• 30. Juni 2018 · 14:17 Uhr

Nach Vettel-Crash in Frankreich: FIA prüft härtere Strafen

Charlie Whiting räumt ein, dass über den Vettel-Bottas-Crash intern diskutiert wurde - Künftig könnten die Folgen eines Unfalls für das Strafmaß eine Rolle spielen

(Motorsport-Total.com) - Auch am Red-Bull-Ring in Spielberg beschäftigt Sebastian Vettels Startcrash von Le Castellet noch die Gemüter. Nachdem zuletzt aus dem Mercedes-Team versöhnliche Töne zu vernehmen waren, prüft jetzt Rennleiter Charlie Whiting mögliche Auswirkungen auf künftige Strafen in ähnlichen Situationen. Vettel hatte nach seinem Unfall mit Valtteri Bottas nach dem Start eine Fünf-Sekunden-Strafe aufgebrummt bekommen. An der Entscheidung der Kommissare hagelte aus dem Silberpfeil-Lager zunächst harsche Kritik.

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Rennleiter Charlie Whiting spricht mit den Kommissaren noch über Vettels Unfall Zoom Download

"Fünf Sekunden ist doch gar nichts. Er hat Valtteris Rennen komplett zerstört und seines dazu", klagte beispielsweise Niki Lauda. Auch Lewis Hamilton warf ein, dass Vettel trotz Strafe noch vor Bottas ins Ziel kam. Rennleiter Whiting verwies noch in Frankreich aber darauf, dass es nicht Aufgabe der Kommissare sei, die Auswirkungen eines Unfalls in ihre Entscheidung mit einzubeziehen. Sie würden nur den Vorfall selbst bewerten und nicht, was sich nachher daraus entwickelt.

Mit einigen Tagen Abstand räumt der FIA-Verantwortliche in Österreich ein, dass künftig auch die Folgen von Unfällen eine Rolle in der Bewertung spielen könnten. Entsprechend würden die Strafen dann höher ausfallen, wenn ein Pilot mit einer Aktion beispielsweise das Rennen eines anderen zerstöre. "Wir sprechen darüber gerade mit den Stewards", sagt Whiting. "Möglich, dass wir das Tor für etwas öffnen, das wir so nicht auf dem Zettel hatten. Aber einige denken, dass würde mehr dem gesunden Menschenverstand entsprechen", verweist der 66-Jährige darauf, dass auf gravierende Folgen gravierendere Strafe ausgesprochen werden sollten.

Startunfall nicht vergleichbar mit Crash in der Mitte des Rennens

"Im Normalfall schauten die Kommissare bisher nicht auf die Konsequenzen, die sich aus einem Unfall ergeben. Fairerweise muss man aber sagen, dass es im Unterbewusstsein wohl doch eine kleine Rolle spielte", räumt Whiting ein. "Nehmen wir mal an, Vettel hätte in Le Castellet nach dem Unfall ohne Probleme weiterfahren können. Dann hätten die Stewards wahrscheinlich gedacht: Das ist nicht fair. Er hat Valtteris Rennen zerstört, klar sein Fehler. Wahrscheinlich wäre ihre Entscheidung dann ein wenig anders ausgefallen." Bisher waren die Kommisssare angehalten, diese Überlegungen bewusst nicht anzustellen - dies könnte sich nun ändern.


Fotostrecke: Kollision zwischen Vettel und Bottas

Der Rennleiter sieht diese Diskussion aber nicht unkritisch, denn im umgekehrten Fall könnte sie die Kommissare auch dazu verleiten, auf berechtigte Strafen zu verzichten. Etwa, wenn der schuldige Pilot durch sein Handeln selbst aus dem Rennen geflogen ist. "Was wäre gewesen, wenn Valtteri ohne Problem weitergefahren wäre? Vettel war Schuld an dem Unfall, aber wenn man dann die Folgen betrachtet, hätte man ihn dann noch bestraft? Denn er hätte seine Konsequenzen ja schon bekommen, wäre zurückgefallen, während der andere normal weitermacht. Eine Art Selbstbestrafung, wenn man so will. Darüber diskutieren wir aktuell", so Whiting.

Die Kritik, dass Max Verstappen nach seinem China-Crash mit Vettel eine Zehn-Sekunden-Strafe bekommen hätte, während der Ferrari-Star in Frankreich mit fünf Sekunden davon kam, will der FIA-Mann aber nicht gelten lassen. Es sei ein Unterschied, ob ein Unfall unmittelbar nach dem Start oder zur Mitte des Rennens passiere. "Man muss Unfälle in den ersten Kurven oder der Auftaktrunde mit anderen Augen bewerten. Hier kann man eher etwas durchgehen lassen, was man zehn Runden später nicht mehr akzeptieren würde", stellt er klar.

Kommissare haben Datenbank zur Bewertung ähnlicher Szenen

Ebenso dürfe die Unfallhistorie eines Fahrers bei der Bewertung einer Szene keine Rolle spielen. "Was in den Rennen davor war, ist egal. Dafür gibt es das System mit Strafpunkten. An diesem Eckpfeiler wird auch nicht gerüttelt", sagt Whiting unmissverständlich.

"Man muss Unfälle in den ersten Kurven oder der Auftaktrunde mit anderen Augen bewerten. Hier kann man eher etwas durchgehen lassen, was man zehn Runden später nicht mehr akzeptieren würde."Charlie Whiting
Seit zweieinhalb Jahren setzt die Rennleitung das sogenannte "Race Watch Stewards Review"-System ein, das den Kommissaren ermöglichen soll, konsistente Entscheidungen zu treffen. In einer Datenbank, auf die alle FIA-Kommissars Zugriff haben, sind alle Zwischenfälle, die seit dem Beginn der Formel-1-Saison 2016 untersucht wurden, mit Videobildern und Details zur jeweiligen Entscheidungsfindung hinterlegt. So können die Kommissare vergleichbare Zwischenfälle aus vergangenen Rennwochenenden vergegenwärtigen, selbst wenn sie dort nicht im Einsatz waren.

"Das ist ein guter Versuch, um konstante Entscheidungen zu bekommen. Die Stewards können sich jeden Vorfall ansehen und gucken, wie das Urteil ausfiel, wie es begründet wurde und wie hoch das Strafmaß war", erklärt Whiting. "Sie können sich schnell einen Überblick verschaffen. Nehmt die Sache heute, als Vandoorne gefährlich vor dem Ferrari aus der Box kam. Sie haben sich angeschaut, wie ihn ähnlichen Fällen geurteilt wurde. Es gab einen vergleichbaren Vorfall mit Lewis 2016. Damals war die Strafe so, dann ist sie heute auch so. Da ist das Prinzip", erklärt der Formel-1-Rennleiter.

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