• 07. September 2025 · 19:44 Uhr

"Wir sind keine Idioten": McLaren-Tausch in Monza sorgt für Aufregung

Der Platztausch der beiden McLaren-Piloten in Monza wirft Fragen auf - Warum laut Teamchef Andrea Stella viele aber ein entscheidendes Detail übersehen

(Motorsport-Total.com) - Während das Feld kurz vor dem Ende eigentlich bereits sortiert ist, bekommt der Italien-Grand-Prix 2025 in Monza doch noch einen großen Aufreger. Weil McLaren einen Boxenstopp von Lando Norris in Runde 46 von 53 in den Sand setzt, verliert der Brite eine Position an seinen Teamkollege Oscar Piastri.

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Oscar Piastri ließ Lando Norris kurz vor Rennende ohne Gegenwehr überholen Zoom Download

Eine eigentlich unnötige Situation, in die sich McLaren selbst brachte, weil man den ersten (und einzigen) Boxenstopp bei beiden Piloten bis zum Ende des Rennens hinauszögerte, um eventuell noch von einem Safety-Car oder einer roten Flagge profitieren und Druck auf Spitzenreiter Max Verstappen ausüben zu können.

Doch als Piastri mit zunehmender Renndauer Gefahr läuft, nach seinem Boxenstopp eine Position an Charles Leclerc zu verlieren, entscheidet sich McLaren dazu, seine beiden Piloten an die Box zu holen. Normalerweise hat das führende Auto in so einer Situation Priorität - also Norris.

In diesem Fall entscheidet sich McLaren allerdings dazu, Piastri wegen der drohenden Gefahr durch Leclerc eine Runde vor Norris an die Box zu holen. Ein Plan, der dem Briten von Anfang an nicht gefällt. "Wir wollen das andere Auto zuerst reinholen?", wundert er sich, was sein Renningenieur Will Joseph bestätigt.

"Aber nur wenn er keinen Undercut macht, sonst boxe ich zuerst", fordert Norris, dessen Sorge nicht ganz unberechtigt ist. Denn am Ende von Runde 45, als Piastri an die Box kommt, liegt dieser lediglich 3,2 Sekunden hinter Norris. "Es wird keinen Undercut geben", versichert Joseph ihm jedoch.

Doch als Norris eine Runde nach seinem Teamkollegen an die Box kommt, passiert genau das. Während der Australier einen sauberen Stopp hat, steht Norris nach einem Problem am linken Vorderrad mehr als fünf Sekunden in der Box. Dadurch kommt er, wie er bereits zuvor befürchtet hatte, hinter Piastri wieder auf die Strecke zurück.

McLaren erinnert an Ungarn vor einem Jahr

Am Funk beschwert sich Norris in der Folge nicht, doch das muss er auch nicht. Kurze Zeit später meldet sich Renningenieur Tom Stallard bei Piastri und funkt: "Oscar, das ist etwas wie Ungarn letztes Jahr. Wir haben aus Teamgründen in dieser Reihenfolge gestoppt."

Seine Aufforderung: "Bitte lass Lando vorbei, dann dürft ihr frei fahren." Stallard spielt auf den Ungarn-Grand-Prix 2024 an, bei dem Piastri seinen ersten Grand-Prix-Sieg holte. Zwischenzeitlich verlor er die Führung dabei aber an Norris, weil dieser einen früheren Stopp einlegte.


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Damals ließ Norris Piastri (nach längerer Diskussion) wieder vorbei. Der Australier wundert sich am Sonntag dennoch etwas über die Anweisung und antwortet: "Wir haben doch gesagt, dass ein langsamer Boxenstopp zum Racing gehört. Ich verstehe nicht wirklich, was sich jetzt verändert hat".

"Aber wenn ihr es wirklich machen wollt, dann mache ich es", verspricht der Australier. So kommt es dann auch und Piastri gibt den zweiten Platz kurz danach an Norris zurück. "Ich weiß, dass es wehtut, aber du hast jetzt noch fünf Runden", funkt Stallard und ergänzt: "Danke, Oscar. Ihr dürft jetzt frei fahren."

Doch in der Folge kann Piastri seinen Teamkollegen in den Schlussrunden nicht mehr attackieren. Nach dem Rennen funkt Stallard noch einmal: "Ich weiß, dass das in gewisser Weise ziemlich schmerzhaft war. Aber ich denke, du hast das Richtige getan."

Welcher Faktor wichtiger als der Boxenstopp selbst war

So sieht es nach dem Rennen auch Teamchef Andrea Stella. Denn während manche Fans der Meinung sind, dass der Platztausch nicht gerechtfertigt war, erinnert Stella daran, dass es nicht nur um den verpatzten Stopp als solchen gehe. Denn eigentlich hätte Norris beim Service Priorität gehabt.

Die Situation hänge "nicht nur mit dem Boxenstopp selbst zusammen, und das ist ein wichtiger Punkt, den ich klarstellen möchte, sondern auch mit der Tatsache, dass wir den Boxenstopp der beiden Autos nacheinander durchführen wollten, indem wir zuerst Oscar und dann Lando an die Box holten."

"Hätten wir zuerst Lando reingeholt, hätte er [...] meiner Meinung nach einen Großteil der beim Boxenstopp verlorenen Zeit wieder gutmachen können, wenn man die Berechnungen mit einem so starken Undercut durchführt, wie man ihn mit neuen weichen Reifen hat", betont Stella.


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Heißt: Hätte man Norris zuerst an die Box geholt, wie es ihm eigentlich zugestanden hätte, wäre er selbst bei einem langsamen Stopp vermutlich vor Piastri geblieben. Er fiel also nur deshalb hinter seinen Teamkollegen zurück, weil er zum Wohle des Teams auf sein Recht verzichtete, als erster Fahrer zu stoppen.

Tatsächlich zeigt ein genauerer Blick, dass McLarens Sorge, dass Piastri hinter Leclerc rutschen könnte, nicht unberechtigt war. Denn als der Australier nach seinem Service wieder auf die Strecke zurückkommt, liegt er zwar knapp fünf Sekunden vor dem Ferrari, was auf den ersten Blick zwar recht komfortabel ist.

Hätte aber nicht Norris den langsamen Stopp gehabt, sondern Piastri eine Runde später, wäre Leclerc plötzlich gegen den McLaren in Schlagdistanz gewesen. Aus Sicht des Teams war es also die richtige Entscheidung, zunächst das hintere Auto an die Box zu holen.

Unklare Regeln? Piastri-Funkspruch wirft Fragen auf

"Die klare Absicht war es, dass dies keinen Positionswechsel zur Folge haben würde", betont Stella und erklärt: "Ich denke, dass die Boxenstopp-Situation nicht nur eine Frage der Fairness ist, sondern auch eine Frage der Übereinstimmung mit unseren Grundsätzen."

"Und egal, wie die Meisterschaft verläuft, wichtig ist, dass sie im Einklang mit den Grundsätzen und Rennwerten steht, die wir bei McLaren haben und die wir gemeinsam mit unseren Fahrern geschaffen haben", so der Teamchef.

In diesem Zusammenhang betont auch Norris selbst, dass er keine Zweifel daran gehabt habe, die Position von Piastri zurückzubekommen. "Nein, denn das haben wir als Team [schon vorher] beschlossen und uns alle darauf geeinigt", verweist er auf die internen Regeln bei McLaren.

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Wie genau diese aussehen, das verrät allerdings niemand, was Raum für Spekulationen lässt. Denn zwar erklärt auch Piastri nach dem Rennen: "Es war keine Situation, die zuvor nicht schon diskutiert worden war." Und die Forderung, die Positionen zu tauschen, sei auch "fair" gewesen, so der Australier.

Diese Aussage steht allerdings etwas im Gegensatz zu seinem Funkspruch während des Rennens. Genau darauf angesprochen erklärt er lediglich: "Ich denke, der Funk sagt eigentlich schon genug. Daher bin ich mir sicher, dass wir das noch einmal besprechen werden."

Piastri betont: Werde mich nicht gegen das Team stellen

Ganz so eindeutig scheinen die internen Regeln also nicht zu sein, weshalb auch Stella erklärt, dass man diese noch einmal "überprüfen" werde. "Wir haben bereits unsere Grundsätze dazu", betont er zwar. Doch man werde diese "überprüfen und die Richtung bekräftigen, wenn dies mit unseren Fahrern übereinstimmt."

Unabhängig davon betont Piastri nach dem Rennen, kein Problem mit dem Tausch zu haben. Er erinnert: "Lando qualifizierte sich vorne, lag das ganze Rennen über vorne und verlor diesen Platz dann ohne eigenes Verschulden. Also habe ich über Funk gesagt, was ich zu sagen hatte."

Doch als das Team ihn darum bat, die Position zurückzugeben, "war mir klar, dass ich mich nicht gegen das Team stellen würde", so Piastri, während Norris klarstellt, dass es ihm selbst auch lieber wäre, gar nicht erst auf solche Aktionen von Piastri angewiesen zu sein.

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"Wir wollen nicht auf diese Weise verlieren oder gewinnen, aber wir tun das, was wir als Team für richtig halten", betont er und erklärt, dass es bei solchen Dingen auch darum gehe, das Team zu schützen. "Sie wollen nicht der Grund dafür sein, dass ein Fahrer ohne eigenes Verschulden verärgert wird", betont er.

Mit einem Schmunzeln erklärt Norris: "Wenn ich also mit Vollgas in meine Box gefahren wäre und alle meine Mechaniker aus dem Weg geräumt hätte, würde ich auch nicht erwarten, die Position zurückzubekommen. Aber heute lag es außerhalb meiner Kontrolle."

Wann es keinen Platztausch gegeben hätte

Experte Nico Rosberg sieht bei Sky trotzdem Handlungsbedarf bei McLaren. "Diese Situation wurde anscheinend dann nicht sehr genau vorgearbeitet", kritisiert er angesichts des Funkspruchs von Piastri und erklärt, dass die Situation, anders als vom Team behauptet, auch "nicht unbedingt vergleichbar" mit Ungarn 2024 sei.

Zudem wirft er die Frage auf, warum McLaren in anderen Situationen nicht ähnlich gehandelt habe. Erst beim vergangenen Rennen in Zandvoort schied Norris ohne eigenes Verschulden aus, und da habe Piastri ja auch nicht einfach angehalten, sagt Rosberg wohl bewusst provokativ.

Als es in der Pressekonferenz der Top 3 nach dem Rennen um ein ähnliches Beispiel geht erklärt Norris: "Wir sind keine Idioten und wir haben Pläne für verschiedene Dinge. Wenn vier Autos zwischen mir und Oscar stehen, lässt er mich natürlich nicht wieder vorbei."

"Wenn mehr Autos dazwischen gewesen wären, hätten wir nicht zurückgetauscht", betont auch Piastri, denn man werde natürlich keine Punkte an andere Teams verschenken. In diesem Fall sei der Tausch nur möglich gewesen, weil die beiden Autos direkt hintereinander lagen.

Verstappen sorgt für Lacher in der PK

Durch den Platztausch verlässt Piastri Monza mit einem Vorsprung von 31 Punkten auf Norris. Ohne Tausch wären es 37 Zähler gewesen. Würde es Piastri bereuen, wenn er die WM am Ende genau wegen dieser sechs Punkte nicht gewinnt? "Ich würde es nicht bereuen", stellt er klar.

Für den witzigsten Moment in der Pressekonferenz der Top 3 sorgte übrigens Rennsieger Verstappen, der mit dem ganzen Thema nichts zu tun hatte und daher für einen Sieger ungewöhnlich wenige Fragen gestellt bekam. Fast ausschließlich ging es um den Tausch der McLaren-Piloten.

Irgendwann legte sich der Weltmeister demonstrativ gelangweilt auf die Couch, weil die PK immer mehr zu einer "Two-Men-Show" von Piastri und Norris wurde. Zumindest durfte sich der Weltmeister zwischendurch aber auch selbst einmal zu der Situation äußern.

Auf die Frage, was er in so einem Fall gemacht hätte, antwortet er mit einem Grinsen: "Ich weiß, dass ihr eine lustige Antwort darauf haben wollt, aber das ist nicht mein Problem." Mit einem Lachen fügt er hinzu: "Es ist besser, nicht darüber zu sprechen." Das hat er lieber den beiden Protagonisten überlassen.

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