Auf Williams' schlechtester Strecke: Carlos Sainz holt überraschendes Podium
Noch nie konnte Williams in Katar in einem Grand Prix Punkte holen, doch Carlos Sainz schaffte es als Dritter auf das Podest: Er schildert, wie er das geschafft hat
(Motorsport-Total.com) - Während alle Augen nach dem Rennen in Katar auf das Strategiechaos von McLaren und die Vorwürfe von Red Bull in Richtung Kimi Antonelli gerichtet waren, gingen die positiven Geschichten so ein wenig unter: So wie der dritte Platz von Carlos Sainz.
Für den Spanier könnte die Saison wohl noch ein wenig länger dauern, denn nach einigen Anfangsschwierigkeiten kam Sainz nach der Sommerpause immer besser in Tritt. Während Teamkollege Alexander Albon sieben Rennen in Folge ohne Punkte blieb, fuhr Sainz im gleichen Zeitraum zweimal auf das Podest - dreimal, wenn man den Sprint von Austin mitzählt.
Das Podium auf dem Losail International Circuit ist für ihn aber wohl die größte Überraschung, denn eigentlich hatte sich Williams in Katar nicht viel ausgerechnet. Denn seit die Strecke im Kalender ist, gab es für den Rennstall nur ein einziges Mal Punkte: mit Platz sieben im Sprint 2023.
Eine Grand-Prix-Distanz hatte man hingegen noch nie unter den Top 10 beendet. "Ich bin so glücklich, so stolz auf das ganze Team für das, was wir heute geschafft haben, denn wir sind in dieses Wochenende gegangen und dachten, es würde das schwierigste des Jahres", sagt Sainz. "Und plötzlich kommen wir mit einem Podium raus."
Umstände bringen Sainz nach vorne
Natürlich ist dem Spanier bewusst, dass er das Ergebnis auch den günstigen Umständen zu verdanken hat. Am Start profitierte der Williams-Pilot von der sauberen Seite und fuhr von Rang sieben auf Rang fünf vor. Eine weitere Position gewann er beim Safety-Car, weil Andrea Kimi Antonelli vor ihm beim Boxenstopp warten musste, um keine unsichere Freigabe zu haben.
Und natürlich spielte ihm auch das Strategiechaos von McLaren in die Karten, die taktisch ins Klo griffen, weswegen Lando Norris hinter ihm wieder auf die Strecke kam und sich an Antonelli zu lange die Zähne ausbiss, um Sainz noch angreifen zu können.
"Wir haben die Rennpace hinbekommen, ich war superschnell, viel schneller als erwartet, wir haben die Strategie perfekt getroffen, das Reifenmanagement, den Start, die Verteidigung - alles hat gesessen", lobt Sainz. "Das hat uns ein unerwartetes Podium gebracht und ich könnte nicht stolzer sein."
Vowles nach Podium begeistert
Teamchef James Vowles hat dafür vor allem ein Wort: "Überragend."
"Das war eine fantastische Leistung von Carlos und dem Team, als es darauf ankam - jedes Detail zählt", sagt er. "Ein Podium um Millisekunden zu holen, ist eine gerechte Belohnung für die enorme Arbeit, die das ganze Team dieses Jahr reinsteckt."
"Ich war bei unserem ersten Podium in Baku schon stolz auf Carlos und das Team; das zweite ist ein wahr gewordener Traum. Aber vielleicht noch wichtiger: an einer Strecke, die letztes Jahr fast unsere schlechteste war. Wir sind zurückgekommen, haben uns neu erfunden - und das Ergebnis sieht jeder", so Vowles.
Sainz lobt gute Reaktion auf Ungarn
Das ist auch Teil der Wahrheit: Williams hat sich nicht nur auf Rang drei "geluckt", um es in der heutigen Redeweise auszudrücken; Williams hat sich aus eigener Kraft in die Position gebracht, um von den Umständen zu profitieren.
Doch woher kommt der plötzliche Aufschwung? "Ich denke, es liegt teilweise - oder hauptsächlich - an der harten Arbeit, die alle geleistet haben, um dieses Rennen vorzubereiten nach dem schwierigen Budapest-Wochenende, mit diesen langen, mittelschnellen, verbundenen Kurven, bei denen wir immer sehr schwach sind", sagt Sainz.
"Wir haben im Simulator und in der Fabrik einen Plan aufgestellt, um andere Dinge auszuprobieren und das Auto für solche Strecken in den Arbeitsbereich zu bekommen. Und ehrlich gesagt: direkt im Training war das Auto viel besser als erwartet, viel konkurrenzfähiger."
Sainz fuhr im Sprint-Qualifying auf Rang acht und holte die gleiche Position auch im Sprint selbst. "Dann haben wir für das Hauptrennen und das Qualifying nach den Erkenntnissen aus dem Sprint noch ein paar Änderungen gemacht, die das Auto - besonders im Renntrimm - richtig zum Leben gebracht haben", lobt er.
Der Weg zum richtigen Set-up ist steinig
Am Samstag habe Williams noch große Probleme mit dem Reifenverschleiß an der Vorderachse gehabt, aber "heute fühlte sich das Auto viel besser an. Im Sprint ist Antonelli uns zehn Sekunden weggefahren - heute konnten wir ihn hinter uns halten, mit ihm kämpfen, und natürlich auch Lando hinter uns lassen, zusammen mit der McLaren-Strategiegeschichte."
Dass Set-up richtig hinzubekommen, sei laut ihm übrigens ein Ergebnis von viel Trial & Error. "Du musst viele Wochenenden danebenliegen, um zu wissen: Das funktioniert nicht, dann probieren wir die andere Richtung."
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"Und manchmal passt die andere Richtung auch nicht. Dann musst du etwas komplett Neues probieren - und machst wieder einen Fehler. Ich sage immer dasselbe: Es braucht Zeit. Wenn du das Team wechselst, dauert es wirklich - und es braucht Rennen", so Sainz.
"Es gibt keine Tests, also musst du Dinge an Rennwochenenden probieren. Du brauchst deine ersten zehn bis fünfzehn Rennen, um diese Dinge zu verstehen - deine Simulator-Sessions, um Dinge auszuprobieren. Und du brauchst ein mutiges Team, das Ideen einbringt. Am Ende zahlt sich das immer aus."
"Es gibt keine Geheimnisse in diesem Sport. Harte Arbeit, gutes Verständnis und saubere Schlüsse zahlen sich aus. Und ehrlich gesagt: In der zweiten Saisonhälfte fahren wir auf einem sehr hohen Niveau."
Baku als Startschuss für den Aufschwung
Los ging es mit Platz drei in Baku, seinem ersten Podestplatz für Williams, der für ihn eine "Erleichterung" war, nachdem der Saisonstart so zäh verlaufen war. "Ich war am Anfang der Saison zwar schnell, aber ständig ist etwas passiert. Keine Ergebnisse. So eine Saison hat jeder F1-Fahrer irgendwann - Gründe egal, Pech, Vorfälle, was auch immer. Es klappt einfach nicht."
Baku war die Initialzündung, und sobald Sainz eine Chance auf ein Podest sah, habe er sie genutzt - wie in Katar.
"Ich bin extrem stolz auf das Team, denn wir hatten am Anfang des Jahres Probleme mit Rennabläufen, Teamentscheidungen, Qualifying. Und an diesem Wochenende hat jeder einen perfekten Job gemacht", lobt er. "Auch die Boxenstopps waren perfekt. Jeder war perfekt - genau das, was wir gebraucht haben."
Positiver Nebeneffekt: Mit diesem Ergebnis hat Williams seinen fünften Platz in der Konstrukteurs-WM zementiert. Die Racing Bulls liegen dadurch nun zu weit zurück, um rechnerisch in Abu Dhabi noch vorbeiziehen zu können.


