• 08. September 2025 · 07:48 Uhr

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Yuki Tsunoda

Die Luft wird langsam dünn für den kleinen Japaner mit den Gummistiefeln: Warum Yuki Tsunoda nach der Europasaison 2025 um seine letzte Chance fährt

(Motorsport-Total.com) - Liebe Leserinnen und Leser,

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War 2025 das letzte Monza für Yuki Tsunoda als Formel-1-Fahrer? Zoom Download

es wird dann wohl langsam eng für Yuki Tsunoda. Bei aller Liebe für den sympathischen Japaner, aber: Dass er seit seinem Wechsel vom B- ins A-Team von Red Bull gerade mal neun Punkte geholt hat, Max Verstappen aber im gleichen Zeitraum 194, drei Grand-Prix-Siege eingeschlossen, das kann man sich nicht mit allem Campari Mailands schön saufen.

Irgendwie tut er mir leid, der kleine Yuki, der seit seinem Formel-1-Einstieg bei AlphaTauri in der Saison 2021 zu so etwas wie einer globalen Fan-Kultfigur geworden ist. Selbst Hollywood-Schauspielerin Kristen Bell postete kürzlich ein Foto von sich auf Instagram, auf dem sie ein Yuki-T-Shirt trug.

Man kann schon verstehen, wo das herkommt. Die Mischung aus der niedlichen äußeren Erscheinung, manchmal aufgrund sprachlicher Handicaps etwas unbeholfen daherkommend, und dem fluchenden Killer im Cockpit, der schimpft wie ein Rohrspatz, wenn ihm irgendwas nicht passt, ist in der Form ziemlich einmalig.

Und, nebenbei bemerkt: An seinen besseren Tagen ist Tsunoda auch ein ziemlich schneller Grand-Prix-Pilot.

Nehmen wir nur die Saison 2024 als Beispiel: Zuerst schickte Tsunoda den einstigen Verstappen-Herausforderer Daniel Ricciardo in Rente, danach gewann er auch das Duell gegen Liam Lawson mit 8:4 Punkten.

Horner hat Tsunoda bei Red Bull zunächst verhindert

Dass er nicht von Saisonbeginn 2025 an zu Red Bull Racing befördert wurde, sondern zunächst Lawson den Vorzug erhielt, hat in erster Linie damit zu tun, dass Ex-Teamchef Christian Horner nicht so viel von Tsunoda hielt wie Marko. Er erzählte, off the record freilich, freimütig jedem, der sich danach erkundigte, was er vom Japaner hält und was nicht.

Also war erstmal Lawson dran, aber als der unter dem Druck in den höheren Regionen der Formel 1 zerbrach und wieder zurück zu den Racing Bulls geholt wurde, war es an der Zeit, Tsunoda mal probieren lassen, wie er damit zurechtkommt, in höheren Lagen mit weniger Sauerstoff auszukommen.

Marko hat schon immer große Stücke auf den heute 25-Jährigen gehalten. Als ich ihn im Sommer 2020 in seinem Büro in Graz besuchte und mich, als Vertreter einer deutschen Plattform, pflichtbewusst erkundigte, wie es denn mit Chancen für Mick Schumacher aussehe, regte sich der Doktor nur auf, warum ihn denn alle nach Schumacher fragen und keiner den Weitblick habe, zu erkennen, dass Tsunoda in Wahrheit ja viel talentierter sei.

Am Ende der Saison war Schumacher Meister und Tsunoda Dritter, aber Tsunoda war direkt aus der Formel 3 und der Toyota-Racing-Series in die Formel 2 aufgestiegen, weswegen sein Abschneiden in seiner Rookiesaison besonderes Gewicht hatte.

Bei AlphaTauri wechselten sich High- und Lowlights ab, und in Erinnerung blieb Tsunoda vor allem auch für seine Wutausbrüche am Boxenfunk und für sympathische Züge wie etwa im Jahr 2023, als Imola im Hochwasser versank, aber Tsunoda nach der Absage nicht etwa in der Businessclass nach Hause flog, sondern die Gummistiefel aus dem Schrank holte und anpackte, als die Menschen von Faenza versuchten, ihre Heimatstadt zu retten.

Umzug nach Faenza, Franz Tost als Vaterfigur

Faenza wurde zu Tsunodas Wahlheimat, weil ihn Franz Tost dorthin bestellt hatte. Tsunoda war als junger Nachwuchsfahrer talentiert, aber sein Englisch war fürchterlich und seine Ernährung ausbaufähig. In Pressekonferenzen und Interviews sprudelte es jedes Mal wie ein Wasserfall aus ihm heraus, wenn er über Pasta und Pizza in Italien reden sollte. Beim Fitnesstraining, unkten manche, war er weniger engagiert.

Also holte ihn Tost nach Faenza, wie einen Ziehsohn, ging mit ihm frühmorgens zum Joggen, und die Frau eines englischsprachigen AlphaTauri-Managers unterrichtete ihn in Englisch. Tsunoda freundete sich mit seinem damaligen Teamkollegen Pierre Gasly an, und der sorgte auch dafür, dass der Japaner mit dem gebrochenen Englisch mitten in Italien etwas geselliger wurde und sich nicht nur in seiner Wohnung einsperrte, um dort Pizza zu essen und irgendwelche Games zu zocken.

Tsunoda hat es weit gebracht seit seinen Anfängen in der Formel 1. Und dennoch wird er von vielen unbewusst immer noch nicht so ernst genommen, wie er sich das eigentlich verdienen würde. Außer von einem: seinem neuen Teamchef Laurent Mekies.

Warum Mekies gut für Tsunoda ist

Als der zu Red Bull Racing kam, muss für Tsunoda innerlich die Sonne aufgegangen sein. Horner hatte sich recht wenig um Tsunodas Wohlbefinden geschert und die neuesten Teile lieber als Ersatz für Verstappen geschont als sie ans zweite Auto zu schrauben. Als Mekies ankam, war damit Schluss. Tsunoda endlich jenen verbesserten Unterboden zu geben, der ohnehin schon in Milton Keynes rumlag, war eine seiner ersten Amtshandlungen.

Es sind die kleinen Dinge, die den Unterschied machen. Jedes Mal, wenn Tsunoda nach einem gelungenen Run an die Box zurückkommt, schickt ihm Mekies vom Kommandostand aus ein freundliches Lächeln zu. Und wenn die unausweichliche Frage kommt, ob Red Bull Racing noch 2025 Isack Hadjar befördern könnte, blockt Mekies ab und meint, man habe doch keinerlei Grund, sich mit der Fahrerfrage vor 2026 auseinanderzusetzen.

Nur: Dass es im Umgang mit dem zweiten Fahrer bei Red Bull jetzt plötzlich menschelt, bedeutet auch, dass Tsunoda keine Ausreden mehr hat, sollten seine Ergebnisse nicht bald besser werden.

Alexander Albon hat den Red Bull einmal beschrieben als ein Auto, das so spitz zu kontrollieren ist wie eine PC-Maus, die man auf maximale Zeigersensitivität gestellt hat. Der VCARB ist wahrscheinlich nicht das schnellere, aber ziemlich sicher das einfachere Auto. Und Tsunoda hat es noch nicht auf die Reihe bekommen, den Mauszeiger dorthin zu bewegen, wo er den Doppelklick setzen möchte, metaphorisch gesprochen.

Das muss er jetzt ziemlich schnell auf die Reihe kriegen. Denn sollte es nicht dafür reichen, bei Red Bull Racing zu bleiben, könnte das Ende seiner Formel-1-Karriere schneller vor der Tür stehen, als ihm das lieb ist.

Warum Honda keinen Platz für Tsunoda hat

Tsunoda kam als Kind von Honda zu Red Bull in die Formel 1. Aber der japanische Motorenhersteller beliefert 2026 nur noch Aston Martin als Werksteam, und dort sind die beiden Cockpits mit Fernando und Lance Stroll, dem Sohn des Eigentümers, besetzt.

Der Weg zurück nach Faenza, zu den Racing Bulls, könnte auch verstellt sein. 2026 wäre Tsunodas sechste Saison. Das passt eigentlich nicht ins Konzept eines Juniorteams. Zumal Red Bull von ihm vermutlich genug gesehen hat, von anderen Junioren aus Markos Kader aber noch nicht.


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Sollte Tsunoda gehen müssen, würde wahrscheinlich Isack Hadjar kommen. Vermutlich zu früh, nach nur einem Jahr, aber angesichts der bevorstehenden Regelreform scheint das Timing dafür günstig zu sein. Und Hadjar ist kein großer Denker, der sich über jede Kleinigkeit den Kopf zerbricht - sondern vielmehr ein Macher, der sich ins Auto setzt und abliefert, ohne groß darüber nachzudenken. Genau die Mentalität also, die ein Verstappen-Teamkollege haben muss.

Bei den Racing Bulls könnten zum Beispiel Josep Maria Marti oder Arvid Lindblad aufrücken und ihre Chance erhalten, oder auch nur einer von beiden, mit Lawson als erfahrenerem Referenz- und Ankerpunkt im Team.

Bei anderen Teams ist jedenfalls alles zu: McLaren, Ferrari und Mercedes sind für 2026 besetzt. Dass Toto Wolff es sich in letzter Minute doch noch anders überlegt, Kimi Antonelli vor die Tür setzt und dafür Tsunoda holt, gilt als ausgeschlossen. Bei Williams sind Albon/Sainz gesetzt, und bei Aston Martin Alonso/Stroll, wenn sich Stroll jun. nicht doch in letzter Minute noch dazu durchringen sollte, endlich Tennistrainer zu werden.

Audi ist dicht, Haas ebenso, und bei Alpine gibt's nach der Vertragsverlängerung mit Pierre Gasly nur noch einen Platz. Aber ob Flavio Briatore ausgerechnet nach Tsunoda sucht? Unwahrscheinlich.

Es könnte eng werden für den kleinen Yuki. Schade eigentlich. Sowohl in rennfahrerischer als auch in menschlicher Hinsicht ist Tsunoda nämlich eine echte Bereicherung für die Formel 1.

Euer
Christian Nimmervoll

Hinweis: Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Kolumne meine subjektive Wahrnehmung abbildet. Wer anderer Meinung ist, kann das gern mit mir ausdiskutieren, und zwar auf meiner Facebook-Seite "Formel 1 inside mit Christian Nimmervoll". Dort gibt's nicht in erster Linie "breaking News" aus dem Grand-Prix-Zirkus, sondern vor allem streng subjektive und manchmal durchaus bissige Einordnungen der wichtigsten Entwicklungen hinter den Kulissen der Formel 1.

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