Valtteri Bottas gibt zu: Ich brauche einen "Plan B"
Nico Rosberg berichtet von Insiderinformationen, wonach Esteban Ocon das Mercedes-Cockpit bekommen soll, und Valtteri Bottas legt sich einen Plan B zurecht
(Motorsport-Total.com) - August ist traditionell Hochphase der "Silly Season" in der Formel 1, und das ist 2019 nicht anders. Seit definitiv feststeht, dass Max Verstappen auch 2020 für Red Bull fahren wird, ist die spannendste Frage am Transfermarkt, wer Teamkollege von Lewis Hamilton bei Mercedes wird. Stand heute sind nur noch zwei Kandidaten im Rennen: Valtteri Bottas und Esteban Ocon.
Der ehemalige Mercedes-Weltmeister Nico Rosberg hat am Ungarn-Wochenende in der 'RTL'-Übertragung fallen gelassen, dass seine Informationen stark auf eine Beförderung von Testfahrer Ocon hindeuten. Eine Bemerkung, die er nun auf seinem YouTube-Kanal wiederholt: "Ich glaube, Ocon wird es wahrscheinlich bekommen. Er ist ein riesiges Talent für die Zukunft."
Bottas fahre zwar bisher "eine wirklich gute Saison", aber die beiden Fahrfehler in Hockenheim und in Budapest seien "genau das, was er jetzt nicht gebraucht hat. Ich neige dazu zu glauben, dass das das Ende für seine Zeit als Rennfahrer bei Mercedes ist. Die letzten zwei Rennen waren wirklich schwierig für ihn."
"Ich glaube, dass sie Ocon ins Auto setzen werden. Aber ich glaube auch, dass sie sich noch nicht entschieden haben. Ich tendiere ein bisschen zu Ocon. Mal schauen", so Rosberg. Richtig ist seine Einschätzung, dass die Entscheidung noch nicht gefallen ist. Das behauptet zumindest Teamchef Toto Wolff. Ungarn sei aber "total schlecht gelaufen" für Bottas: "Ein absolutes Seuchenrennen!"
Bottas drängt auf rasche Entscheidung
Noch immer keine Sicherheit für 2020 zu haben, obwohl die Entscheidung eigentlich für spätestens 20. Juli angekündigt war, bringt Bottas in die Bredouille. Denn sollte er das Mercedes-Cockpit nicht bekommen, muss er sich woanders um einen Job in der Formel 1 umschauen. Doch während er auf Mercedes wartet, könnten sich andere Möglichkeiten zerschlagen.
Insofern wäre es aus seiner Sicht fahrlässig, würde er einzig und allein auf die Karte Mercedes setzen. Ocon ist ein mahnendes Beispiel dafür, wie schnell ein etablierter Fahrer ohne Cockpit dastehen kann. Daher gibt Bottas offen zu: "Wenn du in meiner Situation bist und weiterhin Formel 1 fahren willst, brauchst du natürlich einen Plan B."
Nervös sei er "nicht wirklich", versichert der 29-Jährige - gleichzeitig gibt er aber zu, dass er am liebsten schon Klarheit haben würde. Es sei "sicher nicht leicht", einerseits Risiken eingehen zu müssen, um sich zu beweisen, andererseits damit aber die Wahrscheinlichkeit für Fehler wie in Hockenheim oder Budapest zu erhöhen.
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"Darum geht's in diesem Sport: das Limit zu finden und die Risiken möglichst genau zu kalkulieren. Hart zu attackieren, Chancen zu nutzen - aber keine Scheiße zu bauen, so wie heute. Kommt vor", seufzt Bottas. Nervös sei er zwar "nicht wirklich", was seine Zukunft betrifft, aber: "Natürlich wäre es schön, bald vom Team zu hören, wie sie weitermachen wollen."
"Wenn du hinsichtlich Vertrag in der Luft hängst, hilft das nie. Einige glauben ja, dass manche Fahrer unter Druck besser sind. Bei mir ist das nicht so. Ich habe in der ersten Kurve nicht konkret drüber nachgedacht, aber ich wollte unbedingt gewinnen und das Risiko eingehen. Ein paar Zentimeter hier und da - und das Rennen hätte ganz anders ausgehen können. Ist halt so."
Bottas: "Ein Rennen ändert nichts"
"Was soll ich machen? Ich bin heute ein bisschen Risiko eingegangen, weil ich außen in Kurve 1 in Führung gehen wollte. Von da an hatte ich in Kurve 2 und 3 ein bisschen Pech. Sonst hätte es ein ganz anderes Rennen werden können. Ich glaube aber nicht, dass ein Rennen irgendwas ändert. Hat Toto ja vor dem Wochenende schon gesagt. Ich bin mir sicher, dass wir bald schlauer sind", sagt er.
Als Bottas am Sonntag in der ersten Runde ausgerechnet seinem Teamkollegen Lewis Hamilton beinahe den linken Hinterreifen aufgeschlitzt hätte, ging es auf Social Media sofort mit hämischen Kommentaren los. Er habe gerade seine Kündigung unterschrieben, meinte zum Beispiel ein User. Ein Gefühl, das auch der eine oder andere Paddock-Kenner hatte.
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Aber: "Dieses eine Rennen spielt keine Rolle", gibt Wolff Entwarnung. "Wir werden uns alle Daten anschauen und analysieren, so wie wir das gesagt haben, nach Budapest. Wir legen jetzt alle verfügbaren Daten auf den Tisch. Dann werden wir eine Entscheidung treffen. Und es wird keine leichte Entscheidung werden."
Was Ungarn betrifft, sei er "richtig traurig" für Bottas, sagt der Mercedes-Teamchef: "Gestern nach dem Qualifying war er so aufgekratzt. Seine Leistung war brillant und seine Einstellung vor dem Rennen war genau richtig. Aber dann hat er Pech und fängt sich einen Bremsplatten ein, berührt Lewis, berührt Leclerc - in einer Runde ist die ganze harte Arbeit zunichtegemacht."
Den Mercedes-Vertrag hat Bottas nicht selbst in der Hand. Den WM-Kampf schon. Aber auch der entgleitet ihm. Nach 2:2 Siegen gegen Hamilton in den ersten vier Rennen konnte er von den letzten acht kein einziges mehr gewinnen. Hamilton hingegen gleich sechs. In der Gesamtwertung bedeutet das aktuell 62 Punkte Rückstand.
62 Punkte Rückstand: Jetzt erstmal Sommerpause ...
"Der Abstand ist groß - größer, als ich mir das wünschen würde", gibt Bottas zu. "Aber so ist es jetzt. Ich zerbreche mir darüber jetzt nicht den Kopf, sondern gehe erstmal dieses Rennen mit dem Team durch. Dann schauen wir weiter. Es sind noch viele Rennen zu fahren. Eine knifflige Situation."
Fotostrecke: Ungarn: Fahrernoten der Redaktion
Robert Kubica (5): Letzter Platz in Qualifying und Rennen ist im Williams eigentlich nichts Besonderes - beziehungsweise nicht besonders schlecht. Doch Russell hat gezeigt, dass in Ungarn ausnahmsweise mehr im Williams steckte. Das hat Kubica aber nicht umsetzen können. 1,3 Sekunden fehlten im Quali auf den Teamkollegen. Nicht akzeptabel. Fotostrecke
Immerhin: Rein theoretisch kann Bottas noch aus eigener Kraft Weltmeister werden. Wenn er von nun an alle neun Rennen mit schnellster Runde gewinnen sollte und Hamilton neunmal Zweiter wird, hätte er am Ende zehn Punkte Vorsprung. Das ist allerdings bestenfalls ein hypothetisches Zahlenspiel, um die Ausgangssituation greifbarer zu machen.
"Das Positive ist", sagt Bottas, "dass es von der Performance her meine beste Saison ist. Und ich werde immer noch besser. Die Qualifyings waren gut. Die Rennen werden besser. Heute kann man nicht einschätzen, wie gut meine Performance war. Es war ja ein ganz anderes Rennen."
"Negativ ist, dass wir ein paar Chancen ausgelassen haben. Manchmal als Team, manchmal aber auch ich selbst", räumt er ein. "Ich muss da mehr Konstanz reinbringen. Besonders die letzten zwei Rennen waren nicht gut."
Wäre er in Hockenheim Zweiter geworden und hätte er Budapest gewonnen (was bei normalem Rennverlauf ohne Fehler zumindest möglich gewesen wäre), würde die WM-Situation ganz anders aussehen. Dann hätte Bottas nicht 62, sondern 15 Punkte Rückstand.
Aber in der Formel 1 zählen bekanntlich keine Konjunktive, sondern nur harte Fakten ...