• 29. Juli 2019 · 17:48 Uhr

Dragstrip in Hockenheim: Leclerc & Hamilton üben Kritik

"Inakzeptabel", "wie auf Eis": Ring-Geschäftsführer Georg Seiler und FIA-Rennleiter Michael Masi wehren sich gegen die Kritik von Charles Leclerc und Lewis Hamilton

(Motorsport-Total.com) - Die berühmten NitrolympX finden zwar erst von 16. bis 18. August am Hockenheimring statt, doch der Dragstrip vor der Südkurve, wo die Dragster auf die Viertelmeile ihre Beschleunigungskraft austesten, sorgte schon beim Grand Prix von Deutschland der Formel 1 am vergangenen Wochenende für Diskussionen.

Mehrere Piloten rutschten bei schwierigen Wetterverhältnissen an der Stelle von der Strecke, allen voran Charles Leclerc, Lewis Hamilton und Nico Hülkenberg. Die Drei verloren im Motodrom die Kontrolle über ihr Fahrzeug - und als sie außerhalb des Randsteins auf den Dragstrip kamen, fanden sie überhaupt keinen Grip mehr.

"Das war wie auf Eis", sagt Hamilton und kritisiert den Dragstrip direkt neben der Ideallinie: "Ich finde, das ist ein ziemlich schwacher Aspekt des Designs dieser Strecke." Andererseits möchte er das nicht als Ausrede für seinen Ausrutscher gelten lassen: "Sonst wäre da halt Schotter. Aber auf Schotter hätte es mich vielleicht nicht so weit nach außen getragen."

Leclerc haut in die gleiche Kerbe: "Es ist inakzeptabel, in den letzten beiden Kurven solchen Asphalt in der Auslaufzone zu haben. Ich finde das sehr gefährlich. Ich hatte noch Glück, denn ich bin vielleicht mit 70 km/h abgeflogen. Aber der Grip sollte auch in einer Auslaufzone nicht so plötzlich abreißen."

Leclerc betont: Dragstrip soll keine Ausrede sein

Der Ferrari-Pilot stellt klar: "Das soll keine Ausrede für meinen Unfall sein. Da übernehme ich die volle Verantwortung. Aber sie sollten sich das genau anschauen und es für die nächsten Jahre anders lösen. Ich wusste schon, dass es dort wenig Grip hat. Aber dass es so wenig sein würde, hat mich dann doch überrascht."

Ring-Geschäftsführer Georg Seiler kann die Aufregung um den Dragstrip nicht nachvollziehen. Dragster wird dort seit den späten 1980er-Jahren gefahren, und dass der Asphalt dafür mit einer Art Gummimasse überzogen wird, die bei Regen natürlich keinen Grip bietet, ist auch nicht neu. Bei den bisherigen Regenennen, zuletzt 2018, hat das nie jemanden gestört.

"Der Strip wird nach jedem Dragster-Event gereinigt. Die DTM ist auch dort gefahren, und da gab's noch nie Probleme. Die Strecke wurde auch so abgenommen, wie sie ist", verteidigt sich Seiler im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Das Problem war, dass dort Wasser stand. Als sie gebremst haben, hatten sie Aquaplaning. Es wäre ein Leichtes, das auf die Strecke zu schieben."

Unterstützung erhält Seiler von FIA-Rennleiter Michael Masi. Der sieht kein Problem mit dem Dragstrip: "Wir haben ihn ein paar Tage vor dem Event inspiziert, und nach dem Rennen, mit dem Regenwasser, noch einmal. Da ist alles okay." Natürlich sei der Grip besonders im Nassen geringer als auf konventionellem Asphalt. Aber darauf, sagt er, müssen sich die Fahrer einstellen.

Das ist nicht allen gelungen. Einigen aber schon. Lando Norris zum Beispiel passierte an der Stelle kein Malheur. Das hatte einen guten Grund: "Ich hatte meinen Zwischenfall schon in der Out-Lap in die Startaufstellung", gibt der McLaren-Fahrer zu und erklärt: "Ich hätte mir fast in die Hosen gemacht! Alle standen da und warteten auf mich. Das wäre richtig peinlich geworden."

Norris: Wollte es so machen wie Alonso

Der Hintergrund ist kurios: "Wir bekommen vor einem Wochenende immer ein Video, das wir uns anschauen müssen. Diesmal war da eine Onboard-Runde von Fernando drauf, als er noch bei Ferrari war. Er fährt auf seiner Hot-Lap mit beiden Rädern über den Randstein, auf den Dragstrip. Das wollte ich auch probieren. Aber da wäre mein Rennen beinahe vorbei gewesen, bevor es überhaupt begonnen hatte!"

"Von daher wusste ich, wie gefährlich das dort ist, aber ich sagte es natürlich keinem. Die sollen das ruhig mal selbst rausfinden! Die Jungs haben beschleunigt, aber da kannst du dann einfach nichts mehr unternehmen. Du wirst nicht langsamer, und wenn du dann einschlägst, bist du Passagier", sagt Norris und fordert: "Ich finde, dass sie das für nächstes Jahr ändern sollten."

Eine Forderung, die wahrscheinlich ins Leere geht, weil die Formel 1 Stand heute 2020 nicht mehr am Hockenheimring stattfinden wird. Aber Norris' Teamchef Andreas Seidl ermahnt die Fahrer dazu, sich ihre Kritik an den Strecken gut zu überlegen. Denn einerseits wird stets gejammert, dass Fahrfehler nicht mehr bestraft werden. Wenn es dann mal so ist, hagelt es aber genauso Kritik.

"Ich würde nicht der Strecke die Schuld an den Ausritten geben", sagt Seidl. "Ich höre gleichzeitig immer die Kritik, dass wir andere Strecken brauchen, auf denen Fehler nicht so leicht verziehen werden, mit Kiesbetten und einer Mauer. Ich glaube, wir müssen schon ein bisschen darauf aufpassen, dass wir keine unterschiedlichen Botschaften senden."

Übrigens: Seine Lektion hat in Zusammenhang mit dem Dragstrip Leclerc gelernt. In seinen ersten TV-Interviews hatte er noch klargestellt, dass er keine Headlines a la "Leclerc gibt der Strecke die Schuld" lesen möchte. "Aber das Erste, was ich auf Social Media lese, ist genau das", ärgert er sich. "Deshalb sage ich jetzt nichts mehr zu diesem Thema ..."

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