• 01. Mai 2014 · 12:26 Uhr

Lauda über Senna: Zwischen Gott und Streitsucht

Niki Lauda erinnert sich an Ayrton Senna und das tragische Imola-Wochenende - Donington 1993 ist sein persönliches Highlight

(Motorsport-Total.com) - "Er war ein Spitzensportler im wahrsten Sinne des Wortes. Charismatisch für mich der größte Rennfahrer", besingt Niki Lauda seinen ehemaligen Fahrerkollegen Ayrton Senna auf 'ORF Sport Plus'. Der Österreicher ist nach wie vor davon überzeugt, dass Senna einer der Besten des Sports überhaupt war.

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Lauda und Senna: Zwei dreifache Weltmeister hier 1984 in Brands Hatch Zoom Download

Schon in den Anfängen habe man sein Talent erkennen können, so der 65-Jährige. "Er wusste immer, was er wollte." Als der Brasilianer 1984 mit Toleman in die Königsklasse aufstieg, feierte Lauda gerade den letzten seiner drei WM-Titel. Doch was macht das Phänomen Senna so besonders? "Er hatte eine Ausstrahlung. Für mich war er - und ist er - einer der Größten. Was mich freut, ist, dass wir heute wieder über ihn reden, weil Senna für mich heute noch lebt."

"Das war so eine Persönlichkeit, die man nicht vergisst. Und ein größeres Kompliment kann man ihm nicht machen." Senna, der in seiner Karriere ebenfalls drei Titel holte, wird von vielen als "Regengott" bezeichnet. Unter anderem, weil er seinen ersten Sieg in Estoril 1985 holte, als es schüttete wie aus Kübeln. Diese Eigenschaft wird ihm hoch angerechnet und ist ein Grund für seine Reputation als der beste Fahrer aller Zeiten.

Leistungen, die unvergessen bleiben

Mercedes-Aufsichtsratschef Lauda tut sich schwer, das so zu bestätigen: "Man kann das nicht so vergleichen. Die Jahrzehnte gehen vorbei und immer ist einer gut." Ein Rennen blieb dem Österreicher jedoch immer in Erinnerung: Der Europa-Grand-Prix von 1993: "Er hat sich hervorgebracht durch Donington, ein Rennen im Regen, wo er allen um die Ohren gefahren ist in einer Art und Weise, dass ich es selbst noch im Kopf habe. Ich habe es zufällig gesehen und weiß es heute noch, als sei es gestern gewesen."

Und auch die Pole-Runde beim Monaco-Rennen 1988 bleibt ewig in Erinnerung. "Deshalb ist er für mich einer der Größten. Er hat Leistungen im Rennauto erbracht, die man nicht vergisst", bringt es Lauda auf den Punkt. Dass Senna durchaus auch egoistisch und aggressiv war, findet er normal, denn "das ist nichts Negatives in der Formel 1. Er konnte schon grantig sein. Seine Persönlichkeit war charismatisch."


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Auch die Religiosität Sennas wird oft in Zusammenhang mit seinem Charakter erwähnt. Lauda beschreibt es so: "Bibel lesen ist schön, aber das hilft ihm nicht, weil der liebe Gott ihm nicht sagen wird, in welchem Gang er um die Kurve fährt - das war meine Theorie damals. Er war ein sehr spiritueller Mensch. Ganz anders als wir alle." Durch diesen Zwiespalt in seiner Person ist Senna so besonders, meint Lauda: "Er war egozentrisch, war streitsüchtig. Die Duelle mit Prost wird man nie vergessen. Alles niedergemäht, was zu niedermähen geht. Aber er hatte auch eine andere Persönlichkeit. Die Familie, die Kinder - er hat sich karitativ um viele Dinge gekümmert." Er fügt hinzu: "Dieser Gegensatz ist einer der Gründe, warum er so charismatisch bleibt."

Wachrütteln des Sports

Lauda selbst war am 1. Mai 1994 in Imola, um das Rennen zu verfolgen. Er erzählt von seiner letzten Begegnung mit Senna in dessen Motorhome: "Barrichello ist abgeflogen, Ratzenberger ist tödlich verunglückt und ich habe mir gedacht, ich muss mit ihm reden." Er ging am Sonntagmorgen in Sennas Motorhome: "Da saß er Bibel lesend drinnen, was mich sehr beeindruckt hat, und habe zu ihm gesagt: 'Du musst jetzt die Dinge, was die Sicherheit angeht, in die Hand nehmen. Du bist die charismatische Nummer eins im Sport. Die Schumachers sind noch jung. Nimm' das in die Hand, dass man mehr für die Sicherheit tut."

Senna nahm sich die Worte des Österreichers zu Herzen: "Er hat das ernst genommen und hat zu mit gesagt: 'Du hast Recht. Ich werde etwas tun.' Und drei Stunden später war er leider tot." Das Leben Sennas konnte nicht mehr gerettet werden, aber dafür durch enorme Verbesserungen der Sicherheit im Cockpit und auf der Strecke die Leben vieler anderer. Lauda sieht das schwarze Wochenende als Wachrütteln des Sportes und der Verantwortlichen: "Man braucht immer einen Anlass. Man gewöhnt sich an die Sicherheit. Wenn nichts passiert, dann denkt man auch nicht darüber nach."

Die drei Tage von Imola seien das Brutalste überhaupt gewesen, meint Lauda: "Barrichello am Freitag, Ratzenberger am Samstag, Senna am Sonntag. Ärger hätte es nicht kommen können, um allen die Augen zu öffnen und Konsequenzen daraus zu ziehen." Senna war der bislang letzte Formel-1-Fahrer, der sein Leben auf einer Rennstrecke gelassen hat. Lauda meint: "Es wurde alles gemacht, was getan werden kann, das so etwas nie wieder passiert."

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