• 25. September 2012 · 17:14 Uhr

Wolff: "De Villotas Crash zeigt, dass Williams richtig liegt"

Williams-Testpilotin Susie Wolff im Interview: Gegen welche Vorurteile sie kämpft, womit Männer nicht umgehen können, wieso sie de Villotas Drama nicht verunsichert

(Motorsport-Total.com) - Nach Maria de Villotas tragischem Crash bei einem Formel-1-Geradeaustest ist Susie Wolff die einzige Testpilotin in der "Königsklasse" des Motorsports. Im Oktober wird die 29-jährige Schottin, die seit 2006 ein Fixstern in der DTM ist, in Silverstone im Williams ihre Formel-1-Testpremiere feiern. Im ausführlichen Interview mit 'Motorsport-Total.com' gibt sie Einblicke, warum man es als Frau im Motorsport immer noch schwerer hat, schildert ihre intensiven Vorbereitungen auf den Test und wehrt sich gegen den Vorwurf, dass ihr Ehemann, Williams-Mitbesitzer Toto Wolff, der Grund für ihren Job als Entwicklungspilotin ist.

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Susie Wolff ist seit dieser Saison Entwicklungspilotin beim Williams-Team Zoom Download


Frage: "Susie, Michael Schumacher glaubt, dass es bald eine Frau in der Formel 1 geben wird, weil er auf den Kartbahnen immer mehr Mädchen wahrnimmt. Hast du einen ähnlichen Eindruck?"
Susie Wolff "Hundertprozentig. Ich komme gerade direkt aus Schottland und war an einer Kartbahn. Rasch kamen zwei junge Mädchen auf mich zu und erzählten mir ganz euphorisch, dass ein Bild von mir in ihrem Schlafzimmer hängt, dass sie den Kartsport lieben und Rennfahrerinnen werden wollen, wenn sie älter sind. Und all das auf einer kleinen Kartbahn an der Ostküste Schottlands. Sogar dort erkennt man bereits den Unterschied zu früher. Das zeigt klar, dass sich was verändert. Heute fangen auf jeden Fall mehr junge Mädchen mit dem Kartfahren an als früher. Und je mehr Mädchen Kart fahren, desto mehr werden es nach oben schaffen. Das ist sehr ermutigend."


Frage: "Woran liegt es deiner Meinung nach, dass sich mehr Mädchen interessieren?"
Wolff: "Ich denke, dass sich die Trends langsam ändern. Wenn ein Mädchen heute Formel 1 schaut, dann sind da Maria (de Villota, Anm.) und Marussia, dann bin ich da bei Williams, dann sitzt Monisha (Kaltenborn, Anm.) am Sauber-Kommandostand. Ich denke, dass das einen Eindruck macht. Bei Williams gibt es sogar auf Vorstandsebene zwei Frauen - in der Marketing- und in der Finanzabteilung. Es passiert also nicht nur auf der Rennstrecke etwas, sondern auch abseits. Es kommen immer mehr Frauen in diese Spitzenpositionen."

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Susie Wolff im Interview mit 'Motorsport-Total.com'-Reporter Haidinger Zoom Download

"Die Formel 1 ist ein sehr leistungsorientierter Sport - dorthin schafft man es nur, wenn man gut genug ist. Und diese Frauen sind gut genug. Allgemein denke ich, dass sich heute einfach mehr Frauen in dieser Umgebung bewegen. Wenn also junge Mädchen Rennfahrerinnen sehen, die Erfolg haben, die sich in der DTM Platz verschaffen - und das in einem rosa Auto ... Die Mädchen, die bei den DTM-Rennen auf mich zukommen, sind alle rosa gekleidet. Und dann kommen sie auf mich zu und sagen: 'Du fährst ein rosa Auto, und ich will auch eines Tages ein rosa Auto fahren.' Das sind Kleinigkeiten, aber ich glaube, dass sie einen Unterschied machen."


Frage: "Siehst du dich selbst als Vorbild für Frauen oder junge Mädchen, die gerne Rennen fahren würden?"
Wolff: "Es gibt immer noch viel, was ich gerne erreichen würde, bevor ich zurückblicken und sagen kann, dass ich hoffe, eine Inspiration oder ein Vorbild zu sein. Ich möchte gute Formel-1-Tests absolvieren, will in der DTM erfolgreich sein. Ich glaube nicht, dass ich jetzt mit Stolz sagen kann, dass ich ein Vorbild bin. Ich möchte vorher noch viel mehr in meiner Karriere erreichen. Wenn ich aber in einem rosa Auto junge Mädchen inspirieren kann - selbst wenn es nur eine Handvoll sind -, und sie sich dann für den Rennsport interessieren und mit dem Kartsport beginnen wollen, dann ist das ein positives Ergebnis."


Frage: "Siehst du das als eine Art Mission? Willst du anderen als Frau etwas beweisen, oder geht es nur um dich selbst?"
Wolff: "Ich werde oft gefragt, ob ich für andere Frauen Mauern niederreiße. Ich sage darauf immer, dass das nicht der Fall ist. Ich habe das Glück, den Sport ausüben zu dürfen, den ich liebe. Ich hatte immer eine große Leidenschaft für den Kart- und für den Rennsport. Es war immer mein Traum, einmal Profirennfahrerin zu sein. Es war immer mein Traum, eines Tages ein Formel-1-Auto zu fahren. Mir geht es darum, so gut zu sein wie nur irgendwie möglich."

"Immer mehr Frauen kommen im Motorsport in Spitzenpositionen."Susie Wolff
"Wenn das andere inspiriert, ist das fantastisch, aber ich versuche nicht, anderen Frauen zu zeigen: 'Schaut - was ich kann, das könnt ihr auch!' Es ist für mich auch nicht von Bedeutung, wie viele Jungs ich schlagen kann, oder es den Jungs zu zeigen, dass auch Frauen rennfahren können. Ich fahre für mich, und nicht, um etwas aufzuzeigen oder etwas zu beweisen."

Wie Wolff den Kampf der Geschlechter erlebt

Frage: "Sehen das die Männer ähnlich, wenn sie von einer Frau überholt werden, oder hast du den Eindruck, dass sie bei den Geschlechtern einen Unterschied machen?"
Wolff: "Es würde mich wirklich freuen, wenn das nicht der Fall wäre, aber in Wirklichkeit ist das wohl schon so. Ich weiß, dass - sagen wir mal - 80 Prozent des DTM-Feldes es hassen würde, von mir geschlagen zu werden. Viele Jungs landen lieber im Reifenstapel oder im Kiesbett, wenn sie mich überholen wollen, als hinter mir zu bleiben. Ich habe nur das Glück, dass sich die DTM auf so einem hohen Niveau bewegt. Ich denke aber, dass es für Jungs immer ein Problem sein wird, von einem Mädchen geschlagen zu werden."

"Andererseits fühle ich mich in der DTM sehr gut aufgenommen - ich habe großartige Teamkollegen bei Mercedes-Benz und bin wirklich ein Teil dieser Familie. Der Respekt der anderen Fahrer wird größer, aber ich bin immer noch der Meinung, dass ein Kerl damit kaum umgehen kann."


Frage: "Sahst du dich als Frau in deiner Karriere oft mit Vorurteilen konfrontiert? Fallen dir da konkrete Situationen ein?"
Wolff: "Natürlich. Wenn du beim Debriefing mit dem Team sitzt, und dein Ingenieur sagte ohne nachzudenken zum anderen Fahrer, dass er gefahren ist wie ein Mädchen ... Und dann realisiert er es und entschuldigt sich: 'Susie, das hab ich nicht so gemeint, ich habe es wirklich nicht so gemeint!' Und noch was fällt mir ein: Ich bin Teamkollegin von Roberto Merhi, der im Vorjahr die Formel 3 gewonnen hat. Er sagt oft zu mir: 'Ich kann es nicht glauben, du hast mich fast geschlagen!'. Oder: 'Du bist schneller als ich!?'. Für diese jungen Kerle ist es ausgeschlossen, von einem Mädchen geschlagen zu werden."

"Du sitzt beim Debriefing, und dein Ingenieur sagte ohne nachzudenken zum anderen Fahrer, dass er gefahren ist wie ein Mädchen ..."Susie Wolff
Frage: "Der Motorsport ist also nach wie vor eine ziemliche Matcho-Welt."
Wolff: "Ja, das stimmt, aber ich will das jetzt nicht in ein negatives Licht rücken. Natürlich ist es hart, mit manchen Teams zurechtzukommen, weil es dort Vorurteile gibt, aber im Grunde zählt nur, dass ich Rennen fahre, weil ich den Rennsport liebe. Natürlich muss ich mit der Situation zurechtkommen, mit den Vorurteilen, mit denen ich konfrontiert bin, denn ich will ja erfolgreich sein. Natürlich ist es manchmal hart, sich in einer männlichen Umgebung zu bewegen, aber es ist meine Entscheidung, das zu tun. Es ist meine Entscheidung, in einer männlich-dominierten Welt erfolgreich zu sein. Ich will nicht um Mitleid betteln. Ich will nicht, dass die Leute sagen: 'Oh ... es ist so hart, die Arme ..." Es ist wie es ist, ich habe mich dafür entscheiden, und ich genieße es."


Frage: "Du würdest dir wahrscheinlich wünschen, dass beide Geschlechter die gleichen Möglichkeiten hätten."
Wolff: "Ja, liebend gerne, aber das wird noch eine Zeitlang dauern, bis es komplett ausgeglichen ist."

Spannung vor Formel-1-Premiere im Oktober

Frage: "Wann wird dein erster Formel-1-Test stattfinden?"
Wolff: "Im Oktober, in Silverstone."


Frage: "Ist bereits alles fix?"
Wolff: "Ja."


Frage: "In was für einem Auto?"
Wolff: "Im letztjährigen Williams."


Frage: "Da besteht kein Widerspruch zum Testverbot?"
Wolff: "Nein, weil es ein Filmtag sein wird. Die Herausforderung ist in diesem Fall, dass Williams heute ein Topteam ist, und es steht natürlich nicht zur Debatte, dass ich einem Kerl wie Valtteri Bottas, der versucht, in die Formel 1 zu kommen, Testtage wegnehme. Das ist ohnehin nicht möglich. Ich bin aber Williams-Entwicklungsfahrerin, und Frank will, dass dieser Test auf ordentliche Art und Weise abläuft, statt eine Marketing-Nummer abzuziehen. Ich denke, dass es schon ziemlich okay ist, wenn ich zum ersten Mal an einem Filmtag in diesem Auto sitzen werde."

"Da geht es darum, eine solide Performance abzuliefern, einfach zu zeigen, dass ich fähig bin, dieses Auto zu fahren. Hoffentlich erhalte ich dann eine weitere Chance, wo ich mich mit anderen Fahrern messen kann und das aktuelle Auto fahre. Das ist jetzt aber meine erste Chance, und da reicht ein Filmtag aus."

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Wolff wird im Oktober diesen Williams FW33 aus dem Vorjahr testen Zoom Download

Frage: "Hast du schon einen Geradeaustest absolviert?"
Wolff: "Nein."


Frage: "Dann fängst du mit dem Filmtag im Gegensatz zu vielen anderen Fahrern auf einem höheren Niveau an ..."
Wolff: "Ja. Und es geht für mich darum, mich langsam heranzutasten und nicht zu viel zu erwarten. Ich bin nicht GP2 gefahren, ich komme aus der DTM. Die Sache soll ordentlich ablaufen, und ich möchte darauf vorbereitet sein."


Frage: "Gibt es bereits ein fixes Datum, auf das du hinarbeiten kannst?"
Wolff: "Ich denke nicht, dass das Datum bereits steht. Mir wurde nur gesagt, dass ich mich vorbereiten sollte, und mein Nacken wird durch das Training von Woche zu Woche größer. Natürlich bin ich auch immer wieder im Simulator in der Fabrik, denn es geht darum, alles über das Auto zu lernen und so gut wie möglich auf diesen Test vorbereitet zu sein. Im Hintergrund finden also schon viele Vorbereitungen statt."


Frage: "Was ist in der Vorbereitungsphase die größte Herausforderung? Ist es das Lenkrad mit den vielen Knöpfen oder etwas anderes?"
Wolff: "Für mich sind es die vielen Knöpfe auf dem Lenkrad, die ja jeder sehen kann. Diese Denkprozesse müssen so automatisiert sein, dass ich es nur noch tun brauche und mich auf das Fahren konzentrieren kann. Ich sollte mir keine Gedanken machen müssen, welcher Knopf jetzt der richtige ist. Das muss leicht gehen, damit ich mich auf die Strecke konzentrieren und den Fokus auf die bestmögliche Rundenzeit legen kann. Diesbezüglich kann ich im Simulator sehr intensiv arbeiten."


Frage: "Hat dir das Team das Lenkrad mit nach Hause gegeben, und lernst du alle Knöpfe wie vor einer Prüfung?"
Wolff: "Nein. Das Erste, was das Team getan hat, als ich als Entwicklungsfahrerin in die Fabrik kam, war, dass sie mir einen Ausdruck des Lenkrads gegeben haben mit all den Bedienungsbefehlen. Natürlich muss ich das Lenkrad auch in der Hand haben, aber so kann ich mich auch außerhalb der Fabrik vorbereiten und es lernen. Denn wenn ich im Auto sitze und schnell fahre, dann möchte ich nicht darüber nachdenken, wie ich etwas verstelle. Das kann man sich nicht leisten. Da hilft mir die Arbeit im Simulator sehr."

Wolff wehrt sich gegen Vitamin-B-Vorwurf

Frage: "Bei Maria de Villotas tragischem Unfall dürfte ein Bedienungsfehler der Auslöser gewesen sein. Hast du dir gedacht, dass du in ihrer Situation stecken könntest, wenn du nicht perfekt vorbereitet bist?"
Wolff: "Nein. Ich glaube, dass ich unglaubliches Glück habe, in einem der Topteams zu sein. Jeder, der sagt, dass ich das nur durch meinen Ehemann geschafft habe und es eigentlich nicht verdiene, soll hier bitte keinen Fehler machen: Frank Williams würde es mir niemals erlauben, mich in eines seiner Autos zu setzen, wenn er nicht das Gefühl hätte, dass ich dafür bereit bin. Mark Gillan und all die Menschen in der technischen Abteilung würden mich nicht fahren lassen, wenn sie das Gefühl hätten, dass ich nicht fahren kann."

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Motorsportpaar: Susie Wolff und ihr Ehemann, Williams-Mitbesitzer Toto Wolff Zoom Download

"Das ist der Grund, warum ich in der Fabrik sehr gut vorbereitet werde und alles lerne, was ich lernen muss. Ich lerne es eigentlich besser, als ich es lernen müsste, damit ich wirklich vorbereitet bin. Und Leuten, die sagen, dass mir das nur wegen meines Ehemanns ermöglicht wird, kann ich nur sagen, dass man die Gelegenheit, ein Formel-1-Auto zu fahren, nicht einfach durch Gefälligkeiten bekommt. Es gehört sehr viel dazu, das Auto erfolgreich zu fahren und eine gute Arbeit zu leisten."

"Ich habe diese Chance nur erhalten, weil ich dazu in der Lage bin. Jetzt liegt es nur an mir, diese Chance zu ergreifen und die bestmögliche Arbeit abzuliefern. Ich hoffe, dass meine Arbeit gut genug sein wird, dass sie alle sagen: 'Sie trägt etwas bei, sie kann uns helfen!'. Wenn jemand gebraucht wird für einen Geradeaustest oder wenn es die Gelegenheit gibt, an einem Young-Driver-Test teilzunehmen, dann will ich, dass sie sagen: 'Susie sollte diesen Tag bestreiten, denn sie kann uns Feedback geben, sie ist fähig, das Auto zu fahren.' Das ist mein Ziel."

De-Villota-Crash sorgte bei Williams nicht für Zweifel

Frage: "Du willst dich mit diesem Test für höhere Dienste empfehlen."
Wolff: "Genau. Was Maria passiert ist, ist furchtbar. Ich kenne Maria recht gut, und sie ist so eine nette Dame. Es war ganz furchtbar, darüber zu lesen. Wenn das aber Williams und meine Rolle bei Williams in irgendeiner Form beeinflusst hat, dann hat es uns alle noch sicherer gemacht, dass wir es richtig machen und dass ich gut vorbereitet sein werde. Und, dass ich es nicht mache, weil sie gerne ein Mädchen im Auto hätten. Sie machen es, weil sie wissen wollen, ob ich etwas zum Team beitragen kann."


Frage: "Wie bist du mit der Unglücksnachricht von de Villota, die in einer ähnlichen Rolle war wie du, umgegangen? Es drangen kaum Informationen an die Öffentlichkeit. Hast du selbst recherchiert, was passiert ist?
Wolff: "Nein. Mir ist durch meine Simulatorarbeit absolut bewusst, wie kompliziert es ist, dieses Auto zum Stillstand zu bringen. Ich habe aber das Glück, dass ich mit guten Leuten wie bei Williams arbeite, denn sie bereiten mich auf alles vor. Wir gehen alle Eventualitäten durch. Teil des Rennteams zu sein und bei allen Debriefings dabei zu sein, gibt dir ein viel größeres Verständnis. Zudem fahre ich in der DTM auf einem sehr hohen Niveau. Ich sitze alle zwei Wochen im Rennauto, daher befinde ich mich ständig in diesem Rennkreislauf. Wenn ich mich also in das Formel-1-Auto setze, dann lege ich den Fokus nicht darauf, dass mir etwas zustoßen könnte. Ich hoffe, dass sich Maria erholt."

"Ich habe das Glück, dass ich mit guten Leuten wie bei Williams arbeite, denn sie bereiten mich auf alles vor."Susie Wolff
Frage: "Hast du mit ihr persönlich gesprochen?"
Wolff: "Ja. Wir sind ja beide Botschafterinnen der FIA Women in Motorsport Commission, und ich habe ihr meine Hilfe angeboten, wenn ich irgendetwas für sie tun kann. Aber sie ist eine sehr taffe Dame, und sie wird irgendwie ihren Weg finden."


Frage: "Wie oft sitzt du im Williams-Simulator?"
Wolff: "Toto verbringt jetzt ohnehin mehr Zeit in Oxford, also verbringe ich dort auch Zeit. Ich bin also in der glücklichen Lage, dass ich oft in der Fabrik bin. Mein hauptsächlicher Fokus gilt aber der DTM. Diese Saison ist sehr hart. Ich gebe mich mit schlechten Ergebnissen nicht zufrieden. Ich will mich immer verbessern und herausfinden, warum die Resultate schlecht sind und wie es besser laufen könnte. Das verlangt mir sehr viel Energie ab. Ich bin aber bei fast allen Formel-1-Rennen, ich verbringe viel Zeit mit dem Team, und jedes Mal, wenn ich in Oxford bin, sitze ich im Simulator."


Frage: "Passiert das jede Woche, oder eher zwei Mal im Monat?"
Wolff: "Zwischen zwei und vier Tagen im Monat, aber nicht jede Woche. Manchmal bin ich zwei Tage hintereinander dort. Es hängt auch davon ab, ob es sich um einen Monat mit vielen DTM-Rennen handelt. Bei zwei aufeinanderfolgenden Rennen geht es sich nicht aus."


Frage: "Wie läuft ein Formel-1-Wochenende aus deiner Sicht ab: Was machst du, kannst du dem Team helfen, was kannst du lernen?"
Wolff: "Man darf nicht denken, dass ich zu einem Rennen komme und dem Rennteam helfen kann. Das ist die Elite der besten Ingenieure, die zusammenarbeiten, daher geht es für mich darum, da zu sein und zu beobachten. Ich hänge ständig am Boxenfunk und nehme an den Debriefings teil, um zu verstehen, welche Probleme es beim Auto gibt. Man darf nicht denken, dass es sich bei der DTM um Tourenwagen handelt und bei der Formel 1 um etwas ganz anderes. Es gibt die gleichen Probleme - Untersteuern, Bremsen, wie sich das Auto in den unterschiedlichen Kurven verhält. Es ist sehr ähnlich, nur in der Formel 1 passiert es auf einem höheren Niveau. Wenn ich also in der Garage stehe, dann kann ich auf viel genauere Art und Weise verfolgen, was vor sich geht. Es geht darum, mich ins Team zu integrieren, zu beobachten und zu lernen ..."


Frage: "Und sicher auch darum, die Leute kennenzulernen ..."
Wolff: "Genau."


Frage: "Bist du bei jedem Briefing?"
Wolff: "Nein, denn es ergibt keinen Sinn, im Debriefing zu sitzen, wenn im Training zum Beispiel wegen Regens kaum gefahren wird. Ich kann mich frei bewegen. Ich nehme aber an den relevanten Debriefings teil. Außerdem laufe ich nicht immer in Teamklamotten herum, weil ich natürlich nach wie vor Teil des Mercedes-Benz-DTM-Teams bin."

Warum sich Formel-1-Piloten in der DTM schwer tun

Frage: "Viele Ex-Formel-1-Piloten wie Ralf Schumacher oder David Coulthard haben in der DTM heute viel größere Schwierigkeiten. Wenn du jetzt deine Simulatorerfahrung heranziehst - glaubst du, dass es einfacher ist, von einem DTM- in ein Formel-1-Auto zu wechseln?"
Wolff: "Man sieht, dass Paul DTM-Meister wurde und in der Formel 1 auf Anhieb schnell war. Wenn man es aber umgekehrt macht, dann erwartet man viel mehr vom Auto. Das ist für DC (David Coulthard, Anm.) manchmal schwierig. Er ist es gewohnt, dass man das Setup ändert und das Auto so mehr an seinen Fahrstil anpassen kann. In der DTM benötigt man aber einen speziellen Fahrstil."


Frage: "Man muss sich also mehr an ein DTM-Auto anpassen, als das bei einem Formel-1-Auto der Fall ist?"
Wolff: "Ja. Dazu kommt, dass es immer einfacher ist, nach oben zu gehen als nach unten."

"David Coulthard ist es aus der Formel 1 gewohnt, dass man das Auto an den eigenen Fahrstil anpassen kann."Susie Wolff
Frage: "Auch aus mentaler Sicht? Wird die DTM deiner Meinung nach von den Formel-1-Piloten unterschätzt?"
Wolff: "Ich denke nicht, dass die Arroganz so sehr das Problem ist. David und Ralf sind sehr gute Rennfahrer, aber es ist eine Tatsache, dass die DTM auf einem sehr hohen Niveau ist. Man darf nicht den Fehler machen und das unterschätzen - da fahren Mortara, Ekström, Spengler, Paffett, Green. Diese Jungs sind sehr schnell. Leute wie Andy Priaulx - er ist ein dreifacher Tourenwagen-Weltmeister. Er ist eingestiegen, und man findet ihn oft im hinteren Feld."

"Für mich ist das gut, denn wenn die Leute zu mir sagen, dass ich immer hinten bin, dann müssen sie sich nur ansehen, wer noch hinten ist. Dann sagen sie: 'Um Himmels willen, das stimmt. Das sind keine Nobodys'. Ich denke also, dass sie von der Formel 1 in die DTM kommen und damit rechnen, dass es hart wird, aber sie realisieren nicht, wie hart es ist, die letzten Zehntel herauszuholen."


Frage: "Es geht um die Detailarbeit."
Wolff: "Ja. Jeder kann im Bereich von einer halben Sekunde herankommen. Aber es geht, darum, die letzten Hundertstel und Zehntel aus dem Auto herauszuholen, denn das macht den Unterschied."

Wolffs DTM-Zukunft unklar

Frage: "Könntest du mit der Perspektive leben, in der DTM zu bleiben, oder führt für dich kein Weg an der Formel 1 vorbei?"
Wolff: "Meine größte Motivation ist es, Erfolg zu haben. Ich will keine Statistin sein, ich will nicht in der Meisterschaft mitfahren, wo es keine Perspektive gibt, Punkte zu holen oder auf dem Podest zu landen. Das ist meine Hauptmotivation. Die Saison in der DTM ist sehr hart, aber ich analysiere noch nicht und denke noch nicht darüber nach, ob ich weitermachen oder aufhören will. Die Saison ist noch nicht zu Ende, und bei den verbleibenden Rennen werde ich alles versuchen, um das bestmögliche Ergebnis zu erreichen."

"Wenn ich das Gefühl bekomme, dass es in der DTM keine Perspektive mehr gibt, dass sich die Situation verbessert und dass ich Erfolg habe, dann wäre es vielleicht an der Zeit, mich woanders umzuschauen. Derzeit bin ich aber froh, bei Mercedes-Benz zu sein, ich bin auch glücklich mit meiner Aufgabe in der Formel 1. Ich muss noch herausfinden, wo ich also Erfolg haben kann. Derzeit ist es mein Fokus, in der DTM erfolgreich zu sein."

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Susie Wolff muss dieses Jahr in der DTM den Grenzbereich ausloten Zoom Download

Frage: "Wie siehst du deine aktuelle DTM-Saison?"
Wolff: "Ich bin überhaupt nicht glücklich. Niemand kann mit den Ergebnissen, die ich hatte, zufrieden sein. Man muss es aber ins rechte Licht rücken: Mein Teamkollege ist Roberto Merhi - er war letztes Jahr Formel-3-Meister, Robert Wickens, der im gleichen Auto wie ich sitzt, war Renault-World-Series-Meister - und das in einem starken Feld. Diese Jungs bewegen sich in meinem Bereich und sind im Qualifying vielleicht ein Zehntel schneller als ich, manchmal bin ich schneller. Das ist meine Ausgangssituation - ich fahre gegen zwei der besten Nachwuchsfahrer. Ich fahre gegen einen Fahrer, der in der Formel 1 Rennen gewonnen hat, und ich schlage ihn manchmal im Qualifying."

FIA-Frauen-Kommission: Wolff will Erfahrung weitergeben

Frage: "Was ist euer Ziel mit der FIA Women in Motorsport Commission? Wer nimmt daran teil, und wollt ihr Lobbying für Frauen im Motorsport betreiben?"
Wolff: "Nein, es geht nicht um eine Lobby. Es geht darum, worüber wir am Anfang geredet haben - jungen Mädchen oder Frauen, die Interesse am Rennsport haben, aber keine Perspektiven sehen, zu zeigen, dass wir hier sind und Erfolg haben. Mir ist das Wort Botschafterin lieber als das Wort Vorbild. Wir wollen sagen: Ich bin hier, ich bin erfolgreich, ich genieße es wirklich, und du kannst auch daran teilnehmen!"

"Ich helfe jetzt in Österreich vier jungen Mädchen bei F1 in Schools, es zum Finale nach Abu Dhabi zu schaffen. Für mich geht es darum, etwas zurückzugeben. Sie sind auf mich zugekommen und haben mich um Hilfe gebeten, und ich habe ihnen gesagt, dass ich ihnen helfen werde. Es gibt viele Projekte, die ich in der Zukunft machen möchte, um Frauen zu helfen, um sie an meinen Erfahrungen teilhaben zu lassen, damit sie wissen, wo ich Fehler gemacht habe, und wo sie es vielleicht anders machen sollten. Wir müssen zusammenhalten und einander helfen. Es ist aber nicht wirklich eine Lobby, eher eine Gruppe, die zusammenarbeiten möchte, damit wir uns verbessern."


Frage: "Wer sind die Mitglieder?"
Wolff: "Michelle Mouton ist natürlich die Vorsitzende, Maria de Villota ist eine Botschafterin, Katherine Legge ist dabei, sie ist in den USA."

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