• 18. September 2015 · 20:06 Uhr

Seltene Einigkeit: Niemand will den Zwei-Klassen-Motor

Kundenteams gehen auf die Barrikaden und selbst der Mercedes-Boss ist "kein Fan": Altmotoren zu Discountpreisen und zwei Wertungsklassen fallen durch

(Motorsport-Total.com) - Im Langstrecken-Sport seit geraumer Zeit üblich, in der Formel 1 bisweilen ein so genanntes "No-Go": Eine offenbar in der Strategiegruppe besprochene Idee, den Privatteams in der Königsklasse die Vorjahresmotoren der Hersteller zu einem vergünstigten Preis anzubieten und sie in einer Art Sonderwertung von Grand Prix zu Grand Prix zu schicken, stößt auf breite Ablehnung. Besonders deutlich wird Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost: "Dann hätten wir ein Zwei-Klassen-Feld", schüttelt er den Kopf.

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Der Österreicher findet: "Es würde die Lücke nicht verkleinern, es würde sie aufreißen. Es gäbe fünf, sechs oder sieben Autos, die wegfahren und die Rennen würden total langweilig." Konkret hieße das: Mercedes, Ferrari, McLaren mit Honda-Power und eventuell Red Bull - sofern nach der Renault-Trennung mit einem neuen Partner gesegnet - eröffnen ihre eigene Meisterschaft an der Spitze, sollten nur sie sich die teuren V6-Turbo-Hybride der neuesten Generation leisten können und wollen.

John Booth, der bei Manor-Marussia jeden Cent zweimal umdrehen muss, hat keine Lust auf einen Antrieb, der Piloten im Kampf mit Werksmannschaften a priori zu Verlierern macht: "Die Formel 1 ist der falsche Ort für eine Zwei-Klassen-Gesellschaft", hadert er. Diplomatischer drückt es Claire Williams aus, kommt aber zu gleicher Schlussfolgerung: "Jedes Team muss für sich entscheiden. Wir würden uns genau überlegen, welchen Weg wir gehen, weil wir immer den konkurrenzfähigsten Antrieb wollen."

Wettbewerbsgeist oder wirtschaftliche Vernunft?

Die Co-Teamchefin weiß auch, dass finanzielle Vorteile nicht zu unterschätzen sind und auf einem anderen Wege die sportliche Konkurrenzfähigkeit erhöhen können: "Wenn wir vier Millionen Euro sparen, dann bleiben sie uns etwa für die Aerodynamik." Jedoch hat die laufende Formel-1-Saison demonstriert, dass der Antrieb maßgeblich über die Hackordnung im Feld bestimmt und Nachteile nur auf langsamen Strecken wie Monaco, Ungarn oder Singapur beispielsweise durch das Chassis zu kompensieren sind.


Fotos: Großer Preis von Singapur


Aufgeschlossener steht der Idee Toto Wolff gegenüber, der als Mercedes-Motorsportchef ein vitales Interesse an einer Erweiterung seines Kundenstamms hat. "Wir lieben den Sport, aber es gibt auch eine wirtschaftliche Realität: Jeder will ein tragfähiges Geschäftsmodell", erinnert der Österreicher daran, dass viele Teams unter den hohen Preisen für die V6-Hybride leiden und wünscht sich einen ergebisoffenen Diskurs: "Wir müssen das diskutieren, dürfen keine Hardliner sein und müssen ein für jeden tragbares Ergebnis erzielen."

Kundenautos durch die Hintertür?

Dennoch sei er "kein Fan" von zwei unterschiedlichen Motorenklassen in der Formel 1. "Aber wenn man einen Antrieb für einen geringeren Preis verkaufen kann, weil er länger auf niedrigerer PS-Stufe läuft, dann kann man ein Team vor die Wahl stellen", erinnert Wolff daran, dass Teams das Angebot in einer Übergangsphase nutzen könnten, um sich finanziell zu stabilisieren. Wirklich an das Projekt zu glauben scheint er aber nicht: "Ich denke nicht, dass viele davon Gebrauch machen würden."

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Kaltenborn ist nicht begeistert von der Altmotor-Idee und ihrem Rattenschwanz Zoom Download

Monisha Kaltenborn plagen weitere Bedenken. Sie wittert, dass die großen Teams ein Hintertürchen öffnen, um Kundenautos einzuführen und damit eine geteilte Rennserie zu etablieren. "Die Gefahr ist, dass es zum Präzedenzfall wird. Wenn wir es mit den Antrieben durchziehen, dann vielleicht auch mit dem Chassis", sagt die Sauber-Teamchefin und erkennt einen Rettungsanker. "Vielleicht nimmt ein Team es auf sich, wenn es sonst zusperren muss, aber erst müssen wir garantieren, dass es nicht übergreift."

Die Alternative, die Hersteller dazu zu verpflichten, aktuelle Antriebsstränge für einen Fixpreis an Kunden weiterzugeben, schmeckt Wolff nicht: "Wir sollten die Preise nicht diskutieren. Ich habe meine Meinung was das Fixieren irgendwelcher Summen betrifft", moniert er und ärgert sich über kursierende Summen, die angeblich für ein Jahr mit Formel-1-Triebwerken den Besitzer wechseln. "Ich habe nie einen Sport gesehen, bei dem Kostenfragen in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Was immer aufgekommen ist, es ist pure Spekulation und grenzt an Unfug", wird Wolff deutlich.

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