"Bei fast allen auf der Liste": Warum bleibt Albon trotzdem bei Williams?
Er wurde mit Red Bull und Co. in Verbindung gebracht, entschied sich aber für einen Verbleib bei Williams - Was führte zu der Entscheidung von Alexander Albon?
(Motorsport-Total.com) - "Ich werde nicht sagen, mit welchen Teams ich gesprochen habe. Aber es gab einige", verrät Alexander Albon, als er im Vorfeld des Formel-1-Rennens in Imola über seine jüngste Vertragsverlängerung bei Williams spricht. Der 28-Jährige hat sich langfristig an seinen aktuellen Arbeitgeber gebunden.
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Alexander Albon wird auch in den kommenden Jahren für Williams fahren Zoom Download
Für viele Beobachter kam diese Entscheidung durchaus etwas überraschend, denn der ehemalige Red-Bull-Pilot wurde in den vergangenen Monaten unter anderem immer wieder mit einer Rückkehr zu den Bullen in Verbindung gebracht.
Und auch Teamchef James Vowles verrät, dass Albon mit seinen Leistungen im Vorjahr viel Interesse auf sich gezogen habe. "Teamchefs reden im Hintergrund miteinander, und Alex stand bei fast allen, mit denen ich gesprochen habe, auf der Liste", betont Vowles.
Für ihn persönlich sei das keine Überraschung gewesen, denn: "2023 hat Alex einen wirklich beeindruckenden Job gemacht", erinnert er. Da holte Albon 27 der 28 WM-Punkte des Teams und führt Williams in der Weltmeisterschaft damit quasi im Alleingang auf P7.
"Ich denke, Alex war schon vorher als starker Fahrer bekannt", so Vowles. Doch im Vorjahr habe er das mit seinen Leistungen noch einmal unterstrichen. "Das gibt immer Anlass zur Sorge", sagt Vowles über das Interesse, das Albon damit bei anderen Teams geweckt habe.
Denn zwar wäre Albons vorheriger Williams-Vertrag ohnehin noch bis Ende 2025 gelaufen. Doch Vowles stellt klar, dass es bereits vor dem Beginn der Saison 2023 sein Bestreben gewesen sei, Albon langfristig an das Traditionsteam aus Grove zu binden.
Albon-Verlängerung eines der wichtigsten Ziele für Vowles
Vowles, der erst seit 2023 Teamchef bei Williams ist, verrät: "Alex und ich haben im Januar letzten Jahres zu Abend gegessen, da hatte ich noch nicht bei Williams angefangen. Ich habe mit Alex zu Abend gegessen und habe ihm gesagt: 'Ich will dich an meiner Seite haben.'"
"Zu diesem Zeitpunkt habe ich ihm bereits gesagt: 'Ich möchte, dass du langfristig hier bleibst'", so Vowles, der es in den folgenden Monaten tatsächlich schaffte, Albon davon zu überzeugen, dass Williams das richtige Team für seine Zukunft sei.
"Ich habe ziemlich offen gesagt, dass es an uns liegt, Alex zu beweisen, warum dies langfristig der richtige Ort für ihn ist, [...] und warum wir ihm ein Auto bieten können, das er verdient hat", so Vowles. Denn aktuell ist Williams ohne einen einzigen Punkt WM-Vorletzter.
Und Vowles weiß, dass Albon mit 28 Jahren jetzt "die besten Jahre seiner Karriere" vor sich hat. Es sei also ein wichtiger Vertrag für ihn, und er spüre daher die Verantwortung, "sicherzustellen, dass wir Alex alles zur Verfügung stellen [um erfolgreich zu sein]."
Doch warum entschied sich Albon, an dem angeblich fast alle Teams in der Formel 1 Interesse hatten, für den Rennstall, der aktuell WM-Neunter ist? Denn selbst wenn man die Gerüchte um eine Red-Bull-Rückkehr außer Acht lässt, gibt es noch immer zahlreiche Teams, die zumindest auf dem Papier aktuell attraktiver als Williams aussehen.
"Zunächst einmal kenne ich das Team und die Leute. Ich glaube an die Projekte, ich glaube an James und den Vorstand", betont Albon selbst und erklärt, dass Williams seiner Meinung nach deutlich mehr Potenzial habe, "als wir momentan zeigen".
Darum sieht Albon mehr Potenzial bei Williams
"Wenn ich mir anschaue, was das Team in den nächsten paar Jahren erreichen sollte, sollte das mehr als bei den Teams sein, gegen die wir aktuell fahren", so Albon. Heißt: Auch wenn andere Teams in der WM aktuell vor seinem Arbeitgeber liegen, ist das Willaims-Potenzial seiner Meinung nach größer.
Von außen sei das nicht sichtbar, aber hinter den Kulissen gebe es unter der Führung von Vowles aktuell einige "Erdbeben", so Albon, der erklärt: "Es wird etwas mehr Zeit brauchen, bis sich das wirklich zeigt." Wie genau diese Veränderungen in Grove aussehen, das will er nicht verraten.
"Aber ich sehe es. Ich bin ein Teil davon. Und ich glaube daran", stellt er klar und betont: "Ich sehe die Schritte, die das Team macht. Und sie sehen alle sehr logisch aus und scheinen bereits zu funktionieren." Das "Fundament" bei Williams sei jetzt langsam "solide", so Albon.
"Und ich denke, das war vor ein paar Jahren noch nicht so", verrät Albon, der bereits seit 2022 für den Traditionsrennstall an den Start geht. Damals war es noch Jost Capito, der ihn als damaliger Teamchef nach Grove holte. 2023 übernahm dann Vowles.
Und gerade der neue Teamchef habe dann "eine große Rolle" bei seiner Entscheidung gespielt, seinen Vertrag noch einmal zu verlängern. "Natürlich habe ich meine Optionen offen gehalten und mit anderen Teams gesprochen", verrät Albon.
Aber letztendlich habe er eigentlich nie Zweifel an seiner Zukunft bei Williams gehabt, weil er auch gespürt habe, wie sehr seine eigene Arbeit dort geschätzt werde. "Das ist natürlich auch ein Grund dafür, warum ich beim Team unterschrieben habe", betont Albon.
Setzte der Fahrermarkt Williams unter Druck?
Kein Grund seien dagegen die anderen Aktivitäten auf dem Fahrermarkt gewesen, erklärt Vowles. Denn der Wechsel von Lewis Hamilton zu Ferrari, der bereits vor Saisonbeginn bekanntgegeben wurde, sorgte dafür, dass deutlich früher als sonst Bewegung in den Markt kam.
Davon habe sich Williams aber nicht beeinflussen lassen. "Für mich hat sich nicht viel geändert, denn ich hatte mit Alex schon 2023 darüber gesprochen, wie es langfristig aussieht. Für mich persönlich hat sich also nicht allzu viel geändert", stellt Vowles klar.
Fotostrecke: Die Vertragslaufzeiten der aktuellen Formel-1-Fahrer
Franco Colapinto (Argentinien) ersetzt bei Williams Logan Sargeant und bestreitet ab dem Italien-Grand-Prix in Monza die restlichen Saisonrennen 2024. Mehr ist nicht vereinbart. Fotostrecke
Letztendlich habe man die selbst gesetzte "Deadline" für den neuen Vertrag eingehalten, und zwar ganz unabhängig von anderen Wechseln und Gerüchten, so der Teamchef. Albon selbst erklärt derweil, dass es "eine seltsame Zeit" auf dem Fahrermarkt sei, weil in diesem Jahr vieles "super früh" passiere.
Das mache es teilweise zu einem "Geduldsspiel", weil einige Fahrer ihre Entscheidung hinauszögern. Für ihn selbst sei es daher gut, dass dieses Thema mit seiner Unterschrift jetzt abgehakt sei. "Bei mir ging es nur darum, es erledigt und unterschrieben zu haben", so Albon.
Williams sei die beste Wahl für ihn gewesen, stellt er noch einmal klar, und erklärt, er könne sich jetzt "auf die Zukunft" fokussieren. Er habe keinen "Druck" im Hinblick auf seinen Vertrag mehr und damit einen klaren Kopf für den Rest des Jahres.
Was Vowles an Albon besonders schätzt
"Ich genieße es, hier zu arbeiten", betont er und lobt unter anderem die familiäre Atmosphäre in Grove. Und Vowles erklärt, er habe Albon in den kommenden Jahren unbedingt an seiner Seite haben wollen, "weil ich glaube, dass wir sehr gut zusammenarbeiten können."
Er verrät: "Netflix war dabei, als wir es in der Fabrik bekanntgegeben haben. Die Fabrik brach in Jubel aus. Alex ist eine Führungspersönlichkeit. Und damit habe ich eine Führungspersönlichkeit an meiner Seite, die in der Lage ist, 1.000 Menschen so zu führen, wie sie es für richtig hält."
Denn ihm seien nicht nur Albons Fähigkeiten im Auto wichtig. Er könne ein Team hinter sich bringen und sei ein ehrlicher Charakter, der sich nicht verstelle. "Das gilt auch für mich, und deshalb passen wir so gut zusammen. Er ist auch ehrlich, transparent und offen", so Vowles.
Diese Ehrlichkeit bedeutet unter anderem, dass er Albon keine falschen Versprechungen gemacht hat, was die kurzfristige Zukunft des Teams angeht. Denn Vowles macht auch in der Öffentlichkeit kein Geheimnis daraus, dass es ein langfristiges Projekt ist, Williams wieder nach vorne zu bringen.
Albon erklärt daher, dass er in dem Wissen seinen Vertrag verlängert habe, dass 2025 für Williams noch einmal eine schwierige Saison werden könnte. Ab 2026, wenn das neue Formel-1-Reglement greift, sieht er Williams aber gut aufgestellt. "Es sollte ein guter Schritt sein", so Albon.
"Wir müssen realistische Schritte nach vorne machen. Aber ich glaube, wir denken auch um die Ecke dabei, wie wir uns als Team vorne etablieren können. Schauen wir mal, ob mein Vertrag lang genug ist, um den Erfolg zu erleben", erklärt er mit einem Lachen.