• 30. April 2014 · 11:45 Uhr

Brabham und der Tod des Teamkollegen: "Mir wurde übel"

Der damalige Simtek-Pilot weiß nach 20 Jahren noch genau, wie er aus dem Cockpit erkannte, dass es für Roland Ratzenberger keine Hoffnung mehr gibt

(Motorsport-Total.com) - Den Teamkollegen zu verlieren ist eine Tortur, die ein Formel-1-Pilot niemals erleben will. David Brabham musste durch diese Hölle gehen. Er war 1994 der zweite Simtek-Fahrer, als Roland Ratzenberger in San Marino ums Leben kam. 20 Jahre nach dem Tod des Österreichers offenbart der Australier in seinem Blog, was am schwarzen Wochenende von Imola hinter den Kulissen passierte. "Er hatte ein verrücktes Lächeln und das hatten auch die Damen erkannt", erinnert sich Brabham an Ratzenberger.

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David Brabham vor 20 Jahren: In der Simtek-Box ging es freundschaftlich zu Zoom Download

Beide wohnten zu dieser Zeit in Monaco und gingen an der Küste gemeinsam joggen. Brabham und Ratzenberger waren gerade dabei, ein freundschaftliches Verhältnis zueinander aufzubauen. Im Hinterfeld der Königsklasse ging es innerhalb Rennstalls schon damals weniger um Konkurrenz als um Zusammenarbeit, um wenigstens kleine Schritte in Richtung Spitze zu bewerkstelligen. Als der 30. April 1994 kam, war das Sportliche Nebensache. Brabham lässt eine der dunkelsten Stunden seines Lebens Revue passieren.

Er erinnert sich an das verhängnisvolle Qualifying im Autodromo Enze e Dino Ferrari: "Ich sah gelbe Flaggen sowie Trümmer und wusste sofort, dass es Rolands Auto ist. Ich erkannte lila Teile und machte mir ernsthaft Sorgen, weil der Wagen an dieser Stelle mit fast 300 km/h unterwegs ist", so Brabham, der den Blick nicht von der Szene abwenden konnte und wollte. "Ich wurde noch skeptischer, weil es schlimm aussah. Ich bekam Angst um Roland und umso näher ich heranfuhr, umso größer wurde sie." Streckenposten standen um das Wrack, doch es war genug zu erkennen.

An der Box wartet die schwangere Ehefrau

Brabham wollte unbedingt wissen, ob es dem Teamkollegen gut geht. "Ich wünschte, ich hätte es nicht getan", meint der heute 48-Jährige, der auf den rot-weißen Helm im Cockpit schaute: "Die Position des Kopfes war verändert und verstörend. Mir wurde übel und mir dünkte stark, dass er nicht mehr am Leben war." Ratzenberger hatte sich das Genick gebrochen. Brabham konzentrierte sich darauf, die Reifen auf Temperatur zu halten und das Auto an die Box zu bringen: "Ich wollte nicht darüber nachdenken, was ich gesehen hatte. Es war wie ein Abwehrmechanismus."


Fotostrecke: Die Karriere von Roland Ratzenberger

Auch bei Simtek ahnte man, was sich zugetragen hatte: "Ich erinnere mich an meine Frau Lisa mit einem schockierten Gesicht. Ich lief zu ihr und umarmte sie." Den Brabhams standen bange Stunden bevor, schließlich klammerte sich David an die Hoffnung, dass er die Situation aus dem Auto heraus falsch eingeschätzt hatte. Er wusste jedoch, dass es sehr wenig Grund zur Zuversicht gab. "Ich bereitete mich darauf vor, Roland nie wiederzusehen", berichtet er. Hinter dem heruntergelassenen Garagentor der Simtek-Mannschaft wurde nicht viel gesprochen.

Sennas Tod sichert Erinnerung an Ratzenberger

Trotzdem wollen alle Teammitglieder wissen, was passiert war. Nur so viel war bekannt: Es hatte einen Defekt am Auto gegeben, genauer gesagt am Frontflügel. "Es wäre zu simpel, zu glauben, dass es daran lag, dass wir ein kleines Team sind. Das passiert sogar noch heute den Topteams", meint Brabham, der kurz darauf bittere Gewissheit hatte. Das Team und die FIA stellten es ihm frei, im Rennen an den Start zu gehen. Er bestritt Warmup und entschied sich für den Grand Prix: "Ich dachte, es wäre das, was ich tun müsste. Für einen Piloten ist es schwierig, zu sagen: 'Ich fahre nicht mehr.'"

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Roland Ratzenberger im Simtek: Nicht nur Brabham wird das Bild nicht vergessen Zoom Download

Geschlafen hatte er in der Nacht zuvor kaum, schließlich war Ehefrau Lisa zu diesem Zeitpunkt in der 18. Woche schwanger. Das ließ ihn grübeln. Auch Brabham hatte im Rennen anschließend einen Lenkungsdefekt zu beklagen, schleppte das Auto aber an die Box. "Ich wollte einfach nur raus und hatte das Gefühl, Glück zu haben, noch am Leben zu sein", erzählt Brabham, der damals auch noch unter den Eindrücken des Unfalls Ayrton Sennas litt, dessen Folgen er ebenfalls aus dem Cockpit heraus beobachtet hatte. Wieder gelbe Flaggen, wieder ein Wrack, wieder wenig Hoffnung.

Dass der Tod seines Teamkollegen und Freundes - wie oft behauptet - im Schatten der Tragödie um den großen Brasilianer stünde, glaubt der Australier nicht. Im Gegenteil: "Würden wir so lange über Roland sprechen, wenn Senna an diesem Wochenende nicht gestorben wäre? Sicher nicht. Dieser Fakt bedeutet, dass wir seinen Namen immer hören werden."

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