• 27. Juli 2023 · 20:54 Uhr

Carlos Sainz: Ferrari SF-23 hat "unglückliche Charakteristiken"

Wie das Fazit der beiden Ferrari-Fahrer Charles Leclerc und Carlos Sainz zur Hälfte der Formel-1-Saison 2023 ausfällt und welche Ziele bis zum Jahresende gelten

(Motorsport-Total.com) - "Vergangenes Jahr hatten wir zum gleichen Zeitpunkt der Saison das Ziel, Rennen zu gewinnen. Jetzt ist alles viel enger und Red Bull ist viel weiter weg. Wir haben also nicht genügend Fortschritte erzielt", sagt Charles Leclerc. Das Ferrari-Zwischenfazit zur Hälfte der Formel-1-Saison 2023 könne daher nur negativ ausfallen.

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Charles Leclerc im Ferrari SF-23 vor Teamkollege Carlos Sainz beim Formel-1-Rennen in Ungarn 2023 Zoom Download

Und Tatsache ist: Aktuell fährt das italienische Traditionsteam seinen Ansprüchen hinterher. Mit 167 Punkten belegt der Rennstall aus Maranello nur den vierten Platz in der Konstrukteurswertung, in der Fahrerwertung ist kein Ferrari-Fahrer unter den Top 5 vertreten. Das hatte sich die Mannschaft um Teamchef Frederic Vasseur anders vorgestellt. "Und das ist uns auch bewusst", meint Leclerc.

Laut Sainz ist der SF-23 der Hauptschuldige für diese Situation. Der spanische Rennfahrer bescheinigt seinem Dienstwagen "unglückliche Charakteristiken", weil er extrem anfällig auf unterschiedliches Wetter, Streckenbedingungen, Temperaturen oder Wind reagiere.

"Deshalb spielt es eigentlich keine Rolle, wie viele Fortschritte du machst über eine Saison hinweg mit mehr Abtrieb und mehr Leistung, denn das Auto wird immer noch sehr sensibel auf all diese Dinge reagieren", meint Sainz. Sprich: Diese Grundcharakteristiken ist Ferrari bisher nicht los geworden.

Das verzerrte Bild im vorderen Formel-1-Mittelfeld

Doch das ist nur ein Faktor unter mehreren. Denn wo Ferrari zwar "ziemliche Fortschritte" erzielt habe, so Sainz, hätten sich "Teams wie McLaren und Mercedes ebenfalls deutlich gesteigert". Und das wiederum "lässt es so aussehen, als hätten wir selbst nicht so viel geschafft".

Das werde dem bisherigen Saisonverlauf aber nicht gerecht, sagt Sainz: "Noch in Kanada oder Österreich sah es so aus, als hätten wir am meisten entwickelt. Jetzt hatten wir zwei schwächere Wochenenden und es wirkt, als entwickeln wir nicht genug. Bei den zwei nun anstehenden Wochenenden dürften wir wieder besser aussehen, also entsteht der Eindruck, wir entwickeln besser."

Er erkenne hier ein Muster, einen "Kreislauf", sagt Sainz. Und ein finales Fazit dazu werde es erst nach Saisonende geben, weil man müsse schon den "Saisondurchschnitt heranziehen, um herauszufinden, wie gut man wirklich war", so meint er.

Die neue Realität für Ferrari in der Saison 2023

Positiv könne die Rückschau für Ferrari aber nicht ausfallen, denn das Team habe schon einen "relativ frustrierenden Saisonauftakt" gehabt, "nachdem wir erkannt hatten, dass uns Red Bull so viel voraus sein und dass es schwierig werden würde, es mit Red Bull aufzunehmen. Ich schätze, wir hatten alle erwartet, etwas besser dazustehen."

Stattdessen aber findet sich Ferrari im vorderen Mittelfeld wieder, mal ein Stück weiter vorne, mal etwas weiter hinten. Oder wie es Sainz formuliert: "Das Feld ist ziemlich nahe zusammengerückt. Es gibt große Schwankungen. An manchen Wochenenden kämpfst du um Platz drei, an anderen kommst du auf P8 ins Ziel. Dabei geht die reine Leistung vielleicht nur ein Zehntel hin oder her, und das ist nicht viel."

Für ein Team mit so großem Leistungsdruck wie Ferrari sei es "ein Unterschied, ob du Dritter wirst oder Achter", sagt Sainz. "Das müssen wir jetzt aber hinnehmen, denn da stehen wir aktuell. Wenn wir an einem Wochenende um P5 kämpfen müssen und das ist unser Maximum, dann müssen wir feiern, dass wir unser Maximum erreicht haben mit dem, was wir dieses Jahr zur Verfügung haben."

Laut Leclerc ist das Rennauto nicht gut genug

Und dieses Material ist laut Leclerc "nicht schnell genug" und "das wissen wir. Und wir tun alles dafür, um schnellstmöglich wieder dorthin zu gelangen, wo wir hinwollen."

Allerdings müsse Ferrari nicht nur auf technischer Seite nachlegen. Auch das Auftreten an der Strecke lasse aktuell zu wünschen übrig, sagt Leclerc: "Schon der kleinste Unterschied kann großen Einfluss nehmen auf das Resultat. Als Team müssen wir uns an der Strecke auf jedes einzelne Detail konzentrieren."

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Charles Leclerc beim Formel-1-Rennen in Budapest 2023 Zoom Download

"Denn jetzt macht das mehr denn je den Unterschied beim Endergebnis, speziell im Qualifying. In Ungarn haben wir hier und da sicherlich etwas Leistung liegenlassen, mit großen Konsequenzen für unser weiteres Wochenende."

Und Ungarn ist nur ein Beispiel von vielen in der Saison 2023, bei denen Ferrari Fehler gemacht hat - sei es am Kommandostand, bei der strategischen Ausrichtung oder bei der Kommunikation mit den Fahrern.

Ferrari hat große Ziele für die zweite Saisonhälfte

Trotzdem sieht Leclerc Chancen auf Besserung in der zweiten Saisonhälfte: "Ich denke, ein realistisches Ziel dürfte sein, P2 in der Konstrukteurswertung zu belegen. Das wird eine ziemliche Aufgabe, denn McLaren mischt jetzt ebenfalls mit. Mercedes ist immer stark und Aston Martin derzeit etwas weniger. Aber ich habe keinen Zweifel, dass Aston Martin wieder zurückschlagen wird."

"Also: Das ist unser Ziel. Es kommen noch ein paar Updates im weiteren Verlauf der zweiten Saisonhälfte. Die machen dann hoffentlich einen Unterschied und helfen uns, unsere Ziele zu erreichen."

Warum Sainz vor zu großen Erwartungen warnt

Sainz wiederum warnt vor überzogenen Erwartungen an das Ferrari-Team und formuliert weitaus bescheidenere Ziele. Es gehe in der zweiten Saisonhälfte vorrangig darum, "das ganze Potenzial des Fahrzeugs zur Entfaltung zu bringen" und "möglichst viele Punkte für die Konstrukteurswertung" zu holen.

Außerdem müsse Ferrari "aufhören, einen Sieg oder einen Podestplatz zu erwarten", weil es erst einmal "die entscheidenden Dinge hinkriegen" und vor allem konstant agieren müsse.

Wie Vasseur im Hintergrund die Weichen stellt

Ob es Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur gelingt, all das umzusetzen? Laut Leclerc installiert Vasseur bereits eine "neue Denkweise" im Team, wenn auch "langsam". Das werde "mittel- bis langfristig den Unterschied ausmachen", meint Leclerc.

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Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur ist erst seit einem halben Jahr bei der Scuderia Zoom Download

"Es ist aber auch seine erste Saison im Team. Wir müssen ihm Zeit geben, bis sich diese Änderungen auf der Rennstrecke bemerkbar machen."

Vasseur habe sich im ersten halben Jahr bei Ferrari schließlich erst einmal ein Bild der Lage verschaffen müssen. Und "Ferrari ist ganz sicher eine andere Hausnummer als Alfa Romeo", sagt Leclerc. "Aber Fred hat von Anfang an verstanden, wo unsere Baustellen sind."

Vasseurs Vision lässt die Fahrer zuversichtlich sein

Der Ferrari-Teamchef habe eine "Vision, wie wir künftig vorgehen sollten, wie die Pläne aussehen", so Leclerc weiter. "Das stimmt mich zuversichtlich, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen. Wann wir aber wieder vorne mitkämpfen können, das ist schwierig vorherzusagen. Aber es gibt diesen Plan und ich bin wirklich zuversichtlich, dass wir damit den Unterschied ausmachen können."

Auch Sainz gibt sich optimistisch, weil "die Richtung und die Idee sehr klar" seien. Man habe die Fehler am aktuellen Auto erkannt und "derzeit geben wir alles, um die Änderungen umzusetzen", sagt Sainz.

"Während der Saison ist es ziemlich schwierig, auf einmal alles umzubauen, gerade unter der Budgetobergrenze. Aber die Richtung steht und wir entwickeln das Auto im Werk und im Simulator, um diese Änderungen zu machen."

"Ich bin zuversichtlich, dass es besser wird. Ich bin mir aber auch sicher, nächstes Jahr wird jeder einen ziemlich großen Schritt machen. Deshalb müssen wir uns auf uns selbst konzentrieren."

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