• 24. September 2015 · 13:29 Uhr

Traurige Rückkehr nach Suzuka: Ein Jahr nach Jules Bianchi

Die Formel 1 kehrt an diesem Wochenende nach Suzuka zurück, wo vor einem Jahr Jules Bianchi tödlich verunglückt war: Nicht nur für sein Ex-Team wird es emotional

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Welt steht vor einem schwierigen Wochenende - sportlich wie auch emotional. Denn der Tross kehrt mit Suzuka an jenen Ort zurück, wo er vor gut einem Jahr ein Familienmitglied für immer verloren hat. Es war der 5. Oktober 2014, als Jules Bianchi im strömenden Regen die Kontrolle über seinen Marussia-Boliden verlor und in ein Bergungsfahrzeug krachte. Mit schweren Kopfverletzungen wurde der Franzose in ein Krankenhaus gebracht, doch neun Monate später hatte er seinen Kampf endgültig verloren.

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Jules Bianchi ist an diesem Wochenende in den Köpfen der meisten Zoom Download

An diesem Wochenende wird die Formel 1 nun erstmals wieder direkt mit dem Thema konfrontiert. Besonders für das Manor-Marussia-Team wird es ein schwerer Gang an die japanische Rennstrecke. "Viele unserer Jungs waren schon im vergangenen Jahr dabei, von daher wissen wir, dass es ziemlich schwierig werden wird", weiß Sportdirektor Graeme Lowdon bei 'Autosport' um die emotionale Herausforderung in seinem Team. "Wir müssen stark sein."

Mit neuem Namen und zwei neuen Fahrern möchte der Rennstall den Gang nach Suzuka 2015 professionell angehen und bewältigen - ganz im Sinne des verstorbenen Piloten. "Wir wissen, dass Jules ein Racer war und wollen würde, dass sich das Team auf seinen Job konzentriert", sagt Lowdon, ohne dabei jedoch von Bianchi abzurücken. "Jules ist von unseren Gedanken niemals weit weg. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es keine schwierigen Momente geben wird."


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Doch nicht nur Manor trauert ein Jahr nach dem Verlust des Piloten, der in Monaco 2014 für die bislang einzigen Punkte der Teamgeschichte gesorgt hat. Auch für die Fahrer selbst wird das Wochenende in Japan emotional werden, denn sie haben nicht einen Rivalen, sondern einen netten Kollegen und Freund verloren. Das hatte sich auch auf der Trauerfeier im Juli gezeigt, zu der beinahe alle Fahrer erschienen waren.

"Natürlich werden wir alle bei unserer Rückkehr nach Japan in Gedanken bei Jules und seiner Familie sein", betont Weltmeister Lewis Hamilton und trifft damit auch den Ton von Teamkollege Nico Rosberg, der beteuert: "Er wird immer in unseren Herzen sein." Die netten und zugleich traurigen Worte findet man wohl in jeder Garage an diesem Wochenende, egal ob bei Fahrerkollegen oder Teammitgliedern wie Williams' Rob Smedley: "Wir werden dem unglaublichen Talent und großartigen Kerl gedenken, der er war", so der Brite als einer der Lautsprecher.

Adrian Sutil: "Es öffnet einem die Augen"

Für einen Piloten wird die Rückkehr nach Japan und die Erinnerung an die tragischen Geschehnisse aber besonders schwierig werden. Adrian Sutil war es damals, dessen gestrandeter Sauber von jenem Bergefahrzeug abgeschleppt werden musste, das für Bianchi zum tödlichen Hindernis wurde. Der Gräfelfinger war nur eine Runde zuvor abgeflogen und musste dann schockiert mitansehen, wie Bianchi in den Kran fuhr und bewusstlos von den Ärzten versorgt wurde.

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Adrian Sutil war beim Bianchi-Unfall hautnah dabei Zoom Download

"Das sind Momente und Ereignisse im Leben, die bestimmt prägen, die das Leben ein bisschen verändern, wenn man drüber nachdenkt", sagt er ein Jahr später zu den 'Kieler Nachrichten'. "Wenn man so etwas live miterlebt, ist ein solches Erlebnis noch wesentlich intensiver. Das war ein extremer Unfall und es hat gedauert, bis einem solche Momente aus dem Kopf gehen", so der heutige Williams-Reservepilot. "Es öffnet einem die Augen, was wir da eigentlich tun."

Obwohl es damals sein Fahrzeug war, das indirekt für den Vorfall verantwortlich war, hielt sich Sutil in der Zeit danach zurück. Den Kontakt zu Bianchi und dessen Eltern hatte er bewusst nicht gesucht, war lediglich bei der Beerdigung des Franzosen. "Es ist eine sehr enge Familie. Sie haben zudem viele Menschen, die Jules besser kannten als ich. Deswegen habe ich auch nicht ich viel gesagt, weil ich es nicht richtig fand in diesem Moment", erklärt er. "Das sollte man den engen Freunden und der Familie überlassen."

Das Risiko ist weiter präsent

Mit welchen Gedanken die Formel-1-Piloten wirklich in diesem Jahr nach Suzuka fahren, ob beispielsweise eine gewisse Angst vor einer Wiederholung herrscht, kann wohl niemand klären. Doch seit dem Unfall ist einiges passiert. Der Automobilweltverband hat die Sicherheit bei Gelbphasen noch einmal erhöht und etwa das Virtuelle Safety-Car eingeführt. Zudem wird über weitere Maßnahmen wie Cockpitkuppeln (auch durch den Unfall von Justin Wilson) weiter diskutiert.

"Ich glaube, wenn so etwas passiert, wird man im ersten Moment wachgerüttelt. Die Umstände des Unfalls waren natürlich sehr speziell, und daraus musste gelernt werden und hat man auch gelernt", sagt Sebastian Vettel, der weiß, dass es nie 100-prozentige Sicherheit geben wird. "Es gibt immer ein gewisses Risiko, das man in Kauf nimmt - und das ist auch gut so! Das gehört zum Sport", findet der Heppenheimer.

Die Fahrer sind sich auch ein Jahr nach den Ereignissen aus Suzuka der Gefahr bewusst - und nehmen sie in Kauf. "Als ich entschieden habe, Rennfahrer zu werden, war ich mir bewusst, dass es ein Risiko gibt", unterstreicht Adrian Sutil. "Könnte ich es nicht mehr mit mir vereinbaren, säße ich nicht hier. Ich würde aufhören." Und so bleibt zwölf Monate nach Jules Bianchis Tod wohl nur die Erkenntnis, dass die Zeit und das Leben weitergehen. Sebastian Vettel weiß stellvertretend für alle: "Leider kann man die Zeit nicht zurückdrehen."

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