• 05. November 2012 · 13:50 Uhr

WM-Duell: Experten legen sich nicht fest

Sebastian Vettel oder Fernando Alonso? Experten wie Alain Prost wollen sich nicht festlegen, erinnern sich aber an ihre eigenen WM-Erfahrungen...

(Motorsport-Total.com) - Mit zehn Punkten Vorsprung und dem mutmaßlich besseren Auto geht Sebastian Vettel in die letzten beiden Saisonrennen in Austin und Sao Paulo, doch am vergangenen Wochenende in Abu Dhabi haben alle gesehen, wie schnell es theoretisch gehen kann, im WM-Endspurt auch mal nur eine Null anzuschreiben. Das kann beiden Konkurrenten gleichermaßen passieren, sodass sich die Experten nicht mehr auf einen Favoriten einigen können.

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Wer wird zum dritten Mal Weltmeister: Sebastian Vettel oder Fernando Alonso? Zoom Download

"Es kann alles passieren", erklärt Alain Prost, Champion von 1985, 1986, 1989 und 1993, gegenüber 'Sky Sports F1'. "Sebastian ist gut drauf, er sieht gut und frisch aus. Er soll einfach versuchen, das nächste Rennen zu gewinnen. Aber wenn nur eine Kleinigkeit passiert, kann sich das völlig umdrehen - und dann schlägt das Pendel vielleicht zugunsten von Fernando aus. So knapp vor dem Ende ist es immer 50:50, auch wenn einer das beste Auto hat."

"Sebastian hat momentan das beste Auto, aber Ferrari hat viele neue Teile gebracht", beobachtet der Franzose, 1990 (Vize-Weltmeister) und 1991 (WM-Fünfter) selbst Ferrari-Pilot. Auch vom Kopf her sieht er eher Alonso derzeit leicht im Vorteil: "Am Ende könnte Fernandos Ausgangsposition psychologisch vielleicht ein bisschen einfacher sein. Es ist immer einfacher, von hinten anzugreifen, weil du nichts zu verlieren hast."

Coulthard: Eine Frage der Sympathie

"Ferrari", stimmt David Coulthard in den 'Gulf News' zu, "kann es absolut noch schaffen, und niemand würde sagen, dass es Fernando dieses Jahr nicht verdient hätte. Aber für Sebastian gilt das auch. Er liegt jetzt vorne und niemand kann ihm wegnehmen, was er dieses Jahr erreicht hat. Letztendlich geht es um Emotionen: Wo liegt dein Herz, bei Ferrari oder Red Bull? Hältst du zum Spanier oder zum Deutschen?"

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Kollision mit Ayrton Senna 1989: Alain Prost hat Erfahrung mit Titelkämpfen Zoom Download

Auf jeden Fall wird der WM-Kampf zu einer Nervenschlacht. Alonso twittert seit einiger Zeit wie ein Samurai-Kämpfer, Vettel schwebt seit seiner gestrigen Aufholjagd auf Wolke sieben. "Wenn du ein bisschen unter Stress stehst, dann lassen deine Leistungen nach, und wenn du das zu übergehen versuchst, indem du mehr riskierst, machst du kleine Fehler", erinnert sich Prost an seine eigenen WM-Schlachten gegen Ayrton Senna.

Auch Damon Hill kann sich gut in die beiden Rivalen hineinversetzen, schließlich fightete er 1994 und 1995 gegen Michael Schumacher und 1996 (erfolgreich) gegen seinen damaligen Williams-Teamkollegen Jacques Villeneuve. Hill stellte damals fest, dass der psychologische Druck ganz konkrete Auswirkungen auf seine Leistung im Cockpit hatte: "Ich wollte schnell fahren, aber meine Hände waren wie gelähmt", gibt er zu.

Ratschläge am besten ignorieren

Prost hingegen tat sich eher mit der Frage nach der richtigen Strategie schwer: "Am Ende einer Weltmeisterschaft gerätst du immer in eine Situation, in der du vor der Frage stehst: 'Soll ich jetzt maximal attackieren oder ein bisschen auf Sicherheit fahren?' Das ist der schwierige Punkt, und da muss man im Kopf frei sein und das tun, was du selbst für richtig hältst. Auf Stimmen von außen darfst du da nicht hören", findet der Franzose.


Feature: Dreimal Formel-1-Weltmeister werden

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Eines steht übrigens jetzt schon fest: Entweder Vettel oder Alonso werden nach dem Saisonfinale in Sao Paulo in die elitäre Liga der dreimaligen Weltmeister aufsteigen. Dieser gehören bisher nur acht Fahrer an. Für Prost war im Nachhinein betrachtet trotzdem der erste seiner vier Titel am schönsten: "Wenn du zum ersten Mal Weltmeister wirst, erinnerst du dich dein ganzes Leben lang daran. Du kannst dir sagen: 'Jetzt habe ich es geschafft!'"

Der erste Titel ist immer der schönste

"Ich erinnere mich noch genau an 1985. Als ich die Zielflagge sah, wusste ich: 'Ich habe es geschafft, zumindest einmal, als erster Franzose in der Formel 1!' Damit war ich Weltmeister", sagt er. "Ich erinnere mich noch genau an die Auslaufrunde. Ich musste ein bisschen weinen und dachte an meine Eltern und an meinen Bruder, der krank war. Ich war überglücklich. Es ist wie das Ende einer langen Gerade. Danach musst du dir eine neue suchen und du fängst wieder von vorne an."

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Theoretisch könnte die Entscheidung schon in zwei Wochen in Austin fallen, wenn Vettel um mindestens 15 Punkte mehr holt als Alonso. Dazu würde bei einem Ausfall des Ferrari-Piloten schon ein dritter Platz reichen. "Ich hoffe aber, dass es erst am Ende entschieden wird, denn das wäre ein großartiges Finale für alle von uns", hofft Coulthard, dessen Job als TV-Experte ansonsten in Sao Paulo deutlich langweiliger wäre.

Und noch etwas steht für den ehemaligen Red-Bull-Formel-1-Piloten fest: "Die Frage ist nicht, ob beide großartige Fahrer sind oder großartige Teams um sich haben. Beide sind großartig, die schenken sich nichts - und beide verdienen die Weltmeisterschaft. Man kann auch nicht sagen, dass Sebastian jetzt zweimal gewonnen hat und nun wer anderer dran ist, denn dieser Bursche hat es dieses Jahr auch spitze zusammengehalten!"

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