Als letztes Team: Haas wechselt Konzept mit Austin-Update
Was US-Rennstall Haas mit einem großen Update anders machen will als bisher und wann sich das aktuelle Design des VF-23 als eine "Sackgasse" erwiesen hat
(Motorsport-Total.com) - "Ich glaube, es hatte sich bereits vor ein paar Monaten abgezeichnet, dass das Auto in dieser Form eine Sackgasse sein würde." So beschreibt Formel-1-Fahrer Nico Hülkenberg, weshalb Haas für sein Austin-Update auf ein neues Designkonzept wechselt - auf eben das Konzept, das inzwischen alle Formel-1-Teams verwenden, nur Haas noch nicht.
Dabei handelt es sich um die nach hinten deutlich abfallenden Seitenkästen, was die Ingenieure auch als "Downwash"-Design bezeichnen. Sprich: Die Luft wird über den Seitenkasten hinweg nach unten hin zum Unterboden geleitet. Und das steht im Kontrast zum sogenannten Inwash-Design, das Haas bislang nutzt und von dem sich vor Monaten zum Beispiel schon Ferrari verabschiedet hat.
Der Grund für den Sinneswandel bei Haas ist laut Teamchef Günther Steiner: "Wir haben keine Leistung mehr gefunden. Wir haben das ganze Jahr entwickelt, aber da gab es nichts zu finden. Und irgendwann musst du dann mal was anderes ausprobieren. Und wir konnten nicht weiter herumrätseln, während unsere Gegner gleichzeitig zulegen."
Haas fühlt sich durch McLaren motiviert
Das Beispiel McLaren zeige, wie es einem Formel-1-Team gelingen könne, mit einem großangelegten Update deutliche Fortschritte zu erzielen. Denn mit dem Spielberg-Update hat McLaren den Sprung ins vordere Mittelfeld geschafft.
Die eigene Schwäche und die teilweise rasante Entwicklung der Konkurrenz habe ein Umdenken bei Haas eingeleitet, sagt Steiner. Und: "Irgendwann kommt der Punkt, an dem du der Realität ins Auge sehen und das Konzept wechseln musst."
Diesen Prozess hat der US-Rennstall bereits vor geraumer Zeit eingeleitet. Deshalb sind größere Updates für den VF-23 zuletzt auch ausgeblieben, "weil wir keine Leistung gefunden haben", so erklärt es Steiner. "Es gibt keinen Grund, Teile zu produzieren, wenn das Auto damit nicht schneller wird. Und das Geld, das wir bisher gespart haben, können wir jetzt für das große Update ausgeben."
Warum der Designwechsel noch 2023 erfolgt
Dieses Update gibt beim USA-Grand-Prix in Austin am 22. Oktober 2023 sein Debüt, im fünftletzten Grand Prix des Jahres, bei einem Heimrennen des Teams. Ausschlaggebend für das Timing ist aber vor allem, dass Haas 2023 noch möglichst viele Erkenntnisse für 2024 sammeln will.
Oder wie es Teamchef Steiner formuliert: "Nächstes Jahr verlassen wir uns vollkommen auf [das neue Konzept]. Deshalb sagten wir uns: Machen wir es schon dieses Jahr, damit wir möglichst viel für nächstes Jahr lernen können. Und vielleicht stoßen wir ja beim Einsatz an der Rennstrecke auf etwas, das sich ins nächstjährige Auto integrieren lässt."
So weit in die Zukunft denkt Hülkenberg beim Haas-Update noch gar nicht. Er erhofft sich erst einmal einen "großen Schritt nach vorne" für die restlichen Rennen des Jahres, wenngleich er "dazu nur spekulieren" könne, weil das Update gerade erst entsteht. "Und da gibt sich das Team wirklich große Mühe", sagt Hülkenberg.
Hülkenberg: Haas hatte gar keine andere Wahl
Haas könne vom Umbau des VF-23 aber nur profitieren: "Mehr Leistung hilft bei allem. Denn mehr Leistung bedeutet mehr Abtrieb. Das bedeutet weniger Rutschen. Und das bedeutet weniger Probleme am Sonntag." Das sei eine "ganz einfache Rechnung".
Eben diese Rechnung sei mit dem aktuellen Auto nicht zu machen. "Die Leistung ist einfach nicht da", sagt Hülkenberg. "Natürlich kannst du am Set-up arbeiten, aber wir kennen das Auto jetzt in- und auswendig. Da kam zu wenig rüber. Dann muss man meiner Meinung nach die Philosophie ändern."
"Wir sind ja auch das letzte Team mit diesem Konzept und wir wurden dieses Jahr ganz klar von anderen Teams mit anderen Konzepten überholt. Das spricht für sich."
Was drin ist für Haas in den kommenden Rennen
Und nun erhofft sich Hülkenberg vom Austin-Update ein "verfrühtes Weihnachtsgeschenk" mit mehr Leistung auf der Rennstrecke, nach zuletzt vielen enttäuschenden Rennwochenenden ohne Punkte. Denn Haas hat zuletzt in Österreich einige WM-Zähler mitgenommen und ist seither in der Konstrukteurswertung hinter Williams zurückgefallen.
Alleine beim jüngsten Grand Prix in Monza hat Williams sechs weitere Punkte zwischen sich und Haas gelegt. Doch Monza sei besonders "schlecht und schwierig" für Haas gewesen, betont Hülkenberg. "Ich glaube, das war unser schlechtestes Rennen bis zum Saisonende."
Wenig Abtrieb und viel Vollgas sei Gift für den VF-23, meint der deutsche Formel-1-Fahrer. Da sei das Auto "nicht besonders effizient" und entwickle "keine gute Balance". Deshalb habe er Monza gleich direkt nach der Zieldurchfahrt "aus meinem Gedächtnis gestrichen", weil er sich über den Sonderstatus dieses Rennens im Klaren sei.
"Ich bin optimistischer für Singapur", sagt Hülkenberg. "Viel Abtrieb, einige langsame Passagen, das sollte uns definitiv liegen. Suzuka dürfte vielleicht wieder schwieriger werden, aber der Rest dann ziemlich okay."