Mercedes bekommt zehn Prozent mehr Entwicklung: Spannung an der Spitze?
Mercedes profitiert von der neuen Zuteilung der Aerodynamik-Entwicklung und darf sich über zehn Prozent mehr Windkanalzeit freuen - Haas größter "Verlierer"
(Motorsport-Total.com) - Nimmt der Kampf an der Spitze der Formel 1 weiter Fahrt auf? Mercedes befindet sich aktuell stark im Aufwind und hat zuletzt auch das Rennen in Österreich gewinnen können - wenn auch unter besonderen Umständen. Und zu der verbesserten Form kommt seit diesem Monat auch ein erhöhtes Testkontingent in Sachen Aerodynamik dazu.
Denn am 30. Juni wurden die Testbeschränkungen für alle Teams neu verteilt. Mercedes ist dabei einer der größten Profiteure im Handicap-System, bei dem erfolgreiche Teams weniger Zeit im Windkanal und mit CFD bekommen als die Rivalen, die in der Tabelle weiter unten zu finden sind.
Für die Silberpfeile heißt das: Sie dürfen zehn Prozent mehr Entwicklungszeit nutzen als in der ersten Saisonhälfte, nämlich nun 85 Prozent anstatt 75 Prozent bezogen auf den Referenzwert, der beim siebtplatzierten Team festgesetzt ist.
Konkret heißt das: Mercedes darf innerhalb einer Testperiode, von denen vor dem Jahr sechs zeitlich festgelegt wurden, 272 Windkanal-Versuche bei einer Belegzeit von 340 Stunden bei 68 Stunden Wind-On-Time durchführen.
Zum Vergleich: In der ersten Jahreshälfte standen dem Team pro Periode nur 240 Windkanal-Versuche mit 300 Stunden Belegzeit und 60 Stunden Wind-On-Time zur Verfügung.
Die Zuteilung richtet sich immer nach dem WM-Stand. Als WM-Zweiter des Vorjahres bekam Mercedes in den ersten sechs Monaten nur die zweitwenigste Entwicklungszeit zur Verfügung, mit Stichtag 30. Juni wird die aktuelle Tabelle herangezogen, wo Mercedes zwei Plätze abgerutscht ist und dementsprechend zusätzliche Kapazitäten bekommt.
Dafür büßen Ferrari und McLaren jeweils fünf Prozent ein, weil sie im Vergleich zu 2023 um jeweils eine Position in der Tabelle aufgerückt sind.
Red Bull bleibt wie in den vergangenen Jahren der Klassenprimus und muss mit den geringsten Möglichkeiten auskommen, die 70 Prozent des Referenzwertes betragen. Die Bullen haben damit 224 Windkanal-Versuche bei einer Belegzeit von 280 Stunden und einer Wind-On-Time von 56 Stunden.
Russell: Lieber Punkte als Position
Und obwohl Mercedes jetzt stark profitiert, hält George Russell das System nicht für ausgereift und würde sich eine konkrete Änderung wünschen: "Das Windkanal-Ding ist wirklich gut, aber es basiert im Moment auf Positionen und nicht auf Punkten", sagt er.
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"Red Bull hat doppelt so viele Punkte wie das zweitplatzierte Team in der Konstrukteurswertung (2023; Anm. d. Red.), und sie bekommen den gleichen Unterschied in der Windkanalreduzierung wie der Zweite und der Dritte." Er würde sich da eine stärkere Abstufung wünschen.
"Letztes Jahr gab es zwischen Mercedes und Ferrari nur drei Punkte Unterschied, also würde es den Teams vielleicht helfen, schneller aufzuholen, wenn es auf der Anzahl der erzielten Punkte und nicht auf der tatsächlichen Position in der Meisterschaft basieren würde."
Haas muss 15 Prozent abgeben
Im Hinterfeld profitiert vor allem Alpine, die von sechs auf acht zwei Plätze gefallen sind, aber dadurch mit zehn Prozent zusätzlicher Entwicklungszeit (105 statt 95 Prozent) ausgestattet werden - genau wie Williams (110 statt 100). Auch Sauber verliert eine Position, hat als Letzter aber nun die größten Kapazitäten (115 Prozent).
Das Team Racing Bulls muss hingegen zehn Prozent seiner Aero-Entwicklung abgeben, weil man von Rang acht auf sechs gesprungen ist - man tauscht also im Grunde die Werte.
Größter "Verlierer" ist jedoch Haas, die als Letzter des Vorjahres bislang die größten Profiteure des Handicap-Systems waren, sich aber gleich um drei Plätze nach vorne gearbeitet haben und damit nur noch den Referenzwert von 100 Prozent statt 115 wie bisher nutzen können.
Die Zuteilung ändert sich erst wieder am nächsten Stichtag, dem Jahreswechsel 2024/2025. Dann wird der Endstand der aktuellen Saison als Basis herangezogen.