• 03. August 2025 · 19:17 Uhr

Funk-Schachzug! So narrte Norris seine Gegner

Mit einem verblüffenden Funktrick brachte sich Lando Norris am Hungaroring auf die Siegerstraße - Es war eine der cleversten Taktikaktionen der Saison

(Motorsport-Total.com) - "Wir glauben Plan A minus 5, Plan A minus 5." "Ja, bestätigt. Meine Reifen sind erledigt." - Diese Worte entschieden den Grand Prix von Ungarn 2025 zugunsten von Lando Norris. Die Formel 1 wird gerne manchmal als Highspeed-Schach bei 300 km/h bezeichnet. Und diesmal brillierte die Norris-Seite bei McLaren mit einer List, die letztlich mehr erzielte als eigentlich geplant war und in die Geschichtsbücher eingehen könnte.

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Lando Norris schlug Oscar Piastri mit einem Geniestreich bei der Strategie Zoom Download

Um die Taktikfinte zu verstehen, müssen wir auf den Großen Preis von Belgien zurückblicken: Lando Norris hatte in Runde 1 die Führung an Oscar Piastri verloren und die Strecke trocknete ab. Als Norris sich mit seinem Team darauf geeinigt hatte, am Ende der Runde Slicks zu holen, sprang sofort die Piastri-Seite ein und holte den Australier an die Box zum Reifenwechsel. Er hatte Priorität, weil er vorne lag.

In Ungarn gab es ein ähnliches Szenario: Norris hatte eine grottige erste Runde. Obwohl er den besseren Start als Piastri hatte, war er in den ersten Kurven recht zaghaft und verlor dadurch gleich zwei Plätze - einen an George Russell im Mercedes und einen an den Aston Martin von Fernando Alonso. Letzteren konnte er schnell mit DRS-Hilfe wieder überholen, hing aber fortan hinter Russell fest. Piastri hatte also erneut Boxen-Priorität.

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Lando Norris Fanartikel

Nun folgte ein genialer Schachzug seitens der Norris-Seite: Eingangs der 18. Runde gab es zwischen Norris und Renningenieur William Joseph den eingangs erwähnten Funkdialog. Ein Dialog, den beide vor dem Rennen einstudiert haben müssen, obwohl wahrscheinlich ein Szenario angedacht war, dass Norris direkt hinter Piastri auf Platz drei liegen würde.

Norris bekommt erhoffte freie Fahrt

Der Funkspruch kam genau zum richtigen Zeitpunkt, denn zeitgleich stoppte zufällig Max Verstappen als erster Fahrer aus den Top 10. Das dürfte dem Funkspruch weitere Glaubwürdigkeit verliehen haben.

Am Ende der 18. Runde holte Tom Stallard, der Renningenieur von Oscar Piastri, den Australier wie schon in Belgien rein und verhinderte damit einen Stopp von Norris, der aber ohnehin nicht geplant gewesen sein dürfte. Eine Strategie, die auf den ersten Blick durchaus Sinn ergab, denn so fuhr der Australier einen Undercut gegen den führenden Charles Leclerc.

Und an der Stelle wurde die Norris-Finte wahrscheinlich erfolgreicher als eigentlich geplant. Denn in Reaktion auf Piastri kam auch Leclerc an die Box. Und auch Mercedes entschloss sich eine weitere Runde später, sich der Strategie der beiden Führenden anzuschließen und holte George Russell rein - womöglich, um einen Undercut von Norris zu verhindern.

Als Russell reinkam, funkte Joseph an Norris: "Okay, freie Bahn. Let's go!" Eine Runde später die Erkundigung: "Lando, wie sind die Reifen?" Norris: "Ein bisschen Abbau, aber jetzt kommt Stabilität rein." Damit war endgültig klar, dass der Funk in Runde 18 ein Ablenkungsmanöver war, um Piastri an die Box zu bringen. Dass auch noch die anderen beiden Gegner reagierten, war umso glücklicher.

Einstopp-Strategie war nicht geplant

"Eigentlich hatten wir Einstopp gar nicht geplant, aber nach der ersten Runde war das eigentlich unsere einzige Option, um wieder ins Geschäft zu kommen", bestätigt Norris unmittelbar nach dem Rennen.

"Ich hätte nicht gedacht, dass wir damit den Sieg holen würden, ich dachte, dass wir damit Zweiter werden können." Allerdings vermutlich hinter Leclerc und vor Piastri. Dass Leclerc in Probleme geriet, war das letzte Puzzlestück für den neunten Karrieresieg des 25-Jährigen.

"Ich wusste, dass unser Tempo gut war, sogar in der ersten Runde hinter George. Ich kam nicht vorbei, aber das Tempo war stark. Daher war mir klar, dass ich es vielleicht schaffen könnte, wenn ich nur etwas freie Fahrt hätte."

"So etwas ist immer eine Wette", bestätigt er. "Man darf keine Fehler machen und braucht neben einer guten Strategie gute Rundenzeiten. Das hatten wir heute. Der letzte Stint, als Oscar näherkam, war komplett Vollgas. Ich bin komplett erledigt. Kompliment an Oscar, er hat da wirklich ordentlich Druck gemacht."

Tatsächlich entschied sich McLaren erst in der 27. Runde für eine Einstopp-Strategie bei Norris. Der ursprüngliche Plan war offenbar nur, Norris einen Reifen-Offset bei gleicher Strategie zu verschaffen, während sich Piastri und Leclerc im Zweikampf die Reifen verheizen würden.

Doch die Reifen bei Norris hielten länger als geplant, und so bot Joseph Norris Ende der 27. Runde an: "Wir denken an Einstopp. Dann musst du mit dem harten Reifen 40 Runden fahren." Was Norris bejahte. Erst jetzt war klar, dass Norris in Führung gehen und am Ende einen Sturmlauf überstehen müsste, womöglich von Leclerc als auch Piastri. Leclerc bekam anschließend seine Probleme, sodass es nur die McLaren-Piloten unter sich ausmachten.

Teamchef Andrea Stella bestätigt, dass zunächst niemand an eine Einstopp-Strategie geglaubt hatte: "Die Zweistoppstrategie war unsere Grundlage und sah wie die überlegene Strategie aus. Wir haben gar nicht gedacht, dass ein Stopp möglich war. Als wir Oscar reinholten, lag eine Einstopp-Strategie für Lando noch gar nicht auf dem Tisch."

"Das war eine Option, die wir erst entdeckten, als wir mit Lando länger draußen geblieben sind und sahen, dass er noch immer konkurrenzfähige Rundenzeiten fuhr. Kompliment an Lando, er ist auf relativen alten Reifen wirklich starke Zeiten gefahren."

Stella: Piastri bekam ideale Strategie

Hat McLaren also Piastri ins offene Messer geschickt? Stella will das nicht so sehen. Zu beachten bleibt hier natürlich, dass er die Wogen möglichst glatt halten will und deshalb auf die Funk-Finte gar nicht eingeht. Der erste Stopp von Piastri sei lediglich wegen Leclerc erfolgt, aber mit Norris im Hinterkopf: "Hätten wir Oscar vorher gestoppt, wäre er hinter Lando zurückgefallen."

"Gleichzeitig wollten wir nicht zu sehr von der idealen Zweistoppstrategie abweichen, damit es für Oscar gegenüber Lando fair bleibt." Da glaubte McLaren noch an Zweistopp bei Norris. "Außerdem begannen seine Reifen zu dem Zeitpunkt, ein bisschen abzubauen." Da kam die Funk-Finte der Norris-Seite genau zum richtigen Zeitpunkt.

"Es war nicht klar, wie mächtig der Undercut ausfallen würde, aber den Versuch war es wert. Gleichzeitig haben wir mit Oscar besprochen, was er bevorzugt, und natürlich wollte er die Möglichkeit haben, das Rennen zu gewinnen." Für Piastri war letztlich der Knackpunkt, dass Ferrari den Undercut erfolgreich parierte.

Dadurch rückte der zweite Stopp von Piastri weiter nach hinten, was ihn letztlich möglicherweise eine bessere Chance auf den Sieg gekostet hat. "Wir wollten ihm ein ausreichend großes Reifendelta verschaffen", bestätigt Stella. McLaren wusste da noch nicht über die Probleme bei Leclerc Bescheid.

McLaren-CEO Zak Brown bestätigt gegenüber Sky: "Wir dachten eigentlich nicht, dass eine Einstopp-Strategie funktionieren würde. Aber wir haben gesagt, wir lassen sie fahren. Die Strategien haben sich dann so entwickelt, dass sie am Ende aufeinandergestoßen sind. Oscar hatte natürlich einen Reifenvorteil, sie haben fair gegeneinander gekämpft, sich an unsere Papaya-Regeln gehalten, und ich denke, wir haben den Fans heute eine gute Show geboten."

Und auch Norris hat lange Zeit nicht mit dem Sieg gerechnet: "Als wir uns für die Einstopp-Strategie entschieden haben, hatte ich [im virtuellen Rennen, die anderen hatten ja schon gestoppt] acht oder neun Sekunden Rückstand auf Charles und sieben auf Oscar. Meine Zuversicht war nicht besonders groß, aber es war meine beste Chance, etwas zu versuchen."

"Die Hoffnung war eher ein Safety-Car oder wenigstens ein virtuelles, oder irgendetwas anderes, das mich zurück ins Rennen bringen würde. Aber nichts davon geschah. Ich bin mir nicht sicher, ob es immer noch die beste Strategie war, aber es war wohl doch eine ziemlich gute Entscheidung, weil man hier so schwer überholen kann."

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