• 21. März 2016 · 09:06 Uhr

Alonso-Unfall in Australien: Wie hätte sich Halo ausgewirkt?

Hätte das Halo-System Fernando Alonso bei seinem Unfall im Australien-Grand-Prix beim Aussteigen des Cockpits gehindert? Das Paddock zeigt sich gespalten

(Motorsport-Total.com) - Es war die Schrecksekunde im Grand Prix von Australien 2016: Der heftige Unfall von Fernando Alonso und Esteban Gutierrez in Runde 17. In Kurve 3 fuhr Alonso dem Haas-Boliden im Albert Park ins Heck, schlitterte an der Bande entlang und überschlug sich ins Kiesbett, sodass von seinem McLaren MP4-31 nur noch ein kleines Wrack übrig blieb. (Zu den Details!)

Der Spanier landete kopfüber neben den Reifenstapeln und konnte sich nach nur wenigen Minuten selbst aus dem geschrotteten Boliden befreien. Nachdem die Fernsehbilder zeigten, wie der weiße Rennoverall sich langsam aus dem Auto zog, entbrannte eine weitere hitzige Diskussion um den Kopfschutz Halo. Hätte der Heiligenschein, der 2017 verpflichtend in der Königsklasse eingeführt werden soll, über dem Cockpit von Alonso dessen rasche Befreiung verhindert?

Der Betroffene selbst hat keine eindeutige Antwort auf diese Frage: "Das ist ein wichtiger Punkt, über den wir noch nie gesprochen haben. Das müssen wir uns anschauen. Wir müssen ergründen, wie sich Halo bei so etwas auswirken wird." Das Gestell geht befestigt an beiden Seiten des Cockpits mit einem Bügel aus Stahl nach vorn über den Helm des Fahrers und wird vorne am Cockpitrand mit einer Längsstrebe befestigt.

Alonso unsicher: "Weiß nicht, ob Halo Unterschied gemacht hätte"

Die Ferrari-Piloten Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel haben ein erstes Modell des Halo-Systems in der zweiten Testwoche in Barcelona ausprobiert. Die viel diskutierte Sichteinschränkung sei für die beiden dabei kein Problem gewesen, allerdings hat die ungewöhnliche Optik für reichlich Kritik gesorgt. (Hier lesen, was Weltmeister Lewis Hamilton zum Halo-System zu sagen hatte!)

Foto zur News: Alonso-Unfall in Australien: Wie hätte sich Halo ausgewirkt?

Premiere in Barcelona: Kimi Räikkönen testete das Halo-System erstmals Zoom Download

Vielmehr wird nach dem Alonso-Crash nun thematisiert, ob der Pilot bei montiertem Halo-Schutz in einer Gefahrensituation auch schnell genug aus seinem Cockpit entfliehen kann. "Ich konnte heute schnell und einfach herausklettern. Ich weiß nicht, ob Halo dabei einen Unterschied gemacht hätte. Wir müssen uns alle Szenarien anschauen", meint Alonso.

Der Spanier blieb bei dem Unfall mit 310 km/h unverletzt. (Hier die Aussagen von Alonso und Gutierrez zum Unfallhergang lesen!) Er dankte im Nachhinein dem Automobilweltverband (FIA) für dessen Sicherheitsbestrebungen. Nur deshalb habe er den Vorfall unbeschadet überstanden.

Button betont: Alonso hatte keine Notwendigkeit, auszusteigen

Während das Halo-System für den Doppelweltmeister in Zusammenhang mit seinem Unfall sehr wohl eine Rolle spielt, ist dies für seinen Teamkollegen Jenson Button kein Diskussionsthema. "Halo ist meiner Meinung nach noch immer eine gute Sache. Fernando hatte da keine Notwendigkeit, auszusteigen", verteidigt der Brite die Sicherheitsvorkehrung.

"Es gibt ein viel größeres Risiko, dass Teile den Kopf des Fahrers treffen, als dass irgendetwas passiert, wenn das Auto auf dem Kopf liegt. Es ist auch ziemlich unwahrscheinlich, dass Benzin austritt, so wie die Sicherheitsvorkehrungen an den Tanks sind. Da wird nichts passieren." Tatsächlich unterliegen die Tanks der modernen Formel-1-Autos strengen Auflagen der FIA, damit bei hoher Einwirkung kein Benzin austritt und so kein Feuer entstehen kann.


Fotos: McLaren, Großer Preis von Australien


Button ist sich sicher, dass es definitiv besser ist, das Halo-System einzuführen. Bei dem Unfall hätte es eben etwas länger gedauert, bis Alonso aus dem Wrack aussteigen hätte können. "Dann müsste man das Auto wieder umdrehen, es dauert eben ein bisschen länger, ihn herauszubekommen, aber wenn er okay ist, spielt das keine Rolle." Für den Briten ist der Unfall seines Teamkollegen kein gültiges Argument gegen die Einführung von Halo.

Button & Symonds loben Sicherheitsstandards

Zum Unfallhergang meint der erfahrenste Pilot im Feld: "Es ist halt einer dieser Vorfälle, die beim Bremsen passieren können. Es war wohl einfach leicht falsch getimt. Wenn sich zwei Reifen berühren, dann hebt ein Fahrzeug ab und die Aufhängung wird abgerissen. Es ist dann ein Projektil."

Der 36-Jährige meint, dass der Horrorcrash auch gezeigt hat, wie gut sich die Sicherheit in der Formel 1 verbessert hat: "Es zeigt, welch große Fortschritte wir bei der Sicherheit gemacht haben, aber es bleibt immer ein Restrisiko zurück. Gerade beim Bremsen, weil die Geschwindigkeitsunterschiede so unglaublich groß sind, wenn ein Auto bremst und das andere nicht." Auch Williams-Technikchef Pat Symonds stimmt Button in diesem Punkt zu und ergänzt nach dem Rennen am Sonntag: "Ein Tribut an die modernen Autos."


"Halo"-Konzept: Überrollbügel im FIA-Crashtest

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Neben Tests mit Jet-Kanzeln wurde 2011 auch ein Überrollbügel, Vorgänger zum akutellen "Halo"-Konzept, von der FIA getestet Weitere Formel-1-Videos

Nicht viel Energie konnte bei diesem Zusammenstoß freigesetzt werden, woraus der heftige Unfall resultiert: "Ein bisschen durch den einen Reifen und durch das Kiesbett. Aber das Auto war lange in der Luft. Und dann ist es weit weg von Energie absorbierenden Barrieren zum Liegen gekommen." Ein Unfall bei hoher Geschwindigkeit, die sich bis zum Aufprall kaum reduziert hat.

Highspeed-Kameras sollen Aufschluss geben

Der Brite bringt außerdem einen weiteren Aspekt in die Diskussion ein: "Es wird das erste Mal sein, dass Highspeed-Kameras Bilder dazu liefern. Wir werden genau sehen, wo sein Kopf war." Die Einführung dieser Highspeed-Kameras ist ab diesem Jahr verpflichtend. Jeder Pilot hat eine kleine Kamera in USB-Stick-Größe vor seinem Kopf am Chassis montiert, um im Fall eines Unfalls die Bewegungen des Kopfes analysieren zu können. Die FIA hat diese Maßnahme ausgerechnet aufgrund Alonsos mysteriösem Testunfall im Vorjahr in Barcelona angeordnet, da man von diesem Vorfall kaum Videomaterial vorliegen hatte.

Symonds hofft, dass man daraus entsprechende Schlüsse ziehen wird - auch was das Halo-System betrifft. "Denn wenn du Sicherheitskonstruktionen rund um den Kopf des Fahrers hast und er schlägt ein, kann das auch hinderlich sein", argumentiert der 62-Jährige.

Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzender Niki Lauda wendet gegenüber 'RTL' ein: "Ein Cockpitbügel hätte hier nichts gebracht. Das Auto ist, wie man sieht, nur noch ein Haufen Schrott. Aber die Fahrerzelle, wo der Fahrer drin sitzt, ist unverletzt. Also kein Problem." Und auch Neueinsteiger Gene Haas ist fasziniert von den modernen Monocoques der Formel 1: "Die Chassis sind kugelsicher. Sie überstehen so gut wie alles."

Ferrari-Pilot Räikkönen, der das Halo in Barcelona selbst schon gefahren ist, erlebte am Sonntag in Melbourne ebenfalls eine heikle Situation. Aus seinem SF16-H kamen aufgrund eines Problems mit dem Turbo Flammen aus dem Lufteinlass über dem Cockpit. Hätte der Finne auch mit dem Halo das Cockpit schnell verlassen können? "Das macht keinen Unterschied, wir kommen immer noch aus dem Auto raus", meint der 36-Jährige knapp gegenüber 'Sky Sports F1'.

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