Alpine-Fiasko in Q1: Flavio Briatore tobt nur innerlich, aber ...
Doppel-Aus für Alpine: Pierre Gasly und Franco Colapinto fliegen an derselben Stelle ab - und sorgen für eine kuriose Szene im Qualifying von Baku
(Motorsport-Total.com) - Flavio Briatore konnte kaum fassen, was er sah: Seine beiden Alpine-Fahrer Franco Colapinto und Pierre Gasly flogen im Qualifying zum Grand Prix von Aserbaidschan 2025 in Baku (alle Einheiten hier im Formel-1-Liveticker verfolgen!) fast zeitgleich ab - und an der gleichen Stelle. Besonders bitter aus Alpine-Sicht: Der Abflug von Gasly war wohl der Auslöser für den Abflug von Colapinto. Beide schieden in Q1 aus.
Anschließend äußerte sich Alpine-Teamboss Briatore erstaunlich gelassen und sprach lediglich von "keinem guten Tag" für seine Mannschaft. Weil sich der Baku City Circuit als "schwierig" für Alpine erwiesen habe, hätten seine Fahrer "gewisse Risiken" eingehen müssen. "Am Ende wurden sie von den schwierigen Bedingungen überrascht - so wie auch andere Fahrer", sagt Briatore.
Tatsächlich waren die beiden Alpine-Fahrer nicht die Einzigen, die sich im Qualifying abseits der Ideallinie wiederfanden: Insgesamt sechsmal musste das Zeitfahren der Formel 1 in Baku nach Zwischenfällen mit der roten Flagge unterbrochen werden - und selbst WM-Spitzenreiter Oscar Piastri befand sich unter den Unfallverursachern.
Gasly im Notausgang, Colapinto in der Bande
Besonders kurios aber war die Szene, die auf einen Abflug von Gasly in Kurve 4 folgte. Denn Gasly hatte sich dort in den "Notausgang" gerettet und war bereit zum Weiterfahren. Dann jedoch kam Colapinto von hinten herangefahren und verlor just in Kurve 4 ebenfalls die Kontrolle über sein Fahrzeug - und schlug am Kurvenausgang hart in die Banden ein.
Was vermutlich beide Alpine-Fahrer "reingelegt" hat: der starke Rückenwind vor Kurve 4 mit einzelnen Windstößen bis 75 km/h. Die TV-Bilder jedenfalls zeigen, wie sehr Gasly ausgangs Kurve 3 mit seinem Alpine A525 zu kämpfen hat, bevor es für ihn kurz darauf geradeaus ging.
"Eigentlich war ich gar nicht mit so viel Risiko unterwegs, aber dann ist mir ein Fehler unterlaufen", sagt Gasly. Er wähnte sich unter Druck: "Ich musste die Runde zu Ende bringen, doch das gelang mir nicht, weil ich nur ein klein wenig zu spät bremste. Ich versuchte noch einzulenken, verlor aber sofort das Heck und musste in den Notausgang."
Der Rückenwind sei besonders in dieser Passage "sehr schwierig" gewesen, meint Gasly. Er sei sich aber "nicht sicher", ob auch Colapinto einen starken Windstoß abgekriegt habe.
Wie Colapinto die Szene erlebt hat
Colapinto wiederum gibt an, er sei von der Situation in Kurve 4 mit dem stehenden Auto von Gasly überrascht worden: "Es gab keine gelben Flaggen", sagt Colapinto. Und: "Es ist immer eine Ablenkung, wenn jemand in den Notausgang fährt und man nicht weiß, ob er zurücksetzt oder ob etwas passiert. Aber das ändert nichts daran, dass ich das Heck komplett verloren habe."
Das Auto sei plötzlich "sehr aggressiv" ausgebrochen, erklärt Colapinto. "Den Grund dafür kenne ich noch nicht. Ich muss mir die Daten anschauen und verstehen, warum. Wahrscheinlich war dort viel Wind - und unser Auto macht im Wind manchmal unvorhersehbare Dinge. Deshalb vermute ich starken Rückenwind. Wenn die dich trifft, hebt sie das Auto an" - und Ende.
Was die Abstimmung zu den Abflügen beitrug
Erschwerend hinzu kam aus Alpine-Sicht die extreme Abstimmung der beiden Autos: Die A525 von Colapinto und Gasly sind in Baku konsequent auf Topspeed abgestimmt und verfügen nur über kleine Flügel. Das bedeutet wenig Abtrieb in den Kurven - und ein entsprechend nervöses Heck.
Das hat Alpine jedoch bewusst in Kauf genommen: "Wir wissen, dass das für uns der beste Kompromiss ist", sagt Gasly. "Ich habe es nur einfach nicht geschafft, mit dem Auto in ein gutes Fenster zu kommen. Die Bodenwellen, die Bedingungen, die Reifen - es hat einfach nicht richtig gepasst." Der Stadtkurs in Baku sei "schwierig" für Alpine.
Warum Baku keine Alpine-Strecke ist
Laut Colapinto hatte sich das Team bis zum Qualifying gesteigert. "Ein paar Dinge" seien im Wochenendverlauf "besser geworden", betont er. "Wir waren generell schneller und konstanter, haben außerdem einen besseren Kompromiss für die langsamen Kurven gefunden." Doch genutzt hat es wenig: Es blieb bei den Plätzen 16 und 18 in der Startaufstellung zum Grand Prix.
"Es tut mir einfach leid fürs Team, denn in so einer chaotischen Session ist es wichtig, eine Runde zu haben", sagt Gasly. "Gleichzeitig weiß ich, dass wir nicht nur irgendeine Runde brauchen, sondern eine sehr gute, wenn wir in Q2 wollen. Ich bin einfach enttäuscht, dass es diesmal nicht geklappt hat."
Für Colapinto ist das keine Überraschung: "Langsame Kurven und lange Geraden liegen uns nicht. Wir müssen daher konzentriert bleiben. Und wenn die guten Strecken kommen, werden wir hoffentlich Fortschritte machen und um Punkte kämpfen."
Colapinto unter Druck: Immer noch keine Punkte
Das wäre vor allem für Colapinto wichtig: Der Nachfolger von Jack Doohan bei Alpine hat bisher nicht gepunktet - als einziger Fahrer neben Doohan, der nur die ersten fünf Rennwochenenden des Jahres bestritten hat. Auch deshalb steht Colapinto bei Alpine besonders unter Druck.
Er selbst sieht den Qualifying-Crash aber nicht so eng: "Ich habe lieber einen kleinen Crash, wenn ich schnell bin, als einfach nur langsam zu sein und nie Schaden zu haben. Aber natürlich ist es nie schön, wenn es so zu Ende geht. Doch sowas kann passieren auf einem Stadtkurs und wenn man im Hintertreffen ist und wenn es sehr knapp zugeht."
Das scheint so auch Briatore zu akzeptieren. Er sagt: "Es ist nicht das Ergebnis, das wir wollten, und es gibt vor dem Rennen einiges zu reparieren. Das Rennen selbst wird hart, und wir müssen darauf gefasst sein, von möglichen Umständen zu profitieren." Solange Alpine nicht wieder selbst die "Umstände" auslöst ...