Red Bull bestätigt: Verstappen ersetzt Kwjat ab sofort!
Drastische Konsequenzen für die Rambo-Aktionen und Formschwäche: Verstappen fährt schon in Barcelona für Red Bulls A-Team, Kwjat muss zurück zu Toro Rosso
Daniil Kwjat ist nicht der erste Red-Bull-Youngster, den es knüppeldick trifft: Von den zwölf Talenten, die die Österreicher bisher in die Formel 1 brachten, sind sieben aus den Renncockpits verschwunden. Wir zeigen ihre Schicksale und die Erfolgsstorys.
Christian Klien (2004-2006): Mit Unterstützung von Red Bull debütierte der Österreicher 2004 bei Jaguar in der Formel 1. Nach der Übernahme des Rennstalls durch den Engergy-Drink-Hersteller fuhr Klien auch 2005 und 2006 bei den meisten Grands Prix für das nun Red-Bull-Racing genannte Team an der Seite von David Coulthard. Ende 2006 schied Klien nach Streitigkeiten über einen Wechsel in die ChampCar-Serie aus dem Red-Bull-Kader aus. Später war der Österreicher Testfahrer für Honda und BMW-Sauber und fuhr 2010 drei Rennen für HRT. Bis zuletzt war Klien im Langstreckensport aktiv.
Vitantoni Liuzzi (2005-2007): Bereits in Red-Bull-Farben wurde Liuzzi 2004 in überlegener Manier letzter Meister der internationalen Formel 3000. In der Saison 2005 saß er bei vier Rennen anstelle von Christian Klien im zweiten Red-Bull-Cockpit, 2006 und 2007 ging er für Toro Rosso an den Start, erwarb sich dort aber den Ruf eines schlampigen Talents. Auch bei Force India konnte sich der Italiener 2009 und 2010 nicht durchsetzen. Nach einer letzten Formel-1-Saison 2011 für HRT war "Tonio" Liuzzi zuletzt im Langstreckensport und der Formel E aktiv.
Robert Doornbos (2006): Der Niederländer wurde von seinem früheren Formel-3000-Teamchef Christian Horner 2006 zu Red Bull geholt und vertrat bei den letzten drei Saisonrennen Christian Klien. In der Vorsaison war er bereits acht Rennen für Minardi gefahren. Nach nur elf Rennen war seine Formel-1-Karriere aber schon beendet. Doornbos wechselte in die US-amerikanische ChampCar-Serie, wo er 2007 zwei Rennen gewann. Ende 2011 wurde es um den Niederländer still. Heute ist er TV-Experte und im Investment-Business erfolgreich.
Scott Speed (2005-2007): Der Pilot mit dem wohlklingenden Namen galt Mitte des vergangenen Jahrzehnts nach Erfolgen in der GP2 als große Formel-1-Hoffnung der USA. Nach einem Jahr als Testfahrer bei Red Bull fuhr Speed 2006 und 2007 für Toro Rosso. Dort brachte er Teamchef Franz Tost gegen sich auf, der Speed einmal als "dümmsten Fahrer" bezeichnete. Mitten in der Saison wurde der US-Amerikaner gefeuert und kehrte in seine Heimat zurück, wo er in der NASCAR-Szene aktiv war. Mittlerweile sind die Formel E und die Rallycross-Branche sein Jagdrevier.
Sebastian Vettel (seit 2006): Der Heppenheimer ist der Musterschüler von Red Bull. Als Leihgabe für BMW-Sauber stiegt Vettel 2006 als Freitagstester (gleich mit einer Bestzeit) in die Formel 1 ein, 2007 fuhr er als Ersatz von Robert Kubica beim Werksteam seinen ersten Grand Prix, bevor er Mitte des Jahres Stammfahrer bei Toro Rosso wurde. 2008 gewann Vettel in Monza den ersten und bisher einzigen Grand Prix für die Jungbullen. Nach dem Aufstieg zu Red Bull wurde Vettel zum neuen Superstar der Formel 1 und gewann vier WM-Titel in Folge. Nach der sieglosen Saison 2014 nabelte sich Vettel von Red Bull ab und wechselte zu Ferrari.
Sebastien Buemi (seit 2008): Buemi wurde 2008 Testfahrer von Red Bull und ist es bis heute. Zwischen 2009 und 2011 ging er bei 55 Rennen für Toro Rosso an den Start. 29 Punkte auf drei Jahren waren aber zu wenig, um sich für das A-Team von Red Bull zu empfehlen. Die Österreicher schätzen die Dienste des ruhigen Schweizers aber weiterhin, im Simulator in Milton Keynes ist Buemi Stammgast. 2014 wurde Buemi mit Toyota Langstrecken-Weltmeister, außerdem geht er in der Formel E an den Start.
Jaime Alguersuari (2009-2011): Im Alter von 19 Jahren und 125 Tagen gab der hoch eingeschätzte Spanier 2009 in Ungarn bei Toro Rosso als bis dahin jüngster Fahrer sein Formel-1-Debüt. Empfohlen hatte sich Alguersuari dafür im Vorjahr mit dem Meistertitel der britischen Formel 3. Nach zweieinhalb Jahren standen zwei siebte Plätze für ihn zu Buche. Spätestens nach einer von Kameras gefilmten lautstarken Auseinandersetzung mit Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko 2011 in Südkorea war allerdings klar, dass Alguersuaris Tage bei Toro Rosso am Ende der Saison gezählt waren. Er hat den Helm an den Nagel gehangen und arbeitet heute als DJ.
Daniel Ricciardo (seit 2011): Wie schon sein heutiger Teamkollege Vettel wurde auch Ricciardo zu Beginn seiner Formel-1-Karriere von Red Bull ausgeliehen. Ab Mitte 2011 fuhr der stets lächelnde Australier seine ersten Grands Prix für HRT, bevor er 2012 zu Toro Rosso wechselte. Dort hinterließ Ricciardo in zwei Jahren an der Seite von Jean-Eric Vergne den besseren Eindruck, weshalb er 2014 als Nachfolger von Mark Webber zu Red Bull befördert wurde. Der Australier zahlte dort das Vertrauen seiner Förderer mit starken Leistungen und Rennsiegen zurück.
Jean-Eric Vergne (seit 2012): Nachdem der britische Formel-3-Meister des Jahres 2010 in der Formel Renault 3.5 noch die Oberhand über seinen Red-Bull-Junior-Kollegen Daniel Ricciardo behalten hatte, fuhr er nur in der ersten Saison bei Toro Rosso auf Augenhöhe mit dem Australier. 2013 hinterließ Ricciardo den besseren Eindruck und setzte sich im Rennen um das Red-Bull-Cockpit gegen Vergne durch. Da dieser auch 2014 keine Ausrufezeichen setzen konnten, war seine dreijährige Lehrzeit bei den Jungbullen Ende des Jahres beendet. Vergne kam bei Ferrari unter, wo er im Simulator arbeitet und Reifentests fährt.
Daniil Kwjat (seit 2013): Mit Erfolgen in der Formel Renault 2.0 machte der Russe Red Bull auf sich aufmerksam. Mit Unterstützung der Österreicher gewann er 2013 die GP3-Meisterschaft. Nach ersten Freitagstests für Toro Rosso übersprang Kwjat die nächste Karrierestufe GP2 und wurde 2014 im Alter von 19 Jahren Stammfahrer beim B-Team von Red Bull. Dort hatte er wenige Anlaufschwierigkeiten und überzeugte von Beginn an. Nach Sebastian Vettels Abgang beförderte Red Bull Kwjat kurzentschlossen ins A-Team, um ihn kaum ein Jahr später wieder zu degradieren.
Max Verstappen (seit 2014): Max Verstappens Aufstieg in die Formel 1 erfolgte im Rekordtempo. 2014 absolvierte der Welt- und Europameister im Kart in der Formel-3-EM seine erste Saison im Automobilsport. Mit einer Reihe von Siegen zeigte er dort auf Anhieb, dass ein zukünftiger Champion in ihm steckt. Dieses Talent ließ sich Red Bull nicht entgehen. Eine Woche nach der Aufnahme ins Junior-Team wurde der Sohn des 106-maligen Grand-Prix-Piloten Jos Verstappen als Toro-Rosso-Stammfahrer für die Saison 2015 bestätigt. Beim Saisonauftakt war der Niederländer mit 17 Jahren und 5 Monaten jüngster Formel-1-Pilot der Geschichte und ist mittlerweile zu Red Bull befördert worden.
Carlos Sainz junior (seit 2015): Fast sah es so aus, als sollte der Formel-1-Traum des Spaniers trotz des Titelgewinns in der Formel Renault 3.5 platzen. Doch letztlich entschied sich Red Bull doch für den Sohn des gleichnamigen früheren Rallye-Weltmeisters und gab ihm das zweite Toro-Rosso-Cockpit für die Saison 2015. Dank guter Leistungen wurde sein Vertrag verlängert.
(Motorsport-Total.com) - Max Verstappen wird Daniil Kwjat beim Spanien-Grand-Prix in Barcelona in der kommenden Woche bei Red Bull ersetzen. Wie das Team am Donnerstag per Pressemitteilung bekanntgab, degradiert es den Russen infolge seiner ungestümen Manöver zur Juniormannschaft Toro Rosso. Die Pilotenrochade kommt nicht überraschend, nachdem sich schon im Nachgang des Russland-Rennens drastische Konsequenzen für Kwjat abgezeichnet hatten.
Red-Bull-Teamchef Christian Horner verpasst seinem Piloten zum Abschied eine saftige Ohrfeige: "Dany (Kwjat; Anm. d. Red.) darf seine Entwicklung bei Toro Rosso fortsetzen", wird der Brite zitiert. Er legt nach: "Bei einem Team, mit dem er vertraut ist. Er erhält die Gelegenheit, sich wieder in Form zu bringen und sein Potenzial zu zeigen." Ob die Degradierung einem endgültigen Abschied aus dem Red-Bull-Kader zum Saisonende gleichkommt, lässt das Team aber noch offen.
Vorschusslorbeeren hagelt es dagegen für den erst 18-jährigen Verstappen. Horner schwärmt von dem Niederländer: "Max hat bewiesen, dass er ein herausragendes Talent ist. Seine Leistungen bei Toro Rosso waren beeindruckend und wir geben ihm liebend gerne die Chance, für Red Bull zu fahren." Gerüchte, der Niederländer könnte zum Teamkollegen Daniel Ricciardos aufsteigen, hatte es bereits in den vergangenen Wochen gegeben. Das Manöver könnte also vorbereitet gewesen sein.
Helmut Markos Vorgehen ist kein Novum
Horner betont, dass die Red-Bull-Arbeitsverträge die Möglichkeit böten, die Fahrer in den Cockpits des A-Teams und Toro Rossos rotieren zu lassen, ohne dafür weitere Maßnahmen einleiten zu müssen: "Wir befinden uns in einer außergewöhnlichen Situation", skizziert der Teamchef, "alle vier Piloten haben langfristige Verträge. Das verschafft uns Flexibilität." Wie lange Ricciardo, Vertstappen, Sainz und Kwjat aber gebunden sind, lässt er offen.
Sebastian Vettel versus Daniil Kwjat, die Zweite: Als am Start zum Russland-Grand-Prix in Sotschi beide Piloten aus Reihe vier losfuhren, war der wegen eines Getriebewechsels rückversetzte Deutsche (hier in Fahrtrichtung ganz rechts im zweiten Ferrari) zunächst klar vorne.
Fotostrecke
Dass Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko drastische Konsequenzen zieht, sobald ein Junior die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt, ist kein Novum: In den vergangenen Jahren mussten immer wieder Piloten ihren Hut nehmen. Jüngste Beispiele lieferten Jean-Eric Vergne, Jaime Alguersuari und Sebastien Buemi, die heute allesamt kein Formel-1-Stammcockpit mehr besitzen.
Max Verstappen bekommt von Helmut Marko eine einmalige Chance
Schon kurz nach Bekanntwerden der Kwjat-Degradierung meldete sich Kollege Jenson Button via Twitter und kritisierte die Maßnahme: "Wirklich?", wundert sich der McLaren-Pilot und fragt sich: "Ein schlechtes Rennen und Kwjat wird fallengelassen? Was ist mit den Podiumplätzen aus den vorherigen Rennen?" Die Beförderung Verstappens kommt für seinen Geschmack zu früh: "Ich respektiere sein Talent, aber er hat die Zeit doch auf seiner Seite", meint Button über das Formel-1-Nesthäkchen.
Verstappen bestimmt, aber Red Bull vielleicht nicht: Die Österreicher unternehmen damit auch einen Schritt, den angeblich von diversen Topteams umworbenen Verstappen in den eigenen Reihen zu halten. Gleichzeitig belohnen sie ihr Megatalent in seinem zweiten Jahr in der Königsklasse für drei Resultate in den WM-Punkten, die er in den vier bisher ausgetragenen Grands Prix 2016 einfuhr.
Kwjat dagegen enttäuschte nicht nur durch seine Fahrweise, sondern auch sportlich - darüber täuschte der von Button angesprochene Podiumsplatz in China nicht hinweg: In den Qualifyings war er Ricciardo klar unterlegen und ließ sich bis 0,8 Sekunden Rückstand aufbrummen. Mit Toro Rosso ist Kwjat bestens vertraut, mit Franz Tost und Co. erlebte er bessere Tage: Für die Truppe aus Faenza fuhr er in der Saison 2014, ehe er überraschend die Nachfolge Vettels in der Christian-Horner-Equipe antrat.