• 27. Juli 2022 · 14:03 Uhr

Mercedes nach Doppelpodium: "Müssen bescheiden bleiben"

Mercedes fuhr in Frankreich das bislang beste Saisonergebnis 2022 ein - Teamchef Toto Wolff betont allerdings, dass die Spitze aktuell noch immer zu weit weg sei

(Motorsport-Total.com) - Im zwölften Saisonrennen standen 2022 zum ersten Mal beide Mercedes-Piloten auf dem Podium. Lewis Hamilton und George Russell holten in Frankreich die Positionen zwei und drei und sorgten damit für das bislang beste Saisonergebnis der Silberpfeile.

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Lewis Hamilton und George Russell standen erstmals gemeinsam auf dem Podium Zoom Download

"Wenn wir das [nach dem Qualifying] gehört hätten, hätten wir es sofort genommen", gesteht Teamchef Toto Wolff bei 'Sky'. Denn am Samstag hatte man die Positionen vier und sechs belegt und lag dabei fast eine Sekunde hinter der Spitze.

0,893 Sekunden hatten Hamilton in der Qualifikation gefehlt, Teamkollege Russell sogar 1,259 Sekunden. Im Rennen habe der Rekordchampion dann aber "eine Riesenpace" gehabt, und auch Russell sei "ein starkes Rennen gefahren", lobt Wolff.

Klar ist aber auch, dass der Mercedes-Teamchef mit der Gesamtleistung am Wochenende nicht zufrieden ist. "Man schaut natürlich immer auf den Führenden", sagt er und erklärt im Hinblick darauf: "Der Rückstand ist einfach zu groß."

Zwar fehlten Hamilton am Sonntag in Le Castellet im Ziel nur 10,5 Sekunden auf Rennsieger Verstappen. Ein realistisches Bild war das allerdings nicht, weil der Rückstand zum einen durch das Safety-Car verzerrt wurde.

Und zum anderen fuhr der Weltmeister am Ende des Rennens mit angezogener Handbremse, um seine Reifen zu schonen. "Wenn der vorne richtig Gas gibt, dann fährt er sechs oder sieben Zehntel pro Runde schneller", glaubt Wolff.

Mercedes aktuell noch nicht siegfähig

"Und da hoffen wir, dass wir da näher drankommen", sagt er und stellt unmissverständlich klar: "Unser Auto ist momentan nicht gut genug, um mit den Jungs vorne kämpfen zu können." Mit P2 und P3 habe man daher in Le Castellet das "Maximum" herausgeholt.

Immerhin: Den zweiten Red Bull von Sergio Perez konnte man am Sonntag mit beiden Autos schlagen. Für Russell keine Überraschung. "Wir hatten erwartet, dass wir mit Checo und Carlos [Sainz] mithalten können", sagt er bei 'Sky'.

"Aber Max und Charles [Leclerc] sind in dieser Hinsicht noch einen Schritt vor ihren Teamkollegen", erklärt er und fordert daher: "Wenn wir um Siege kämpfen wollen, dann müssen wir noch immer mehr Performance finden."


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Zumindest sieht er sein Team aber schon "auf dem richtigen Weg" und erklärt: "Seit Österreich haben wir eine klare Richtung, in die wir bei der Entwicklung gehen müssen. [...] Ich denke, nach der Sommerpause wird es aufregend werden!"

Und bei 'ServusTV' resümiert Wolff nach dem Frankreich-GP: "Renntag gut, Qualifyingtag nicht und in Summe müssen wir einfach besser werden." Laut Russell würde eine bessere Qualifikation bereits für einen viel leichteren Sonntag sorgen.

"Es hilft nicht, wenn wir Tage wie [in Le Castellet] haben, an denen Lando [Norris] vor mir startet und Fernando [Alonso] vorbeikommen. Wenn wir uns in der dritten Reihe qualifizieren können, dann denke ich, dass wir jetzt Woche dabei sein können", so Russell.

Reifen und Set-up passen noch nicht

Ein Knackpunkt scheinen aktuell noch die Reifen zu sein. Wolff verrät, dass man die Reifen im Qualifying teilweise erst in der zweiten oder dritten schnellen Runde ins "optimale Fenster" bringe und dadurch Rundenzeit verliere.

"Dann fehlt natürlich der Peak aus der ersten fliegenden Runde", erklärt er und ergänzt: "Im Rennen verlieren wir zu Beginn drei Sekunden, und dann stabilisieren wir uns und sind eigentlich gar nicht so schlecht." Aktuell suche man noch den Grund dafür.


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Um Rennen sei es so, "dass wir die ersten zwei, drei Runden einfach überhaupt nicht mithalten können. Und das pendelt sich dann einigermaßen ein. Wir sind dann innerhalb von zwei, drei Zehnteln mit der Spitze", berichtet Wolff.

Und auch beim Set-up gibt es laut dem Teamchef weiterhin Luft nach oben. Zwar hat man das Bouncing inzwischen im Griff, doch Wolff erklärt im Hinblick auf die Abstimmung: "Zu hart hat eben nicht funktioniert. Vielleicht sind wir jetzt zu weich."

"Mit jeder Runde sammeln wir mehr Daten und verstehen etwas mehr. Wir setzen die kleinen Puzzleteile zusammen. Das ist ein Prozess, der manchmal schwierig ist", erklärt der Österreicher. Aktuell ist Mercedes daher noch auf Fehler der Gegner angewiesen.

Podium zu wenig: Nur Siege zählen für Mercedes

Dinge wie der Ausfall von Leclerc oder der Motorwechsel von Sainz in Frankreich spielten "uns in die Karten, weil wir in der Konstrukteurs-WM einen Schritt nach vorne gemacht haben", erinnert Wolff, der aber auch klarstellt: "Bei uns geht es nicht darum."

"Es geht darum, dass wir echt aus eigener Kraft gewinnen", stellt er klar. Und die Voraussetzung dafür sieht er aktuell noch nicht. Er erinnert: "Wir haben vor Frankreich gesagt: 'Hurra, jetzt sind wir dabei. Wir fahren jetzt alles in Grund und Boden.'"

"Und siehe da, wir waren eine Sekunde weg im Qualifying", betont er und erklärt, Mercedes müsse daher "noch bescheiden bleiben." Aktuell braucht es für Ergebnisse wie in Le Castellet eben noch Ausrutscher der beiden Topteams.

Während Ferrari in diesem Jahr bereits sieben Ausfälle verkraften musste und die beiden Red-Bull-Piloten zusammen ebenfalls schon fünfmal nicht die Zielflagge sahen, ist der Unfall von Russell in Silverstone der einzige Mercedes-Ausfall in diesem Jahr.

"Vielleicht fahren wir jetzt zu konservativ", grübelt Wolff und erklärt: "Ich denke, wir haben unsere Lektion aus dem vergangenen Jahr gelernt. Man kann bei der Zuverlässigkeit keine Kompromisse eingehen, denn dann kommt man nicht ins Ziel."

Zuverlässigkeit passt, Performance noch nicht

2021 hatte Mercedes kleinere Probleme mit der Zuverlässigkeit des Motors gehabt. Davon ist 2022 aktuell nichts mehr zu spüren. So liegen die Silberpfeile in der WM aktuell nur 44 Punkte hinter Ferrari, obwohl die Scuderia das deutlich schnellere Auto hat.

"Man kann auf der Strecke am schnellsten sein, aber wenn dein Auto kaputtgeht, dann holst du keine Punkte", erinnert Wolff, der warme Worte von seinem Ex-Fahrer Nico Rosberg bekommt. Der 'Sky'-Experte lobt nämlich "die ganze Stimmung bei Mercedes."

"Man spürt, dass die jetzt positiv motiviert sind", hat der Weltmeister von 2016 beobachtet und erklärt: "Man sieht jetzt auch Toto, wie gelacht wird und so. Das ist eine schöne Dynamik, die da ist bei Mercedes, und das gibt Hoffnung."


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Rosberg glaubt, dass Mercedes "mit ein bisschen Glück" in diesem Jahr "vielleicht doch noch den ein oder anderen Sieg" einfahren kann. Auf die entsprechende Frage, wie er die Chancen für Ungarn einschätze, reagiert Wolff mit Humor.

"Ich hoffe besser, weil wir haben uns [vor Frankreich] gedacht, wir sind voll dabei - und waren es nicht. Budapest ist noch nicht unsere Strecke, also sollten wir dort richtig gut sein", grinst der Teamchef.

Realistisch gesehen wird man aber auch dort wieder auf Fehler der Konkurrenz oder außergewöhnliche Umstände angewiesen sein. Zumindest aktuell noch ...

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