• 29. Dezember 2015 · 09:46 Uhr

Als Michael Schumacher die Grenzen der Technik überwand

Ex-Ingenieur Willem Toet erinnert sich an den Spanien-Grand-Prix 1994, als Michael Schumacher mit nur einem Gang auf das Podium fuhr

(Motorsport-Total.com) - 91 Grands Prix hat Michael Schumacher in der Formel 1 gewonnen. Viele davon überlegen, einige nach dramatischen Zweikämpfen (Formel-1-Datenbank: Alle Grand-Prix-Siege von Michael Schumacher). Doch eine seiner größten Leistungen zeigte der Kerpener bei einem Rennen, das er "nur" auf dem zweiten Platz beendete. Denn am 29. Mai 1994 überwand Schumacher beim Spanien-Grand-Prix in Barcelona die Grenzen der Technik.

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Platz zwei in Barcelona 1994 war für Schumacher wie ein Sieg Zoom Download

Nachdem er die ersten vier Rennen in der Saison gewonnen hatte, sah auch an diesem Sonntagnachmittag in Barcelona alles nach einem Sieg von Schumacher aus. Von der überlegen herausgefahrenen Pole-Position führte er das Rennen in seinem Benetton vor Williams-Pilot Damon Hill an. Bis zum ersten Boxenstopp hatte Schumacher bereits 20 Sekunden Vorsprung herausgefahren.

Doch dann berichtete Schumacher am Boxenfunk über Schaltprobleme. Das Team holte ihn deshalb etwas früher an die Box und machte an seinem Boliden eine erschreckende Entdeckung. "Am Heck des Autos sahen wir rotes Öl. Das war Hydrauliköl, das Benetton für die Gangschaltung benutzte", erinnert sich Willem Toet im Gespräch mit 'FOX Sports'. Der Australier, der später als Aerodynamiker bei Ferrari, Honda und Sauber arbeitete, war damals einer der Ingenieure, die für Schumachers Auto zuständig waren.

Zwei Drittel des Rennens mit nur einem Gang

Durch den Ölverlust konnte Schumacher die Gänge nicht mehr wechseln, sein Auto hing im fünften Gang fest. Eigentlich ein sicherer Ausfallgrund. "Stellen Sie sich einmal vor, sie müssten im fünften Gang an der Ampel anfahren. Das ist eine ganz schöne Herausforderung, aber Michael hat das wunderbar hinbekommen", erinnert sich Toet.

Beim Anfahren an der Box wusste sich Benetton noch am ehesten zu helfen. Schumacher brachte den Motor auf Drehzahl, während das Heck noch auf dem Wagenheber aufgebockt war. Mit durchdrehenden Rädern ließ das Team das Auto dann vom Heber fallen, und der Schwung reichte aus, um vom Fleck zu kommen.


Fotostrecke: Schumachers Weg zum ersten WM-Titel

Dennoch war an eine erfolgreiche Fortsetzung des Rennens, das erst zu rund einem Drittel absolviert war, eigentlich nicht zu denken. Doch Schumacher bat das Team um Erlaubnis, weiterzufahren und nach einem Weg zu suchen, wie er das Problem umfahren kann. Da Benetton nichts zu verlieren hatte, ließ man ihn gewähren.

"Michael hatte Glück im Unglück, dass er im fünften Gang hing. Im sechsten wäre er beim Beschleunigen aus den Kurven zu langsam gewesen, und im vierten wäre er auf der Gerade zu langsam gewesen, um einigermaßen konkurrenzfähige Rundenzeiten zu fahren", sagt Toet. Auch der von Benetton verwendete Ford-Cosworth-Motor erwies sich in dieser Situation als hilfreich. "Das war zwar nicht der stärkste in der Formel 1, aber er war gut fahrbar und hatte ein breites Drehzahlband", so Ingenieur Toet.

Schumacher fährt trotz Handicap starke Rundenzeiten

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Wenige Meter nach dem Start hatte Schumacher das Feld bereits distanziert Zoom Download

Schumacher fand rasch heraus, wie er seinen Fahrstil umstellen musste. "Michael erkannte, dass er nicht genug Leistung hatte, um aus den langsamen Kurven zu beschleunigen", so Toet. "Er änderte daher seine Rennlinie, um im Scheitelpunkt der Kurve schneller zu sein. Normalerweise ist das nicht die schnellste Art, ein Formel-1-Auto zu fahren."

Schumacher fiel zunächst auf Rang drei zurück, doch dann verbesserten sich seine Rundenzeiten. Nachdem alle Boxenstopps absolviert waren, lag nur noch Hill vor ihm, und im Schlussstint fuhr Schumacher mit nur einem Gang ähnlich schnelle Runden wie der Brite. Dieser überquerte nach 65 Runden als Erster die Ziellinie und bescherte Williams vier Wochen nach dem Tod von Ayrton Senna einen emotionalen Sieg.

Doch im Lager von Benetton wurde nach Schumachers heroischer Leistung nicht weniger gefeiert. "Es war einfach der Wahnsinn", schüttelt Toet noch heute ungläubig den Kopf. "Für Benetton war es wie ein Sieg. Das gab dem Team für den Rest der Saison eine Menge Selbstvertrauen."

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