"C'est comme ca": Vergne auf die Geduldsprobe gestellt

Nach seinem zweiten Jahr als Toro-Rosso-Stammpilot lässt Jean-Eric Vergne seine Karriere Revue passieren und zieht daraus für ihn wertvolle Erkenntnisse

von Christian Schrader · 17.12.2013 18:36

(Motorsport-Total.com) - Herr, gib' mir Geduld, aber bitte sofort! Ein vielzitierter Spruch, den Jean-Eric Vergne vor einiger Zeit sofort unterschrieben hätte, wie er zugibt. "Mein wahrscheinlich größtes Problem, als ich in die Formel 1 gekommen bin, war, geduldig zu sein", erzählt er 'Sky Sports F1'.

Versucht sich fortan mehr in Geduld zu üben: Jean-Eric Vergne

In den Nachwuchsserien überzeugte der Franzose mit seinem Speed und empfahl sich damit für die Aufnahme ins Red-Bull-Juniorteam. 2011 wurde der Mann aus Pontoise, einer Gemeinde nordwestlich der französischen Hauptstadt Paris, Testfahrer von Toro Rosso und kam zu drei Freitagseinsätzen. Im Jahr darauf folgte die Beförderung zum Stammpiloten. Eine Karriere auf der Überholspur.

Sein erstes Formel-1-Rennen am 18.03.2012 in Australien beendete Vergne auf Rang elf, mit dem er die Punkteränge nur knapp verpasste. Als Außenstehender könnte man meinen: ein respektables Ergebnis für einen Rookie. Doch im Kopf des ehrgeizigen Franzosen schienen damals andere Ziele zu geistern: "In jeder Klasse seit Kartzeiten war man gewohnt, alles zu gewinnen und du hattest wirklich schlechte Laune, wenn du als Zweiter oder Dritter auf dem Podium standest", sagt Vergne und fügt selbstreflektierend hinzu: "Ich war so einer. Ich war immer wütend, wenn ich ein Rennen nicht gewonnen habe."

"Ich war immer wütend, wenn ich ein Rennen nicht gewonnen habe."Jean-Eric Vergne
Bereits in seinem zweiten Formel-1-Grand-Prix konnte sich Vergne mit Rang acht in Malaysia vier WM-Punkte sichern. Ebenso wie später in Belgien, Südkorea und Brasilien. 16 Punkte in der Rookie-Saison - das ist beachtlich gut, aber für Vergne nicht gut genug: "Wenn du in die Formel 1 kommst", sagt der Toro-Rosso-Pilot, "und in diesem Team um Platz zehn kämpfst, dann macht es die Sache ziemlich schwierig und es hat sehr, sehr lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass Platz acht oder zehn ein gutes Ergebnis ist und ich positiv gestimmt sein kann", erklärt Vergne seinen Lernprozess.
"Es hat sehr, sehr lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass Platz acht oder zehn ein gutes Ergebnis ist."Jean-Eric Vergne
In der abgelaufenen Saison 2013 konnte der Franzose neben dem zehnten Platz in Malaysia und Rang acht in Monaco mit Position sechs in Kanada sein bestes Ergebnis in der Königsklasse feiern. Der Wehrmutstropfen: diesem Punktegewinn folgte eine bis dato zwölf Rennen andauernde Durststrecke. Hinzu kam der Dämpfer, dass nicht er sondern Teamkollege Daniel Ricciardo im kommenden Jahr Mark Webber beim Schwesterteam Red Bull ersetzen und neben Weltmeister Sebastian Vettel fahren darf.

"C'est comme ca et puis c'est tout" - "Es ist wie es ist, und so ist es eben", sagt man in Frankreich. In diesem Zusammenhang betont Vergne heute gerne, dass ihm diese vermeintliche Niederlage viel gebracht habe, insbesondere in der persönlichen Entwicklung, aber auch als Rennfahrer. Er habe gelernt, in der schnelllebigen PS-Manege geduldiger und gelassener zu sein. "Ich liebe diesen Sport", sagt Vergne. "Selbstverständlich würde ich ihn noch mehr lieben, wenn ich an der Spitze fahren würde, aber manchmal muss man sich gedulden. Und das versuche ich."