• 18. Februar 2022 · 17:16 Uhr

Mercedes-Motorenchef: E10-Benzin wird in der F1 2022 entscheidend

Hywel Thomas von Mercedes erklärt die Herausforderungen für die F1-Saison 2022 aus Motorensicht - Völlig neues Chassis und E10 als größte Kriegsschauplätze

(Motorsport-Total.com) - Unter Autofahrern in Deutschland seit einem Jahrzehnt leidenschaftlich debattiert, kommt nun auch E10-Sprit in die Formel 1. Bei der Initiative, möglichst schnell klimafreundlich zu werden, wird im ersten Schritt der Bio-Anteil im Benzin erhöht. Das ist aber nicht die einzige Herausforderung für die Formel-1-Saison 2022. Mercedes-Motorenchef Hywel Thomas erklärt ausführlich, womit sich Brixworth in den vergangenen Monaten beschäftigt hat.

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Die Antriebseinheit muss in der F1 2022 mit einem völlig neuen Chassis harmonieren Zoom Download


Frage: "Herr Thomas, die neue Saison bringt eine neue Power Unit mit sich, was können Sie uns über die Mercedes M13 erzählen?"
Hywel Thomas: Unsere Antriebseinheit für die Saison 2022 baut auf der Generation von Weltmeister-Power-Units auf, die wir seit Beginn des aktuellen Reglementzyklus im Jahr 2014 in Brackley produziert haben. Vor jeder Saison geht es darum, mehr Leistung und mehr Zuverlässigkeit zu finden und das Gesamtpaket der Power Unit weiterzuentwickeln."

"In diesem Jahr kommt ein komplett neues Chassis hinzu, in das wir die Power Unit integrieren müssen - inklusive all der Herausforderungen und Chancen, die das mit sich bringt. Für 2022 war es ein umfangreiches und tiefgreifendes Projekt, und wir haben in diesem Jahr mehr Teile der Antriebseinheit geändert als in jeder anderen Saison seit 2014."

"Die Veränderungen sind so tiefgreifend, dass wir unseren Ansatz für das Design und die Entwicklung geändert haben. Wir haben früher begonnen und im Laufe der Entwicklung an mehr Punkten mit unseren Technologien experimentiert. Es ging nicht darum, den gleichen Aufwand über einen längeren Zeitraum zu verteilen, sondern darum, über einen längeren Zeitraum ein sehr hohes Maß an Aktivität zu haben."


Frage: "Das neue Reglement für 2022 und darüber hinaus friert die Power Units ein, was genau bedeutet das?"
Thomas: "2021 war das erste Jahr des Reglementzyklus, in dem wir die Performance-Spezifikation der Power Unit zu Beginn der Saison einfrieren mussten. Für 2022 wurde uns eine letzte Leistungsverbesserung zugestanden, die größtenteils zu Beginn der Saison erfolgen muss. Nur die ERS-Verbesserung hat bis zum 1. September Zeit."


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"Das wirkt sich nicht nur auf 2022 aus, da die Performance-Spezifikation bis zum Beginn des nächsten Reglementzyklus im Jahr 2026 eingefroren wird. Das Projekt für 2022 war sehr umfangreich. Es handelt sich um ein sehr umfassendes Upgrade der verschiedenen Elemente, um das letzte Quäntchen an Leistung, Effizienz und Zuverlässigkeit herauszuholen. Es gibt auch von der FIA vorgeschriebene Messungen, insbesondere beim ERS, die wir ebenfalls berücksichtigen mussten."

Was das neue Chassis-Reglement bedeutet

Frage: "Welche Möglichkeiten haben sich durch das neue Chassis-Reglement für Brixworth ergeben? Sind dadurch neue Herausforderungen für die Power Unit entstanden?"
Thomas: "Es ist immer ein interessantes Projekt, wenn es so bedeutende Änderungen am Chassis-Reglement gibt. Das Chassisteam hat sich sehr gewissenhaft und zügig durch das neue Reglement gearbeitet, um dessen Möglichkeiten auszuloten."

"Wir nehmen Änderungen an der Antriebseinheit vor, die es dem Chassisteam ermöglichen, das Reglement bestmöglich zu nutzen. Es kann sein, dass wir die Installation etwas abändern oder das Power-Unit-Layout ändern müssen, um mehr Flexibilität in den Bereichen zu erhalten, die für eine gute Rundenzeit wichtiger sind."

"Die andere Sache ist, dass wir nie wirklich wissen, wie viel Leistung wir in Bezug auf die Chassis-Performance finden werden. Wir haben einige sehr gute Simulationstools, die wir natürlich nutzen, um abzuschätzen, wo das Chassis am Ende stehen wird. Aber wir wissen es nicht mit absoluter Sicherheit."


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"Das bedeutet, dass wir erst dann genau wissen, wie die Power Unit auf der Strecke zum Einsatz kommt und wie sie reagieren muss, wenn wir richtig auf der Strecke fahren. Wir müssen eine ganze Reihe von Möglichkeiten abdecken, um die Power Unit auf alles vorzubereiten, was uns erwartet.


Frage: "Wie eng haben Brixworth und Brackley vor der Saison 2022 zusammengearbeitet? Was waren die wichtigsten Meilensteine bei der Kooperation?"
Thomas: "Wenn es eine große Regeländerung gibt, bedeutet das, dass die Verbindungen zwischen Brixworth und Brackley stärker als je zuvor sein müssen. Wir müssen sicherstellen, dass wir jeden Bereich des Chassis und der Antriebseinheit optimal ausnutzen."

"Meines Erachtens war die Zusammenarbeit in diesem Jahr extrem stark. Das ist äußerst wichtig, besonders in einem Jahr, in dem sich so viel geändert hat. Natürlich arbeiten wir auch eng mit unseren Kundenteams zusammen. Das Gute daran ist, dass wir dadurch auf zusätzliche, äußerst talentierte Ingenieure zurückgreifen können, die sich das Reglement ansehen und Möglichkeiten erkennen, wie die Power Unit in das Chassis integriert werden kann, um ihnen bei der Arbeit am Chassis zu helfen. Die Zusammenarbeit mit Brackley findet auf einer anderen Ebene statt, aber die Kundenteams leisten einen wichtigen Beitrag. Das alles hilft dabei, die Power Unit zu verbessern.

Herausforderung E10

Frage: "In diesem Jahr wird ein neuer E10-Kraftstoff eingeführt, der zu 10% aus nachhaltigem Ethanol besteht. Welchen Einfluss hat das auf die Vorbereitungen?"
Thomas: "In einigen Ländern werden die Menschen mit E10-Kraftstoff vertraut sein, da dieser dort an den Zapfsäulen erhältlich ist. Wir haben zehn Prozent Ethanol im Kraftstoff. Das klingt nicht unbedingt nach einer großen Änderung. Aber es ist eine ziemlich bedeutende Veränderung in der Art und Weise, wie Kraftstoff und Power Unit zusammenwirken."

"Es war eine große Herausforderung, aber wir können auf eine gute Entwicklungsphase zurückblicken, in der wir sehr eng mit unserem Partner Petronas zusammengearbeitet haben. Das war absolut entscheidend. Wir haben in diesem Jahr mehr Proben getestet und mehr Entwicklungsschleifen durchlaufen als in den vergangenen Jahren. Dabei haben wir einige interessante Lösungen gefunden. Es ist ein nachhaltiges Ethanol der zweiten Generation - ein kleiner, aber wichtiger Schritt in die richtige Richtung, was Nachhaltigkeit betrifft."


Frage: "Erwarten wir angesichts der neuen Regeln und Veränderungen am Kraftstoff Performance ein anderes Verhalten der Power Unit in der Saison 2022?"
Thomas: "Die Power Unit wird sich über eine Runde anders verhalten als im vergangenen Jahr. Obwohl es schwierig sein dürfte, den Unterschied in der Rundenzeit wirklich zu erkennen, wird das Auto im Allgemeinen anders funktionieren und Abtrieb und Performance auf eine neue Weise erzeugen."

"Die Fahrer werden von der Power Unit zu unterschiedlichen Zeiten in den Kurven und möglicherweise von einer Kurve zur nächsten wegen der anderen Fahrzeugcharakteristik unterschiedliche Dinge verlangen. Die Dauer der Vollgasphase, das Anfahren der Kurven und das Rausbeschleunigen aus ihnen werden nicht mehr genau so sein wie früher. Das wird sich auch darauf auswirken, wie wir Energie zurückgewinnen und einsetzen."

"Wir werden schnell reagieren müssen, um dem Fahrer das zu liefern, was er verlangt. Ich denke, dass sich das Gesamtpaket des Autos im Laufe des Jahres stark weiterentwickeln wird. Die Art und Weise, wie die Antriebseinheit zu Beginn der Saison funktioniert, wwird ganze anders sein als bei den letzten Rennen 2022."

"Wir müssen eine große Anpassungsfähigkeit der Power Unit von Beginn an gewährleisten, weil ihre Leistung ja eingefroren wird. Deshalb ist es bei den Testfahrten vor Saisonbeginn absolut entscheidend, viel Zeit auf der Rennstrecke zu verbringen. Es gibt sehr gute Simulationswerkzeuge, die uns in den richtigen Bereich bringen. Aber nichts ist besser an der Realität, als die Power Unit ins Auto einzubauen und damit auf die Strecke zu gehen."


Frage: "Wie spannend war es, sich den Herausforderungen des neuen Reglements für 2022 zu stellen?"
Thomas: "Im Laufe dieses Zyklus gab es enorme Veränderungen am Reglement, sowohl auf der Chassis- als auch auf der Motorenseite. All das bietet Chancen und Herausforderungen für ein enthusiastisches Ingenieursteam wie das in Brixworth. Wir lieben es, zu analysieren, die Köpfe zusammenzustecken und dann alles zu tun, was wir können, um die bestmöglichen Produkte zu liefern."

"Es ist spannend zu sehen, wie Power Unit und Auto zusammenarbeiten, und was passiert, wenn wir auf die Strecke gehen. Das größte Potenzial für Rundenzeitverbesserungen und die offensichtlichsten Änderungen betreffen das Chassis. Aber Aspekte wie den E10-Kraftstoff und das Einfrieren bis 2026 sind sehr, sehr wichtige Dinge, die wir richtig hinbekommen müssen."

"Daher ist die Sorge noch größer als sonst ... Haben wir genug getan? Haben wir nichts unversucht gelassen? Das geht uns nicht aus dem Kopf. Das ist aufregend und beängstigend zugleich. Aber das ist der Grund, warum wir uns in der Formel 1 engagieren."

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