FIA-Rennleiter erklärt Safety-Car: Wann virtuell, wann echt?

Beim Monaco-Grand-Prix wurde eine virtuelle Safety-Car-Phase durch ein echtes Safety-Car abgelöst: FIA-Rennleiter Charlie Whiting über die Hintergründe

von Mario Fritzsche · 07.06.2015 08:31

(Motorsport-Total.com) - Im Zuge der Aufarbeitung des schweren Unfalls von Jules Bianchi beim Grand Prix von Japan 2014 wurde die Idee eines virtuellen Safety-Cars in der Formel 1 zum ersten Mal ernsthaft diskutiert. Vier Wochen später wurden in Austin erste "Trockenübungen" nach dem Freien Training absolviert. Die Fahrer sollten sich daran gewöhnen, mit einer vom Computer vorgegebenen Geschwindigkeit unter Gelb um den Kurs zu rollen. Nach kleineren Anpassungen aufgrund der Rückmeldungen der Fahrer wurde das virtuelle Safety-Car (VSC) für die Saison 2015 fest ins Reglement aufgenommen.

Das virtuelle Safety-Car ist seit dieser Saison Bestandteil des Regelwerks

Den ersten Einsatz der neuen Methode, das Feld zu verlangsamen, gab es beim Formel-1-Rahmenrennen der GP2 in Monte Carlo. Am gleichen Wochenende feierte die Neuerung auch in der Königsklasse ihre Rennpremiere. Nach dem Unfall von Max Verstappen (Toro Rosso) und Romain Grosjean (Lotus) in der Sainte-Devote von Monte Carlo wurde eine virtuelle Safety-Car-Phase ausgerufen.

Nur wenige Sekunden später aber kam das echte Safety-Car heraus. Lewis Hamilton und Mercedes wurden von diesem Wechsel auf dem falschen Fuß erwischt und verspielten einen schon sicher geglaubten Sieg. Statt des Briten triumphierte dessen Teamkollege Nico Rosberg.

Monaco-Situation soll die Ausnahme bleiben

Wo genau liegt der Unterschied zwischen einer virtuellen und einer echten Safety-Car-Phase? "Neben der Tatsache, dass es in einer virtuellen Safety-Car-Phase natürlich kein Safety-Car gibt, liegt der Unterschied darin, dass eine virtuelle Safety-Car-Phase sehr schnell ausgerufen werden kann". erklärt FIA-Rennleiter Charlie Whiting gegenüber 'Sky Sports F1'.

Whiting erklärt: VSC für schnelles Reagieren, nicht bei Medical-Car

"So können wir in weniger als einer Runde auf Situationen reagieren, die ein schnelles Handeln erfordern. Mit dem Safety-Car hingegen dauert es meist zwei Runden, bis sich alle Autos dahinter aufgereiht haben. Kurzum: Das virtuelle Safety-Car ist einfach eine Maßnahme, um die Streckenposten ohne großen Zeitverlust zu schützen", sagt Whiting.

Eine Situation wie in Monte Carlo, wo man die virtuelle Safety-Car-Phase durch eine echte Safety-Car-Phase ablöste, soll aber die Ausnahme bleiben. "Unsere Absicht ist es nicht, das jedes Mal so zu handhaben. In Monaco entschieden wir so, weil wir das Medical-Car einsetzen mussten. Wann immer das Medical-Car auf die Strecke geht, braucht es ein Safety-Car. Deshalb entschieden wir nach 20 Sekunden, das Safety-Car herauszubringen", erklärt Whiting.

Der FIA-Rennleiter spricht noch einen weiteren grundlegenden Unterschied zwischen virtueller und echter Safety-Car-Phase an: "Wann immer wir die Autos mit niedrigem Tempo, und damit meine ich langsamer als das von der ECU festgesetzte Tempo, führen wollen, setzen wir ein Safety-Car ein." Als Beispiel nennt Whiting das Führen der Autos durch die Boxengasse, wenn die Start/Ziel-Gerade von Trümmerteilen übersät ist.