Formel-1-Technik: Was AlphaTauri vor uns verstecken wollte
AlphaTauri wollte die neue Vorderradaufhängung verstecken, doch beim Shakedown wurden die Neuerungen sichtbar - Bei Red Bull ist es jedoch nicht so einfach
(Motorsport-Total.com) - Wenn die Formel-1-Teams vor einer Saison ihre neuen Autos vorstellen, ist immer auch ein Stück Geheimniskrämerei dabei. Niemand möchte seine Geheimisse zu früh der Konkurrenz offenbaren, sodass immer wieder neue Wege gefunden werden, um seine Gegner abzulenken.
Die Red-Bull-Teams haben es in diesem Jahr wieder einmal auf die Spitze getrieben. Red Bull selbst hat keine Aufnahmen vom Filmtag mit seinem RB16B in Silverstone veröffentlicht, Schwesterteam AlphaTauri hat das Geheimnis seiner neuen Vorderradaufhängung bewahrt, in dem man einfach etwas ganz anderes gezeigt hat.
Das Team hatte bestätigt, dass man seine Token für Veränderungen an der vorderen Aufhängung ausgegeben hat. Die veröffentlichten Aufnahmen des neuen AT02 besaßen diese neuen Teile jedoch allesamt nicht. Doch der Täuschungsversuch hielt nicht lange: Fotos von äußeren Quellen beim Shakedown in Imola gaben einen Blick auf die Neuerungen frei.
In diesen Aufnahmen war die neue Nase bei AlphaTauri installiert, die einen schmaleren Körper, aber eine breitere Nasenspitze aufweist - ein häufig auftretender Trend im Feld. Die Halterungen stehen den üblichen Konventionen jedoch entgegen und sind außerhalb der Spitze angebracht. Vielleicht möchte man damit einen anderen aerodynamischen Effekt als die Gegner erzielen.
Dazu hat das Team auch den Bereich des Flügels überarbeitet, wo er sich mit der neutralen Sektion verbindet. Eine Wölbung wurde am Verbindungsstück eingeführt, damit der Y250-Wirbel mehr im Einklang mit der schmaleren Nase und dem Cape steht.
Noch interessanter als die Anpassungen an Nase und Frontflügel sind die Veränderungen bei der Hardware, wo das Team auf Komponenten wechselt, die Red Bull 2020 eingesetzt hat.
Eigentlich hatte man erwartet, dass AlphaTauri auf das Getriebe und die Hinterradaufhängung des RB16 wechseln würde, weil man dafür keine Token verwenden muss, allerdings wurde diese Logik an der Front verwendet, wo man auf den ungewöhnlichen Lenkaufbau des RB16 und RB16B setzt.
Bislang hatte AlphaTauri seine Lenkung linear zum tieferen vorderen Querlenker befestigt, was die Störungen des Luftstroms durch die Aufhängung reduzieren soll. Dass man diese jetzt weiter nach hinten setzt, dürfte aerodynamische Nachteile haben, da der Arm jetzt im freien Luftstrom liegt.
Allerdings kann man die Nase dadurch etwas schmaler machen, zudem ist es wahrscheinlich, dass es der Niveauregulierung bei der Bodenfreiheit zuträglich ist, woran das Team schon eine Weile arbeitet.
Kleine Bemerkung am Rande: Der Multilink-Aufbau des oberen Querlenkers, den Red Bull 2019 zum ersten Mal benutzt hat und der 2020 auch am AlphaTauri war, bleibt Teil des AT02.
Was hat Red Bull versteckt?
Red Bull war in der vergangenen Woche ebenfalls auf der Strecke. Der RB15 und der RB16B fuhren jeweils einen Shakedown in Silverstone. Leider wurde das Auto für 2021 aus den Linsen der externen Fotografen herausgehalten, sodass das Team seine Details etwas länger für sich behalten kann.
Aus den Studioaufnahmen ließ sich jedoch erkennen, dass Red Bull eher am Heck gearbeitet und seine Token dort ausgegeben hat. Man glaubt, dass der Einsatz dort am meisten bringt. So hat Red Bull die Flaschenhals-Region verschlanken können, was mit Änderungen an der Hinterradaufhängung einhergeht.
Die Aufnahmen zeigen, dass Red Bull seinen unteren Querlenker neu positioniert hat. Dieser liegt jetzt hinter der Pullrod-Stange anstatt davor. Das legt nahe, dass man einen ähnlichen Ansatz wie Mercedes mit dem W11 gewählt hat. Der untere Arm wurde so weit oben und hinten wie möglich befestigt, während die Spurstange an der Front der Anordnung befestigt wurde.
Mercedes hatte den unteren hinteren Querlenker des W11 an der hinteren Crashstruktur befestigt anstatt am Getriebegehäuse. Dadurch war der Arm nicht mehr im Weg der Diffusordecke, die seit 2017 bereits vor der Linie des Hinterradzentrums nach oben gehen durfte anstatt bei ihr.
Das hatte dazu geführt, dass die Teams einen abrupteren Übergang der Höhe von Unterboden und Diffusor genutzt haben. Dies führte zu einem Buckel vor dem Radzentrum anstatt der üblichen Keilform.
Dies fraß jedoch den Platz der Aufhängungselemente über dem Übergang und führte dazu, dass die Teams diese Elemente nach oben zogen, um den Luftstrom in die Flaschenhals-Region nicht zu stören.
Teams nutzten eine Radträger-Verlängerung, um den oberen Querlenker aus dem Weg zu heben, wodurch die unteren Aufhängungselemente ebenfalls angehoben werden konnten. Allerdings mussten sie aufpassen, die Antriebswelle nicht freizulegen, da diese aerodynamisch gesehen sehr schädlich sein kann.
Die Veränderungen von Red Bull und Mercedes sind ein Versuch, all diese Probleme in den Griff zu bekommen und weitere Verbesserungen zu erzielen, indem man den Querlenker in eine aerodynamisch bessere Position über dem Diffusorbereich bringt.
Red Bulls Lösung zeigt das Potenzial darin, denn eigentlich sträubt man sich dagegen, die Ideen von anderen zu verfolgen. Lieber beschreitet man seinen eigenen Weg - eigentlich.