Vowles gegen elftes F1-Team: "Meine Verantwortung gilt 900 Mitarbeitern"
James Vowles betont, dass er nichts gegen Andretti habe - Warum es seiner Meinung nach allerdings fatal wäre, zu diesem Zeitpunkt ein elftes Team aufzunehmen
(Motorsport-Total.com) - Die FIA hat Andretti in dieser Woche grünes Licht für einen Formel-1-Einstieg erteilt. Mit offenen Armen würde das Team in der Königsklasse allerdings nicht empfangen werden, sofern das Projekt überhaupt die noch nötige Zustimmung der FOM erhalten sollte.
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Williams-Teamchef James Vowles ist aktuell noch gegen weitere Teams Zoom Download
Nachdem sich Aston-Martin-Besitzer Lawrence Stroll bereits klar gegen ein elftes Team in der Startaufstellung ausgesprochen hat, betont nun auch Williams-Teamchef James Vowles: "Williams ist gegen die Ergänzung eines elften Teams - und zwar sehr stark dagegen."
Vowles macht dabei kein Geheimnis daraus, dass es bei der ablehnenden Haltung des Teams in erster Linie ums Geld geht. "Meine Verantwortung gilt 900 Mitarbeitern in meiner Firma", betont Vowles und verweist auf die Verluste, die Williams aktuell mache.
"Wir sind verlustreich. Wir sind unglaublich verlustreich", stellt er im Gespräch mit Sky klar. Obwohl die Formel 1 aktuell boomt, verlor der Traditionsrennstall im Jahr 2021 11,9 Millionen Pfund (knapp 14 Millionen Euro), 2022 waren es sogar 17,9 Millionen Pfund (knapp 21 Millionen Euro).
Und Vowles betont, er könne "garantieren", dass der Verlust 2023 noch "um ein Vielfaches" größer sein werde. Zudem könne er versichern, dass nicht nur Williams aktuell Verlust mache. "Ich würde sagen, dass die Hälfte der Startaufstellung [nicht profitabel] ist", so Vowles.
"Der Grund ist, dass wir in den Sport investieren, um besser zu werden", erklärt Vowles. "Wir glauben an die Richtung, in die der Sport geht", betont er und ergänzt: "Ich habe das Glück, dass wir Besitzer haben, die wirklich an das glauben, was wir tun, und die darin investieren."
Vowles warnt: Besitzer werden nicht ewig investieren
"Alle sagen, dass wir gut aufgestellt sind. Das sind wir auch in gewisser Hinsicht", betont er. Gleichzeitig wolle man aber "hunderte Millionen" investieren, "um den Sport besser zu machen", erklärt Vowles. Doch wie passt das damit zusammen, dass viele Teams Verlust machen?
Vowles erklärt: "Das bedeutet, dass irgendjemand irgendwo - ein Investor, Besitzer oder wer auch immer - mehrere zehn Millionen [Pfund] reinsteckt. Oder in unserem Fall tatsächlich ein Vielfaches davon." Er betont: "Momentan stecken [Team-]Besitzer Geld in den Sport."
"Aber unter gewissen Umständen wird das nicht mehr passieren", warnt der Williams-Teamchef und erklärt, kein gewöhnlicher Mensch würde auch nur ein Pfund in ein Formel-1-Team investieren, "wenn ich verraten würde, wie viel man davon wieder zurückbekommt."
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Daher müsse man "sehr vorsichtig" sein, denn ein weiteres Team würde noch mehr "Verlust" für Williams und einige weitere Teams bedeuten. Hintergrund: Kommt ein elftes Team hinzu, müssten die Einnahmen der Formel 1 in Zukunft an elf statt zehn Rennställe ausgeschüttet werden.
Folglich würde jedes der zehn aktuellen Teams erst einmal ein kleineres Stück vom großen Kuchen bekommen. Vowles erklärt daher, dass es zwar durchaus "vernünftig" sei, über ein elftes Team nachzudenken - allerdings erst dann, "wenn das zehnte Team in der Startaufstellung finanziell stabil ist", stellt er klar.
Und das sei aktuell noch nicht der Fall. Er sei keinesfalls grundsätzlich gegen neue Teams, "aber der Kuchen muss dadurch größer und nicht kleiner werden. Und bislang wird er nur kleiner", betont er und stellt klar, dass die Einnahmen für alle Teams bei einem weiteren Rennstall "signifikant" schrumpfen würden.
Mehrwert durch Andretti? Vowles fordert Beweise
Genau deshalb ist für neue Formel-1-Teams eigentlich ein Antrittsgeld in Höhe von 200 Millionen Dollar festgeschrieben. Diese sogenannte "Anti-Verwässerungs-Gebühr" soll den Rückgang bei den Einnahmen für die bestehenden Rennställe ausgleichen.
Laut Vowles ist diese Summe aber viel zu gering, denn bei zehn Teams würde jeder Rennstall gerade einmal 20 Millionen Dollar erhalten. Und selbst bei einer deutlich höheren Summe würden laut Vowles weitere Probleme für die existierenden Teams entstehen.
"Wir kämpfen schon jetzt um die gleichen Sponsoren", nennt er ein Beispiel. In Zukunft würde auf dem Markt dann noch ein weiteres Team mitmischen, was auch in diesem Bereich noch einmal weniger Einnahmen für einige Rennställe bedeuten könnte.
Andretti selbst argumentiert dagegen, dass man den Einnahmentopf der Formel 1 als elftes Team vergrößern könne, sodass es am Ende einen größeren Kuchen für alle gebe. Vowles stellt allerdings klar, dass Andretti dafür noch keine Beweise geliefert habe.
"Wir haben mit Haas ein amerikanisches Team. Wie hilft uns ein zweites amerikanisches Team? Wir haben drei Rennen in Amerika. Wie hilft da ein amerikanisches Team? Es gibt Wege, um das zu tun. Aber bis jetzt warten wir noch [auf Belege]", stellt Vowles klar.
Vowles: Erst weiteres Wachstum, dann neue Teams
Er verweist darauf, dass es in der Formel 1 endlich ein "nachhaltiges Gebilde" gebe. "Die Teams arbeiten immer mehr zusammen und wir haben enges Racing als Resultat", betont er und erklärt, man solle den Sport erst einmal weiter mit den bestehenden Teams wachsen lassen.
Die Formel 1 solle in den kommenden Jahren "unglaublich stark" werden, und erst dann sollte man seiner Meinung nach über neue Teams nachdenken. Der Williams-Teamchef erinnert daran, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass reihenweise Hersteller aus der Formel 1 ausgestiegen sind.
Vowles spricht dabei aus eigener Erfahrung. Er war 2008 Teil des Honda-Werksteams, als die Japaner ihren Rückzug aus der Formel 1 verkündeten. Ein Jahr später verabschiedeten sich auch Toyota und BMW aus der Königsklasse, Renault verkaufte sein Werksteam 2010.
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Vowles betont daher, die aktuellen Teams müssten erst einmal finanziell stabil sein, "damit wir sicherstellen, dass das nicht [wieder] passiert", bevor man neue Teams in die Formel 1 hole. "Das richtet sich nicht gegen Andretti oder GM - im Gegenteil", stellt der Teamchef klar.
Er betont, "dass eine Organisation und ein Hersteller wie GM in unserem Sport absolut willkommen wäre." GM könne "den Sport besser machen", glaubt er und stellt klar, ihm gehe es keinesfalls darum, neue Leute auszuschließen, sondern "den Sport zu schützen, den wir aktuell haben."
"Es ist vielleicht traurig, so darüber zu reden. Aber da stehen wir momentan", so Vowles.