Sperre droht: Bearman hadert mit Strafe und will defensiver fahren
Oliver Bearman fehlen nur noch zwei Strafpunkte bis zur Sperre - Nach der Strafe von Monza übt er Kritik, doch Teamchef Komatsu sieht auch Eigenverschulden
(Motorsport-Total.com) - Oliver Bearman musste die Strafe von Monza "schwer schlucken". Der Brite hatte beim Italien-Grand-Prix eine Zeitstrafe und zwei Strafpunkte kassiert, weil er in der Variante della Roggia Carlos Sainz beim Versuch, außen vorbeizugehen, nicht genügend Platz ließ. Mit nun zehn Zählern auf dem Strafpunkte-Konto fehlen ihm nur noch zwei Punkte bis zur automatischen Rennsperre.
"Wenn ich jetzt also außen bin, kann ich es einfach durchziehen, oder?", sagt Bearman in Baku patzig. Aus seiner Sicht habe er in Monza die Kurve kontrolliert angefahren: "Zu keinem Zeitpunkt war ich außer Kontrolle. Ich bin ganz normal ins Duell gegangen und habe dann einfach keinen Platz bekommen."
Widersprüchliche Fälle, klare Richtlinien
Dass die Diskussion so aufgeheizt ist, liegt auch an der parallelen Entscheidung um Carlos Sainz: Williams bekam eine Neubewertung der Strafe gegen den Spanier im Duell mit Liam Lawson in Zandvoort zugesprochen.
Die FIA strich die Strafpunkte gegen Sainz, weil Lawson kurzzeitig Übersteuern hatte - nicht, weil die Richtlinien anders interpretiert worden wären. Im Gegenteil: Die Stewards hielten fest, dass Sainz kein Anrecht auf "Racing Room" hatte und selbst das Risiko eingegangen sei. In Monza hingegen sahen die Kommissare die Schuld bei Bearman.
"Es ist meine Schuld, dass ich die Strafe bekommen habe, unabhängig davon, ob wir mit den Regeln einverstanden sind oder nicht", sagt Bearman in Baku. "Aber es ist schwer zu akzeptieren, aus Fahrer- und Fansicht. So sind wir alle nicht mit dem Rennsport groß geworden, wirklich. Deshalb fühle ich mich schon ein bisschen ungerecht behandelt, ja."
Bearman verweist auf die Realität im Cockpit: "Wenn du in die Kurve fährst, denkst du nicht über ein dreiseitiges Dokument nach, das dir im Januar geschickt wurde. Du fährst so, wie du es gelernt hast, wie du es dein Leben lang gemacht hast. Und in meiner Situation habe ich einfach etwas mehr Platz erwartet."
Strafpunkte: Vier Rennen zittern
Da die Punkte über einen Zeitraum von zwölf Monaten gesammelt werden, muss Bearman nun vier Grands Prix ohne Zwischenfall überstehen, bis die beiden Zähler aus Sao Paulo 2024 verfallen. Erst danach wird der Puffer wieder etwas größer - weitere Punkte aus Monaco und Silverstone lasten aber noch lange auf seinem Konto.
"Es ist schade", sagt Bearman. "Ich werde mein Verhalten anpassen müssen. Ich hoffe zwar, innen Platz zu bekommen, aber offensichtlich gibt es die Möglichkeit, dass das nicht passiert. Dieses Risiko kann ich nicht mehr eingehen."
Komatsu: "Keine Ausrede für rote Flaggen"
Teamchef Ayao Komatsu nimmt seinen Rookie dabei teilweise in Schutz, sieht aber auch Versäumnisse:
"Wenn man die Fahrrichtlinien liest, ist es ziemlich klar. Ich denke, das war Sainz' Kurve", sagt er. "Ob man mit den Richtlinien einverstanden ist oder nicht, ist eine andere Sache. Aber sie sind die Basis, nach der wir uns richten müssen."
Auf Bearmans Strafpunktekonto blickt Komatsu nüchtern: "Er steht nicht nur wegen Monza so da. Für Silverstone gibt es keine Entschuldigung, wenn man unter roter Flagge in der Boxeneinfahrt crasht - das waren, glaube ich, vier Punkte."
"In Monaco war auch Rot, das waren zwei weitere. Und dann kam noch Brasilien letztes Jahr dazu. Wenn wir diese beiden roten Flaggen nicht hätten, würden wir jetzt nur über vier Punkte reden. Aber solche Fehler dürfen einfach nicht passieren."