrung."
Stella bedankt sich höflich bei Ex-Weltmeister Rosberg für den Rat: "Nico, du sprichst aus Erfahrung, deshalb nehme ich deinen Rat gerne an, wir werden daraus gute Lehren ziehen." Denn laut Rosberg war McLaren im Glück, dass der Zwist am Funk nicht weiter eskalierte: "Es war viel zu offen", sagt der Deutsche und kritisiert: "Es war nicht gut gemanagt. Sie sind in einer neuen Situation und sie kennen es nicht, dass sie dominieren."
Für Rosberg ist klar: "Daran müssen sie sich gewöhnen, und zwar sehr schnell. In diesen Momenten sieht man die fehlende Erfahrung." Idealerweise gäbe es in derartigen Fällen überhaupt nichts zu diskutieren, weil alles vorab besprochen sei: "Man muss der Vereinbarung vor dem Rennen folgen und konsequent sein", so Rosberg.
Auch Landsmann Ralf Schumacher kritisiert bei Sky das Vorgehen McLarens, vor allem aber die Entscheidung an sich: "Natürlich hat Lando den Fehler beim Start gemacht, aber er hat sich zurückgekämpft und war zum richtigen Zeitpunkt schnell. Er ist immer noch der schnellere Mann. Deshalb sage ich, es ist eine falsche Entscheidung."
Für Schumacher unbegreiflich: "Sie haben die Chance, dass jemand Max Verstappen schlägt, der heute auch noch ein schlechtes Rennen fährt. Dann muss das Team dahinterstehen und jeden Punkt mitnehmen. Es sind sieben Punkte, schauen wir Ende des Jahres mal was fehlt", wundert sich der Deutsche, und legt nach: "Es ist zu viel Sicherheit drin. Es muss mehr Selbstbewusstsein und Agilität bei den Entscheidungen geben."