Formel-1-Technik 2017: Williams und Sauber zeigen Trends auf
Nach der Präsentation des FW40 und des C36 wird klar, was die Designer aus der Regelnovelle machen: Ground-Effekt, S-Schacht und viel Konstanz - vorerst
(Motorsport-Total.com) - Nach der Veröffentlichung von Fotos des neuen Williams-Boliden FW40 und der Präsentation des Sauber-Renners C36 ist klar, wie die neue Formel 1 aussehen wird. Beide Teams sind mit ihren Designs erstaunlich nahe an dem geblieben, was erste Konzepte auf Basis des novellierten Technikreglements für die Saison 2017 suggerierten. Die Revolution - so mag man meinen - sei wieder einmal ausgeblieben. Auf den zweiten Blick jedoch wird klar, wie innovativ die Autos wirklich sind.
Williams und Sauber zeigten Frontflügel, der weitgehend identisch sind mit denen von 2016, in der Mitte aber weiter vorstehen, um die neue V-Form zu realisieren. Weil sich so die segmentierten Seitenelemente näher an den Pneus befinden, soll die Luft besser um die breiteren Vorderreifen geleitet werden - und das Hinterherfahren hinter einem Konkurrenten erleichtert werden. Stichwort: "Aerodynamische Stabilität". Sie genießt beim C36 sogar Vorrang gegenüber einem maximalen Abtrieb.
Das heißt: Allgemein lieber etwas weniger Anpressdruck, der dafür aufgrund äußerer Einflüsse wie Luftverwirbelungen durch vorausfahrende Autos konstanter gewährleistet wird. Das schont dank ruhigerer Straßenlage sowie mehr Beherrschbarkeit die Reifen und erlaubt es, einfacher zu überholen. Gut möglich, das nicht nur Jörg Zander als neuer Technikchef in Hinwil dieser Marschroute folgt, sondern viele weitere Teams, die in den kommenden Tagen die Tücher von Machwerken ziehen.
Bei den Nasen gehen Williams und Sauber ebenfalls ähnliche Wege. Erneut kommen kleine "Daumen" an ihrer Spitze zum Einsatz. Die Konstruktionen sind stärker nach unten gezogen, was an Formel-1-Renner der Neunzigerjahre erinnert, wirken im Profil mit ihrer Delle vor der Vorderachse jedoch wie ein Entenschnabel.
Die Briten setzen dazu auf den von Mercedes bekannten S-Schacht, bei dem durch eine Hutze unter der Nase Luft zu einem Auslass auf dem Chassis auf Höhe der Achse geführt wird. Die neue Technik soll bei Williams für zusätzlichen Anpressdruck sorgen.
Praktisch ist, dass so der (2017 zwangsläufig ansteigende) Luftwiderstand nicht vergrößert wird, was dem Topspeed abträglich wäre. In Kombination mit maximaler Gewichtsreduktion könnte in dem Aspekt der Schlüssel für einen erfolgreichen Formel-1-Boliden unter den neuen Regeln liegen. Diesem Leitmotiv folgen auch die vielen Finnen rund um das Cockpit herum. Williams und Sauber verhindern, dass das Cockpit Luft "einsaugt" und führen den Luftstrom weiter am Chassis entlang.
Die nach hinten gezogenen Seitenkästen (erstaunlicherweise sind die Lufteinlässe trotz mehr Platz nicht gewachsen) offenbaren Spielereien mit den Unterböden, die breiter geworden sind. Williams lässt ihn an der Karossiere überstehen, während Sauber durch eine nun erlaubte Wölbung im Profil eine neue Variante des aus den Siebziger- und Achtzigerjahren bekannten Ground-Effekt erzeugt.
Durch die entstehende Höhle sammelt sich Luft unter dem Unterboden, die den Renner auf den Asphalt presst und mit mehr Bodenhaftung schneller durch Kurven rasen lässt - in der Theorie. Die Airbox des FW40 ist gewachsen, um möglicherweise neben dem Motor auch das Getriebe und weitere Teile zu kühlen. Die des C36 kommt raffinierter daher: Ihr Überrollbügel ist extrem schmal und teilt den Lufteinlass mittig.
Das spart Gewicht und kommt der Kühlleistung zugute. Dahinter zeigt sich die befürchtete "Schrankwand": Eine große Finne auf der Motorabdeckung, die bei Sauber noch extremer ist als bei Williams, soll den Heckflügel in der Kurvenmitte perfekt anströmen.
Der niedrigere und breitere Flügel selbst hat bei den Schweizern eine Einbuchtung in der Mitte und gebogene Endplatten, während sich die Briten in diesem Bereich weniger experimentierfreudig zeigen und eine konservativere Lösung durchblicken lassen. Jedoch ist zu betonen, dass die Formel-1-Boliden in der Vergangenheit bei den Testfahrten und beim Grand-Prix-Auftakt häufig ganz anders aussahen als bei den Studio-Fotos für die Präsentation. Zum einen pokern die Teams und wollen der Konkurrenz wenig Informationen zuspielen, zum anderen werden kleinere Aeroteile (zum Beispiel die Bargeboards an den Seiten des Cockpits) gewöhnlich als letztes in das Puzzle eingefügt.